Leapmotor T03: Billiges Elektroauto im ersten Fahrbericht

Leapmotor liefert mit dem T03, was europäische Hersteller aktuell meist noch nicht bieten können: ein preiswertes, kleines Elektroauto. Es fährt sich gut.

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Leapmotor T03

(Bild: Leapmotor)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

"Billige Elektroautos aus China fluten den Markt", so oder ähnlich ist es hin und wieder zu lesen. Bislang allerdings ist die Flutwelle der chinesischen Hersteller in Europa recht niedrig. Nun wäre es geradezu töricht, diese Situationsbeschreibung einfach eins zu eins auf die Zukunft zu projizieren, und Autos wie der Leapmotor T03 belegen eindrücklich, was da auf die europäischen Hersteller zukommen könnte. Auf einer kurzen Ausfahrt konnten wir erste Eindrücke sammeln. So viel sei vorab verraten: Die Konkurrenz rechnet besser nicht mit einer windigen Kiste, die nicht ernstzunehmen ist.

Zunächst müssen wir mit dem Begriff "chinesisches Auto" ein wenig aufräumen. Leapmotor wurde 2015 in China gegründet, seit knapp einem Jahr hält Stellantis die Mehrheit am Unternehmen. Der T03 wird seit 2020 in China gebaut, nun kommt eine Produktion in Polen hinzu, mit der der europäische Markt versorgt werden soll. Bis Ende dieses Jahres sollen 350 Händler in Deutschland mit dem Verkauf und Service starten. Das soll Kunden die Angst nehmen, im Zweifelsfall weitab von naheliegender Unterstützung zu stranden.

Der Leapmotor T03 ist, gemessen an heutigen Maßstäben, ein batterieelektrischer Kleinstwagen. Mit 3,62 m ist er etwa so lang wie ein VW e-Up und rund 8 cm kürzer als ein Dacia Spring. In der Stadt, und das dürfte das Hauptrevier des T03 werden, fällt vor allem die geringe Breite von 1,65 m positiv auf. Wo ein Fahrer auch mit vielen Kleinwagen inzwischen schon ziemlich sorgsam zielen muss, wuselt sich der T03 einfach durch. Allein diese Art der Freiheit dürfte ihm viele Sympathien einbringen.

Schaut man sich an, wie die in Anspruch genommene Verkehrsfläche genutzt wird, steht der T03 ebenfalls nicht schlecht da. Der Kofferraum fasst mit 210 Litern zwar deutlich weniger als im Dacia Spring, und auch im Fond geht es erwartungsgemäß eng zu. Vorn jedoch kommt der Fahrer kommod unter, und hinten reicht der Platz zumindest für Kinder locker aus. Mehr muss und kann ein Auto mit solchen Abmessungen nicht bieten. Schön wäre es allerdings, wenn die Ladekante etwas tiefer liegen würde und der Ladeausschnitt etwas größer wäre.

Das Interieur wirkt modern und auch solide verarbeitet. Das Kombiinstrument misst acht Zoll und der Touchscreen zehn. Die Bedienung ist eingängig, allerdings wären ein paar Schalter und Knöpfe, zum Beispiel für die Klimaanlage, ganz hilfreich. Erstaunlich ist, dass nichts übertrieben billig erscheint. Harter Kunststoff dominiert zwar, doch die Leiste mit schwarz glänzendem Lack lockert das Ganze etwas auf. Das Lenkrad ist mit Kunstleder bezogen, was sich nicht schlecht anfühlt. Die beiden Lenksäulenhebel wirken stabiler als in den Mercedes-Modellen auf Basis der A-Klasse.

Leapmotor T03 (11 Bilder)

Der Leapmotor T03 ist ein batterieelektrischer Kleinstwagen für vergleichsweise wenig Geld.

