Fahrbericht: Audi Q2 35 TDI

Vier Jahre nach dem Start überarbeitet Audi den teuren Q2 sanft. Das ist durchaus mutig, denn gerade im Antriebsbereich tut sich bei der Konkurrenz mehr.

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Audi Q2

Die kleine Modellpflege hat den Audi Q2 kaum verändert.

(Bild: Audi)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff

Das von der noch amtierenden Bundeskanzlerin gepriesene Neuland bietet auf dem automobilen Sektor interessante Ausflüge. Die wunderbare Welt der Online-Konfiguratoren eröffnet mit wenigen Klicks Einblicke, die auf freier Wildbahn kaum anzutreffen sind. Im Falle des jüngst überarbeiteten Audi Q2 ermöglicht sie einen ungeschönten Blick darauf, was der Hersteller auszuliefern droht, falls der Kunde nicht zuzahlungsbereit ist. Mit tastenfreiem Kunststofflenkrad und manueller Klimaanlage erscheint das Q2-Armaturenbrett dann doch ein weniger schlichter, als es die Pressebilder der Versionen mit Vollausstattung glauben lassen. Gleiches gilt für die äußere Erscheinung in "Ibisweiß" im Verbund mit 16-Zoll-Stahlfelgen, die aufpreisfrei von einer Radzierblende geschmückt werden. Wohlgemerkt: Wir reden hier von einem Basismodell für knapp 28.000 Euro für ein 4,21-Meter kleines SUV.

Mit der Überarbeitung nach vier Jahren ändert sich nicht viel. Äußerlich gab es etwas Feinschliff im Detail, ohne sich allzu sehr vom bisherigen Modell abzusetzen. Die Stoßfänger wurden etwas umgeformt, dazu ein paar frische Lackfarben und andere Felgen. Neu ist die Option auf Matrixlicht, die wir nach Testwagen von Audi, die das eingebaut hatten, uneingeschränkt empfehlen können. Auch der Innenraum bleibt vor der Segnungen verschont, die Volkswagen andernorts dem Kunden zumutet. Die Klimatisierung erfolgt über Drehregler und wenige Tasten, auch auf dem Lenkrad verzichtet Audi hier noch auf den ganz Touch-Kram. Das wirkt so vielleicht nicht modisch-frisch, dafür nervt es im täglichen Umgang nachhaltig nicht.

Das Fahrwerk blieb unverändert, größeren Eingriffsbedarf sah man bei Audi nicht. Die Abstimmung ist vergleichsweise straff, wobei der Testwagen auch mit 18-Zoll-Felgen samt geringer Flankenhöhe ausgeliefert wurde. Die Lenkung arbeitet angenehm zielgenau und präzise, dazu wurde sie nicht zu Tode gedämpft, um Antriebseinflüsse vom Fahrer fernzuhalten.

Zum Verkaufsstart gibt es nur 150 PS – einmal als Benziner, einmal als Diesel dargeboten. Für eine erste Ausfahrt stand der bekannte Zweiliter-Diesel bereit, der wie gewohnt stämmig seiner Arbeit nachkommt. Das Werk nennt 8,2 Sekunden im Standardsprint und 210 km/h Höchstgeschwindigkeit – beides erscheint glaubhaft. Der Diesel harmoniert mit dem hier alternativlosen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Die Traktion ist erwartungsgemäß hervorragend, denn Audi bietet den Selbstzündern nur mit Allradantrieb an.

Im WLTP verspricht Audi 5,3 bis 5,8 Liter – besonders sparsam ist das nicht, allerdings wenigstens halbwegs realistisch, sofern der Fahrer es ruhig angehen lässt. Etwas mehr hätte es für unseren Geschmack bei der Dämmung sein dürfen, denn der Dieselmotor ist nicht nur beim Kaltstart deutlich als solcher zu vernehmen. Der im Selbstzünder serienmäßige Allradantrieb beschneidet den Kofferraum übrigens spürbar: statt 405 Liter im Q2 mit Frontantrieb sind es hier nur 355.

Fahrbericht Audi Q2 2020 (14 Bilder)

Nach vier Jahren hat Audi den Q2 leicht überarbeitet.

Die Abgasnachbehandlung wurde weiter ausgebaut. Nun gibt es zwei Harnstoffeinblasungen zur Stickoxid-Reduktion, nachgeschaltet ist ein Sperrkat, der den Austritt von Ammoniak verhindern soll. NOx dürfte hier tatsächlich kein Thema mehr sein – Volkswagen kann sich diesbezüglich auch keinen Fehltritt mehr leisten.

Kurz nach dem Marktstart der überarbeiteten Fassung soll noch ein Dreizylinder-Benziner mit 110 PS folgen, etwas später der SQ2. Was weiterhin vollkommen fehlt, ist eine Alternative zum Verbrennen von Öl. Es gibt keine Hybridisierung, geschweige denn einen batterieelektrischen Antriebsstrang. Vermutlich gibt die Basis das schlicht und ergreifend nicht her, doch die Konkurrenz – sei es nun Hyundai oder auch PSA – ist diesbezüglich in dieser Klasse schon weiter. Und hat damit durchaus Erfolg.

Schon dieser Umstand lässt uns vermuten, dass der Q2 unruhigen Zeiten entgegengeht. Für sich betrachtet ist er kein schlechtes Auto, doch die Preisvorstellung scheint vor einem sich stark wandelnden Umfeld etwas arg ambitioniert. Bis der Q2 mit allem ausgestattet ist, was eine spätere Weiterreichung erleichtert, stehen locker mehr als 35.000 Euro auf dem Zettel – und da ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Wer Ledersitze, Soundsystem, Navi, Glasdach und große Felgen haben möchte, landet rasch bei deutlich mehr als 40.000 Euro. Der Q2 TDI kostet mit 34.313 Euro – angesichts der Serienausstattung, die selbst Dinge wie Lederlenkrad, Sitzheizung, Tempomat oder Klimaautomatik nicht mitbringt, ist das schon eine tapfere Ansage.

Warum macht Audi das nur? Ganz einfach: Eine relevante Zahl von Kunden ist offenbar bereit, diese Summe anzulegen. Doch der Wind könnte für den Q2 schnell von vorn kommen – und das nicht zuletzt aus dem eigenen Konzern. Denn ein Skoda Enyaq oder ein VW ID.4 sind zumindest perspektivisch dank der überreichlichen Subventionen eher günstiger als ein halbwegs ordentlich ausgestatteter Q2. Kann Volkswagen sie liefern, könnte der Kreis derjenigen, die für ein kleineres Auto mehr zahlen, noch überschaubarer werden. Oder noch exklusiver – alles eine Frage des Betrachtungswinkels.

(mfz)