iPhone-Wasserschaden: Was Sie tun können, wenn das iPhone nass geworden ist
Seite 4: Reparatur von iPhone-Wasserschäden: Erhebliche Preisunterschiede und Pfuschverdacht
Die Werkstätten betreiben unterschiedlich großen Aufwand. Viel hängt von Können und Equipment ab. Taylan Yildirim argumentiert: „Bei einer Wasserschadenbehandlung, wie wir sie anbieten, geht es darum, Wasser und Rückstände aus dem Gerät zu beseitigen und die Funktionalität zu prüfen.“
Der Konkurrenzdruck scheint groß zu sein: Ein weiterer Handydoktor, der ungenannt bleiben möchte, bot uns auf Telefonanfrage eine Wasserschadenbehandlung samt Ultraschallbad für nur 25 Euro an. Gegebenenfalls würden gegen Aufpreis betroffene Module getauscht, aber keine Lötarbeiten vorgenommen. Eine Funktionsgarantie gebe es nicht.
Niedrige Preise geben einen Hinweis darauf, wie aufwendig die Behandlung ist. Der Reparaturdienstleister „smartmod“ aus Frankfurt lötet wie repair-express betroffene Chips heraus, eine Wasserschadenbehandlung kostet dort je nach Gerät mindestens 70 bis 100 Euro. Der Preis beinhaltet die Reinigung und eine anschließende Diagnose, jedoch keine Erfolgsgarantie. Auch hier kann es, ja nach Aufwand und Ersatzteil, teurer werden. Geschäftsführer Jan Petermann argumentiert: „Wenn ein Unternehmen gewissenhaft bei jeder Behandlung alle oben aufgeführten Schritte durchführt, Steuern bezahlt und gutes Equipment hat, kann es eine solche Behandlung günstiger nicht anbieten.“
Korrosion bei iPhone-Komponenten das größte Problem
Wie schnell Bauteile korrodieren, zeigt uns El-Chafei bei unserem Besuch. Er nimmt ein altes, geöffnetes iPhone aus dem Regal, schließt ein Display an und tröpfelt ein paar Spritzer Wasser auf das saubere Logicboard. Nun verbindet er es mit Akku und Ladekabel und drückt den Power-Knopf. Bereits nach wenigen Minuten ist ein kleiner Teil der Flüssigkeit verdampft und es haben sich grünliche, trockene Verkrustungen um die Anschlüsse gebildet.
(Bild:Â Holger Zelder)
Wenn Wasser zwischen die Abdeckungen oder unter die Bauteile kriecht, kommt es bei geschlossenem Stromkreislauf zu Korrosionen.
Unter den Bauteilen sind oft nur weniger Mikrometer Platz. So gelangt Reinigungsflüssigkeit, etwa in einem Ultraschallbad, womöglich nicht an alle Bereiche. Daher löten einige Werkstätten auch die Schutzbleche und im Zweifel sogar einzelne Chips und Kondensatoren heraus.
Früher war laut El-Chafei unter mehrere Chips Epoxytharz gegossen. Nebeneffekt: Fiel ein iPhone ins Wasser, schützte das Harz die Unterseite der Bauteile. „Bei den neueren Geräten wird dieses Epoxytharz immer weniger genutzt, dementsprechend ist die Reparatur dann auch aufwendiger.“ Deshalb bietet seine Firma die Wasserschadenbehandlung bei einem iPhone 6 erst ab 89 Euro an. Für diesen Preis reinigt und inspiziert er die Platine. Dabei bleibe es aber selten, um ein defektes iPhone wieder in Gang zu setzen. Wie teuer es wirklich wird, hängt vom Aufwand ab: „Wenn wir sehen, dass Kalk an den Chips angrenzt, nehmen wir Kontakt mit den Kunden auf und sagen: Wir denken, dass dieser Chip entfernt und darunter gereinigt werden muss. Die Reparatur beläuft sich in so einem Fall zwischen 150 und 200 Euro.“
Verdacht auf Pfusch
Was in der Werkstatt mit dem iPhone passiert, erfahren Kunden – wenn überhaupt – nur auf Nachfrage. El-Chafei glaubt, dass einige Werkstätten die Wasserschäden gar nicht erst bearbeiten, das iPhone ungeöffnet zurückgeben und lediglich eine Kostenpauschale kassieren.
(Bild:Â Holger Zelder)
Jan Petermann bestätigt diesen Verdacht: „Das Spektrum reicht von Geräten, an denen gar nichts oder nur eine oberflächliche Reinigung gemacht wurde bis hin zu Platinen, an denen tatsächlich versucht wurde, die Bleche zu entfernen.“
Viele Reparaturfirmen setzen auf Masse und auf schnelle Reparaturen. Ein gebrochenes Display wechselt ein geübter Techniker in wenigen Minuten aus – eine Wasserschadenbehandlung dauert erheblich länger. Bei einem extrem niedrig angesetzten Preis scheint es verlockend, das iPhone gar nicht erst zu bearbeiten. Schließlich funktionierte das Gerät schon bei der Reparaturannahme nicht mehr und nur wenige iPhone-Nutzer besitzen Mittel und Mut, ihre Geräte selbst zu öffnen, um nachzusehen, ob die Werkstatt überhaupt Hand angelegt hat.
Ob wirklich bei so vielen Wasserschadenbehandlungen gepfuscht wird, lässt sich aber nicht sagen. „Die Dunkelziffer in diesem Bereich ist riesig, weil die meisten dem Urteil der Pfusch-Werkstätten vertrauen oder so enttäuscht sind, dass sie das Gerät abschreiben und das Vertrauen in unsere Branche verlieren“, vermutet Petermann.
Ein Laie wird kaum feststellen können, ob bei der Reparatur betrogen wurde. Gewissheit könnte nur eine andere Werkstatt oder ein Gutachter schaffen. Doch bei der Diagnose Totalschaden greifen viele Kunden sicherlich eher zu einem Neugerät, anstatt einen weiteren Reparaturversuch zu starten.