Klimatisch begünstigt: Der BMW Pacedry-Anzug im Test

Die Verbindung von Wasserdichtigkeit und Atmungsaktivität ist gerade im Sommer eine Herausforderung. Der modellgepflegte BMW Pacedry-Anzug schafft den Spagat.

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Der BMW-Anzug ist eine vielseitige Alternative zur Lederkombi, besonders bei sommerlichen Bedinungen.

(Bild: Florian Pillau)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Beim Test der BMW F 900 XR hatte ich die Gelegenheit, gleichzeitig den für 2021 überarbeiteten Pacedry-Anzug des gleichen Herstellers zu fahren. Die sommerliche Hitze wechselte sich zu dieser Zeit ab mit längeren Regenperioden – passend zum Versprechen eines wasserdichten, sommergeeigneten Anzugs. Abgesehen davon, dass ein Textilanzug mit Protektoren bei höherer Temperatur eine logische Alternative zu Leder ist, empfinde ich das Versprechen gleichzeitiger Wasserdichtigkeit und Atmungsaktivität immer als einen gewissen Widerspruch.

Das Paket ist schwer. Rund sechs Kilogramm für die Herrengröße, aber inklusive Protektoren. Nicht einmal beim ersten Auspacken stört ein unangenehmer Geruch nach Kunststoff oder Imprägnierung. Das Cordura-Gewebe greift sich angenehm, fasst sich fast natürlich an, als wäre es Baumwolle. Gelungen – sofern man das bei einem grauen Grundton mit grauen Akzenten sagen kann – ist auch die Farbmischung, die übrigens viel heller ist als auf den Produktbildern des Herstellers. Alles zusammen führt dazu, dass der Anzug nie den Eindruck einer billig-speckigen Plastikpelle macht. Wäre allerdings auch kaum zu verstehen bei einem Preis von rund 500 Euro für Jacke wie Hose.

BMW Pacedry-Anzug II (11 Bilder)

Mit BMW Pacedry durch den Sommer.
(Bild: Florian Pillau)

Ein allzu fester Sitz ist bei solchen Anzügen unerwünscht, darunter soll ja nach dem Zwiebelprinzip auch noch etwas Wärmehaltendes passen. Andererseits darf nichts flattern und wegen der Protektoren schon gar nichts verrutschen – ein bekanntes Dilemma aller Textilanzüge. Das vermeidet der Pacedry einerseits mit einem Schnitt, der den Beugewinkel der Ellenbogen und Knie auf dem Motorrad zum Teil berücksichtigt, andererseits lässt sich Materialüberschuss an Ärmel-, Hosenbein-Bündchen und Hosenbund wirkungsvoll mit Bändern und Klettriegeln reffen.

Diese Velcro-Lösung gefällt mir besser als Druckknöpfe, weil die Einstellung stufenlos funktioniert und keine unbenutzten Knöpfe am Lack kratzen oder lästig im Fahrtwind klappern können. Die Längen waren an Arm und Bein ausreichend, wer längere Extremitäten hat, muss eventuell eine andere Größe wählen: Verschiedene Schnitte gibt es nur für Damen und Herren.

Auf der Maschine passt der Anzug wegen der eingenähten Form am besten, damit herumlaufen sieht dennoch weder würdelos aus noch ist es unbequem. Die Protektoren baumeln gerade noch nicht unangenehm herum dabei. Abseits des Straßenverkehrs wirkt man darin am ehesten wie ein Handwerker in moderner Arbeitsschutzkleidung, jedenfalls in der dezenten aschgrau-mausgrau-steingrau-Farbkombination, die BMW uns schickte.

Das passt in den Stil einer Zeit, in der man in den üblichen Motorradkleidungs-Läden jedes Teil, das bunter ist, sonderbestellen muss. Was nicht heißen soll, dass ich mich jetzt in die Ära der Papageienkombis zurückwünsche. Nicht alles war besser damals. An Sicherheit ist dennoch gedacht, reflektierende Streifen sind auch in dieser Version serienmäßig eingenäht, um Sichtbarkeit im Lichtkegel zu schaffen.

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Etwas unschlüssig macht mich der Kragen. Trägt man nur Unterwäsche, fühlt man sich durch den weiten Ausschnitt und das niedrige Bündchen am Hals eher etwas zu wenig geschützt. Auf der F 900 (Test) ging das aber gut wegen des Windschilds. Andererseits bietet dieser Schnitt die Möglichkeit, ohne Erstickungsanfälle oder Beklemmungsgefühle engere Jacken mit einem höheren, schützenden Kragen darunter zu tragen. Meine Lösung bei Sommerwärme bestand in einem Halstuch.

Als Sicherheitsaspekt lassen sich beide Teile am Rücken verbinden, damit im Fall eines Falles ein auf dem Asphalt rutschender Körper die Protektoren und die äußere Keramikbeschichtung behält, wo sie hingehören und sich durch die Reibung auch keine Lücke zwischen Jacke und Hose auftun kann. Angenehm ist, dass sich die Teile trotz der etwas klobigen Protektoren flüssig an- und ausziehen lassen.

Dass die nach höchster Schutzklasse zertifizierten Einlagen nicht so geschmeidig sind wie bei teureren Anzügen, ist verschmerzbar, weil sie auch auf längeren Fahrten nicht zum Einschneiden neigen. Freilich ist etwa ein Rukka Thund-R (Test) in dieser Hinsicht überlegen und ist dabei noch leichter. Allerdings ist selbst dieser Anzug der High-End-Marke noch etwas teurer: Die Jacke kostet 699 Euro, die Hose 579.

BMW Pacedry-Anzug I (8 Bilder)

Die Jacke ist groß und schwer, was zu einem guten Teil an den Protektoren liegt.
(Bild: Florian Pillau)

Zur Klimakrise ist es nicht gekommen – jedenfalls nicht während der Fahrt. Dank der variablen Belüftungsöffnungen stellt sich immer genügend Luftzug ein. Als das Wetter von 30 Grad und Sonne in Minuten in 20 Grad und Gewitterregenguss wechselte, zeigte sich die Strömung aber auch als nicht zu zugig: Der Temperatursturz ließ mich nicht frösteln und das bisschen Feuchtigkeit, das eindrang, kam von hinten – ich hatte die Belüftungen zu schließen vergessen.

Sollte es länger kälter bleiben, sollte man etwas zum Drunterziehen mitführen. Weder Jacke noch Hose sind wärmend gefüttert, sie schützen vor allem vor Fahrtwind und Regen. Innen schaffen Abstandsgewirke und Netzfutter aus Polyester Luftpolster vor allem im Sinne der Atmungsaktivität – das aber wirksam. Das "Dry" im Namen ist schon gerechtfertigt, und das gilt nicht nur für das Wasser von außen. Jacke wie Hose kosten jeweils 450 Euro und sind für Herren in den Regular-Fit-Größen 46 bis 60, für Damen in 34 bis 48 erhältlich.

(fpi)