Tratsch 2.0: Erste Hilfe bei öffentlicher Kritik

Social Media hat nicht nur die private Kontaktpflege, sondern auch die Kommunikation zwischen Kunden und Unternehmen verändert. Wie man mit öffentlicher Kritik im Web umgehen sollte, erfahren Sie hier.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Blogs, Foren, Meinungsportale, Facebook, Twitter & Co.: noch nie hatten wir so viele Möglichkeiten uns mitzuteilen und auch die Meinung anderer Menschen abzurufen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die private Kommunikation. Auch die Beziehung zwischen Unternehmen und Verbraucher ist eine andere. Ob die Erfahrungen des Kunden nun positiv oder negativ sind, der Rest der Welt erfährt es innerhalb von Sekunden. Und wie verschiedene Umfragen zeigen, suchen auch immer mehr Menschen gezielt nach solchen Berichten und vertrauen ihnen mehr als der raffiniertesten Werbung.

Wer den Social Media-Trend ignoriert, begeht unter Umständen also einen fatalen Fehler, meint auch Anne M. Schüller, Expertin für Loyalitätsmarketing. "Ob es den Unternehmen nun gefällt oder nicht, in dieser neuen Internet-Welt redet man über sie." Gute Leistungen werden gelobt, schlechte öffentlich an den Pranger gestellt – und die Suchmaschinen vergessen (leider) nichts. So ist es für Unternehmen heute eigentlich unumgänglich, dem Online-Gerede aufmerksam zu lauschen und so Schwachstellen aufzuspüren.

Anne M. Schüller ist Management-Consultant und Expertin für Loyalitätsmarketing. Über 20 Jahre lang hat sie in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen internationaler Dienstleistungs- unternehmen gearbeitet und dabei mehrere Auszeichnungen erhalten. Die Diplom-Betriebswirtin und neunfache Buch- und Bestsellerautorin zählt zu den gefragtesten Keynote-Rednern im deutschsprachigen Raum. Sie arbeitet auch als Business-Trainerin und lehrt an mehreren Hochschulen.

Zu den wichtigsten Tipps, die Anne M. Schüller ihren Klienten zum Thema Social Web gibt, gehört deshalb die Aufforderung, auf Kommentare zu reagieren – und zwar zügig. So sollte man sich bei denen, die Produkte oder Services des Unternehmens loben, bedanken. Und sich schnellstens bei denen melden, die eine Beschwerde hatten, um diesen Ärger aus der Welt zu schaffen, denn eine schlechte Reputation verbreite sich im Netz wie ein Lauffeuer. Ihr Tipp: "Können Sie die Person nicht ausfindig machen, die sich kritisch geäußert hat, dann schreiben Sie da, wo dies möglich ist, wenigstens einen passenden Kommentar zu dem Beitrag. Ganz wichtig bei negativem Gerede: nichts vernebeln, nichts vertuschen, die Wahrheit zählt!" Denn wer Fehler runterspielt, riskiert, dass die Web-Gemeinde sich gezielt auf diesen Schwachpunkt stürzt und erst recht eine "große Nummer" daraus macht. Der Versuch, einen Fehler zu vertuschen, kann einen viel größeren Imageschaden nach sich ziehen, als der ursprüngliche Kritikpunkt. Und: wer Fehler einräumt und Besserung gelobt, dem verzeiht die Web-Gemeinschaft in der Regel gern.

Auch sollte man sich bei der Verteidigung der eigenen Leistung niemals von Emotionen leiten lassen, auch wenn einen die Kritik maßlos ärgert. Dazu Anne M. Schüller: "Gehen Sie sachlich und höflich auf die wie auch immer geartete Kritik ein. Wichtig außerdem: keine Eskalation, keine Drohungen und besser kein Rechtsanwalt!" Letzterer ist nur dann angebracht, wenn Ihrem Unternehmen gezielt mit falschen Angaben geschadet werden soll. Dann haben Sie die Möglichkeit, eine Löschung der falschen Behauptungen durchzusetzen. Besser ist es, sie durch Fakten selbst zu entkräften.

"Mit etwas Glück werden wackere Fans Sie beschützen. Aber: Stellen Sie niemals Lobeshymnen über sich selber ein. Und kaufen Sie keine Kundenstimmen. Wenn das auffliegt, dann haben Sie neben dem Schaden auch noch den Spott", warnt Anne M. Schüller. Man braucht nur einen Blick in die aktuelle Berichterstattung zu werfen: In einer global vernetzten Welt kommt – früher oder später – eben doch alles raus. (Marzena Sicking) / (map)

Buchtipp: Anne M. Schüller, "Zukunftstrend Empfehlungsmarketing. Der beste Umsatzbeschleuniger aller Zeiten". BusinessVillage, 4. Aufl. 2010, 135 Seiten, ISBN 978-3-938358-63-4, 21,80 Euro
(masi)