Auch die Serienausstattung ist keinesfalls ärmlich. Rückfahrkamera, adaptiver Tempomat und Klimaautomatik sind immer dabei. Das Navigationssystem deckt zwar nur rudimentäre Bedürfnisse ab, kostet allerdings nichts extra. Wer tatsächlich eines braucht, wird vermutlich ohnehin meistens das Handy nutzen. Android Auto oder Apple CarPlay gibt es bislang nicht, doch das muss nicht so bleiben. Zusätzlich reicht der Hersteller immer ein festes Glasdach mit dazu, das über eine motorisierte Blende zuverlässig verschattet werden kann. Mann kann nur staunen, dass einem Hersteller in dieser Preisklasse eine solche Lösung gelingt. Mit Grausen denke ich noch an die seltsame Klapp-Konstruktion an dieser Stelle im Skoda Fabia.

Der Kunde muss sich beim Kauf nur noch zwischen drei Farben entscheiden, alles andere ist alternativlos. Der E-Antrieb leistet 70 kW und bietet ein maximales Drehmoment von 158 Nm. In der Stadt wirkt er sehr agil, auf Landstraßen ausreichend flott. Für den Standardsprint nennt Leapmotor eine Zeit von 12,7 Sekunden, auf der Autobahn ist bei 130 km/h Schluss. Hier orientiert sich der Hersteller schlicht an dem, was fast überall auf der Welt ohnehin die Grenze nach oben hin darstellt. Dazu passt auch die eher nachgiebige Fahrwerksabstimmung, die viel abfängt.

Dort, wo der T03 vermutlich meistens eingesetzt wird, spielt das Spitzentempo ebenso wenig eine Rolle wie die maximale Reichweite. 265 km nennt Leapmotor im WLTP. Die Batterie fasst 37,2 kWh, die derzeit an Wechselstrom nur einphasig mit maximal 6,6 kW geladen werden kann. An einer gängigen dreiphasigen Wallbox mit 11 kW ist also bei 3,7 kW Schluss. Nutzen lässt sich volle AC-Ladeleistung an den meisten öffentlichen Ladestationen. Im November soll ein dreiphasiges Ladegerät nachgereicht werden. Wir würden Kunden empfehlen, auf dieses Upgrade zu warten, denn ein Weiterverkauf in ein paar Jahren dürfte damit einfacher sein. Auch an einer DC-Ladesäule dauert es mit maximal 45 kW länger als beispielsweise mit einem Citroën ë-C3, der in der Spitze mit bis zu 100 kW lädt. Für die Aufladung von 30 auf 80 Prozent nennt Leapmotor eine Zeit von 36 Minuten. Das entspricht, wohlgemerkt unter idealen Bedingungen, einer durchschnittlichen Ladeleistung von 31 kW.

Die drei Fahrmodi Eco, Standard und Sport unterscheiden sich nicht großartig, was wohl auch niemand ernsthaft erwartet hat. Wir waren auf dieser ersten Proberunde in der Stadt, auf Landstraßen und auf Autobahnen unterwegs. Der im Bordcomputer angezeigte Durchschnittsverbrauch lag bei 13,4 kWh/100 km. Das wären 2,9 kWh/100 km weniger als angegeben, allerdings inkludiert der WLTP-Wert die durchschnittlichen Ladeverluste mit ein.

Ein Dacia Spring ist in der Basisversion nochmals billiger, doch bei vergleichbarem Ausstattungsumfang ist der Preisvorteil dahin. Mit 18.900 Euro und einer umfangreichen Serienausstattung ist der Leapmotor T03 fair eingepreist. Er glänzt vor allem, wofür er geschaffen wurde: Im Stadtverkehr ist seine geringe Größe ein enormer Vorteil, dazu wirkt er mit seinem E-Motor dort sehr agil. In diesem Umfeld stört auch die geringe Reichweite kaum, und eine höhere AC-Ladeleistung ist in Sicht.

Überraschend ist, dass nichts am T03 übertrieben zusammengespart erscheint. Verbunden mit dem nahezu konkurrenzlos geringen Preis könnte das einer der Schlüssel für einen Erfolg sein. Dass er keinen Preis für ein charmantes Äußeres gewinnen kann, wird Pragmatiker kaum stören.

(mfz)