Erste Ausfahrt: Honda Jazz E:HEV

Die fünfte Generation des Jazz wird nur noch mit Hybridantrieb verkauft. Wie fährt sich der Kleinwagen damit? Eine erste Proberunde

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Honda Jazz
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff
Inhaltsverzeichnis

Erst wollte ihn kaum einer, dann gab es ihn nicht, jetzt bekommt ihn in Europa jeder Käufer eines Honda Jazz: Der Hybridantrieb soll den Verbrauch des Kleinwagens senken und das Interesse am Modell selbst wieder beleben. Das dürfte nicht einfach werden, obwohl Honda reichlich Arbeit in den Antriebsstrang gesteckt hat.

Der besteht aus zwei E-Motoren und einem 1,5-Liter-Benziner. Einer der beiden Elektromotoren dient ausschließlich als Generator und wird vom Verbrennungsmotor angetrieben. Der so erzeugte Strom versorgt den zweiten E-Motor, der bei Geschwindigkeiten bis rund 100 km/h das Auto allein antreibt. Erst bei höherem Tempo übernimmt der Benziner. Honda sieht drei Betriebsarten vor. Im ersten wird einer vergleichsweise kleinen Batterie Strom entnommen – der Benziner ist aus. Bei Geschwindigkeiten bis Tempo 50 ist der Honda Jazz erstaunlich häufig im Elektromodus unterwegs.

Im zweiten Szenario übernimmt die Steuerung das Zusammenspiel von eCVT, E-Motor und Verbrenner. Im sogenannten Hybrid-Modus ergibt sich damit ein Wechsel der Antriebe, was gut klappt. Nur beim starken Beschleunigen oder Geschwindigkeiten von deutlich über 100 km/h ist der Benziner über eine Überbrückungskupplung direkt mit den vorderen Antriebsrädern verbunden und beschleunigt den Jazz ebenso dynamisch wie hörbar. Im Hybrid-Modus kann überschüssige Leistung des Benzinmotors für das Aufladen der Batterie über den Generator genutzt werden. Der Elektroantriebs-Modus wird auch beim Verzögern des Fahrzeugs genutzt, um die Batterie per Rekuperation zu laden.

Der Verbrenner leistet 72 kW und bietet 131 Nm, der E-Motor, der zumeist allein den Antrieb übernimmt, stellt 80 kW und 253 Nm bereit. Damit beschleunigt der Jazz – je nach Ausstattung – in 9,4 bis 9,9 Sekunden auf Tempo 100, bei 175 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Unterwegs prägen andere Eindrücke den Umgang: Der neue Jazz ist besser gedämmt als sein Vorgänger. Wer den Antrieb nicht gerade auspresst, ist betont leise unterwegs, was sehr angenehm ist. Bei dieser Gangart sind in der Praxis Reichweiten von 800 km möglich – angesichts eines Tankvolumens von nur 40 Litern eine bemerkenswerte Zahl.

Honda Jazz E:HEV (12 Bilder)

Der Honda Jazz ist inzwischen in fünfter Generation zu haben. Die Zulassungszahlen des Vorgängers waren mau.

Keine großen Veränderungen gibt es beim Fahrwerk. Hier gibt es eine ausgewogene und komfortable, aber nicht zu weiche Abstimmung. Der hohe Schwerpunkt verhindert zuverlässig alles, was mit dem Begriff „dynamisch“ verbunden werden könnte. Kein Fehler im angestrebten Einsatzprofil, sondern genau richtig so. Besser und direkter als zuvor arbeitet die variable Servounterstützung der Lenkung.

Unverändert gibt es vorne wie hinten ein gutes Platzangebot; jedoch sind die vorderen Sitze deutlich bequemer und geschickter ausgeformt als bisher. Das freut nicht nur groß gewachsene Personen. Behalten hat der Jazz das Alleinstellungsmerkmal der Rücksitze, die sich nicht nur nach vorne umlegen lassen, sondern Dank des unter den Vordersitzen platzierten Tanks auch über eine nach oben klappbare Sitzfläche verfügen, was für große Gegenstände praktisch ist. Der Gepäckraum fasst 304 Liter, das ist schon spürbar weniger als ein etwa ebenso langer VW Polo (Test). Leider hat es auch die fummelige Sitzverstellung in das neue Modell geschafft.

Durch die Neukonstruktion des Vorderwagens werden die gewaltigen Kräfte bei einem etwaigen Frontaufprall nicht mehr über die A-Säule, sondern über die hintere Säule des kleinen Dreiecksfensters geleitet. Das mag sich langweilig anhören, bringt aber eine nur halb so breite A-Säule und somit eine spürbar bessere Sicht nach vorn. Die Karosserie wurde durch hochfeste Stähle deutlich steifer und somit sicherer als beim Vorgänger.

Die Verarbeitung war schon zuvor gut, nachgelegt haben die Japaner aber bei der oberflächlich wahrgenommenen Qualität. Alles wirkt nun eine Spur feiner als bisher. Etwas überladen erscheint das animierte Sieben-Zoll-Kombiinstrument hinter dem Zwei-Speichen-Lenkrad mit einer Vielzahl verschiedenster Informationen. Weniger wäre hier ganz klar mehr gewesen. So sind Funktionen der Fahrerassistenzsysteme ähnlich groß wie Tacho oder Warnhinweise. Leider lässt sich nicht alles „herauskonfigurieren“. Mit bis zu neun Zoll etwas größer, aber nicht unbedingt übersichtlicher ist der zentrale Multifunktionsbildschirm in der Mitte der aufgeräumten Armaturentafel. Die einzelnen Kacheln erleichtern wie bei einem Smartphone die Bedienung. Doch auch hier würde dem neuen System etwas mehr Übersichtlichkeit guttun. Zudem spiegelt der Bildschirm bei Sonneneinstrahlung störend.

Mit Preisen ab 22.000 Euro ist der Kleinwagen auf den ersten Blick kein Schnäppchen. Doch schon das Basismodell ist mit DAB+-Tuner, LED-Scheinwerfern und Klimaautomatik ausgestattet. Nochmals besser ist der mindestens 23.050 Euro teure Jazz Elegance ausstaffiert, der unter anderem wireless Apple CarPlay und Android Auto, Alufelgen, 9-Zoll-Display und Einparkhilfe vorne wie hinten bietet. Sitzheizung und Lederlenkrad gibt es erst für die teuerste Ausstattungslinie „Executive“. Seltsam wirkt die Kalkulation des „Illumination-Pakets“. Für 1090 Euro (Preisliste) gibt es im Grunde nur eine erweiterte Innenraum-Beleuchtung. Wer soll das für diese Summe bestellen?

Ohnehin wird es der Jazz E-HEV nicht leicht haben – der starken Lobby, die eine Förderung nur für Plug-in-Hybride durchgesetzt hat, sei Dank. Denn so gehen sparsame Hybride ohne externe Lademöglichkeit wie der Jazz oder der gelungene Toyota Corolla komplett leer aus. Plug-in-Hybride werden dagegen großzügig subventioniert.

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