Die Grenzen der Privatinsolvenz

Wer seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, kann sich durch eine Privatinsolvenz von den finanziellen Belastungen befreien. Allerdings gilt das nicht für alle Fälle.

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Von
  • Marzena Sicking

Die aktuelle Insolvenzverordnung gibt überschuldeten Menschen noch eine zweite Chance: Wer sich in einer finanziell aussichtslosen Lage befindet, kann unter bestimmten Voraussetzungen Privatinsolvenz beantragen. Nach einer sogenannten Wohlverhaltensphase von sechs Jahren ist diese beendet und der Betroffene wird dank der sogenannten Restschuldbefreiung von seinen finanziellen Belastungen erlöst.

Dr. Mario Bergmann LL.M. ist Rechtsanwalt für Wirtschaftsstrafrecht und Fachanwalt für Strafrecht. Er arbeitet in der Kanzlei Brandi Rechtsanwälte in Hannover, deren Schwerpunkt in der Beratung und forensischen Betreuung mittelständischer Unternehmen in Fragen des Wirtschaftsstrafrechts und des Wirtschafts-, insbesondere des Arbeitsrechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes liegt.

Allerdings gilt das nicht für alle Verbindlichkeiten, wie Dr. Mario Bergmann, Rechtsanwalt für Wirtschaftsstrafrecht und Fachanwalt für Strafrecht, erklärt. So sind bestimmte Forderungen der Gläubiger von dieser Befreiung ausgenommen. "Dazu zählen insbesondere Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, das heißt umgangssprachlich aus Straftaten". Auch Geldstrafen und Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden, werden nicht erlassen. Zu erwarten wäre also, dass bei einer erwiesenen Steuerhinterziehung die Forderungen des Finanzamts bestehen bleiben. "Gegenteiliges ist jedoch bis zum 1. Juli 2014 noch der Fall", so Bergmann.

So habe die höchstrichterliche Rechtsprechung mehrfach entschieden, dass Verbindlichkeiten aus Steuerhinterziehungen nicht von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen werden dürfen. Begründung: Steueransprüche des Fiskus entstehen allein durch die Verwirklichung der Steuergesetze unabhängig davon, ob dies dem Fiskus wegen einer Straftat des Steuerpflichtigen unbekannt geblieben ist.

"Der Täter einer Steuerhinterziehung wird daher nach der aktuellen Rechtslage im Falle der Privatinsolvenz nach Ablauf der Wohlverhaltensphase für die Steuerschulden und Hinterziehungszinsen nicht weiter in Anspruch genommen", erklärt Rechtsanwalt Bergmann. "Diese Rechtslage und die dazu ergangene Rechtsprechung wurden vielseitig kritisiert."

Resultat ist das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, das am 15. Juli 2013 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde (BGBl. Teil I 2013 Nr. 38, S. 2379). Rechtsanwalt Bergmann erklärt: "Wesentliche Neuerung im Gesetz ist die Herausnahme von Verbindlichkeiten aus Steuerhinterziehungen aus der Restschuldbefreiung.“ Verbindlichkeiten aus vorsätzlicher Steuerhinterziehung (§ 370 AO), Schmuggel (§ 373 AO) oder Steuerhehlerei (§ 374 AO) werden in dem neuen Gesetz ausdrücklich von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen. Allerdings gilt das nur für die Fälle, in denen der Täter schon rechtskräftig verurteilt wurde.

Milde zeigt der Gesetzgeber weiterhin in Fällen von fahrlässiger Steuerverkürzung: "Diese Schudner bleiben von der nachträglichen Inanspruchnahme weiterhin verschont", so Bergmann. Außerdem ist eine Überleitungsvorschrift vorgesehen. Ursprünglich sollte das Gesetz drei Monate nach Verkündung in Kraft treten und alle anschließenden Insolvenzverfahren erfassen. Nun wurde festgelegt, dass die neue Rechtslage bzw. speziell der Verlust der Restschuldbefreiung bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung für Insolvenzanträge ab dem 1. Juli 2014 gilt. (masi)