Elektroauto Cupra Born im Test: Baustelle Software

Seite 2: Infotainment, Bedienung, Fazit

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Natürlich lebt ein so hartes Urteil ein Stück weit vom direkten Vergleich. Der Born hatte zwei Kandidaten in der Redaktion um sich, die es ihm nicht leicht gemacht haben. Mercedes baut im GLA das vor vier Jahren vorgestellte und sorgsam aktuell gehaltene MBUX ein – für reichlich Aufpreis, doch das System ist eben auch richtig gut. Parallel zum Born war der Hyundai Santa Fe da, dessen Unterhaltungselektronik zwar nicht perfekt ist, im Vergleich mit dem Born aber problemlos glänzt.

Cupra Born (10 Bilder)

Das Armaturenbrett wirkt sehr reduziert, die Bedienung wurde weitgehend auf den Bildschirm in der Mitte verlegt.
(Bild: Pillau)

Verzögerungen auf Eingaben, eine Sprachsteuerung, die neben der Lösung von Mercedes wie im Entwicklungsstadium erscheint, dazu lästige Bugs wie die verschobenen Radiofavoriten: Volkswagen sollte all das endlich in den Griff bekommen. Dazu kommt ein Navigationssystem, das auf den Wunsch nach Ladesäulen zunächst mit "keine in der Nähe gefunden" reagiert. Wer dann zu schnell aufgibt, verpasst, dass sich die Software doch noch auf die Suche begibt und die Ladesäulen anzeigt. Leider lassen sich diese weder nach Anbieter noch nach Ladetempo sortieren.

Ein Problem der Werkslösung ist, dass ein paar Klicks weiter Apple CarPlay und Android Auto zu haben sind – im Born, wie zuvor schon im VW Polo erlebt, übrigens kabellos. Sie führen vor, was man sich auch von den Systemen der Hersteller wünscht, nämlich eine schnelle, zuverlässige und ja, auch das, hübsche Kartendarstellung. Für Volkswagen bleibt an dieser Stelle noch viel zu tun. Das Gute daran ist: Diese Probleme sind heilbar, sofern der Konzern das eben will. Für den ID.3 rollt VW seit Anfang des Jahres ein großes Update aus, das natürlich auch der Born bekommt. Der Testwagen hatte es nicht.

Auch das Wisch-Konzept hat uns in der Redaktion erneut nicht überzeugt. Zu oft müssen Befehle wiederholt werden. Den Schallpegel der Soundanlage wunschgemäß zu regulieren, gelingt zu selten auf Anhieb. Sitz- und Lenkradheizung lassen sich erst in einem Untermenü aktivieren. Die große, dreigeteilte Wisch-Furche ist unbeleuchtet. Der Konzern darf aber hoffen: Jugendliche Mitfahrer fanden das Gewische spannend und toll. Dass die Bedienung einmal problemlos und ohne langes Gewurschtel möglich war, wissen sie nicht. Vielleicht akzeptieren sie es so leichter als jemand, der über 40 ist und es anders kennengelernt hat.

Sie stört es möglicherweise auch nicht, dass das Tempolimit im Head-up-Display winzig angezeigt wird. Verlassen würde ich mich auf all das aber nicht. Mein Kollege Christian störte sich zudem am Kombiinstrument: "Das Kombiinstrument ist ein kleiner Bildschirm, den ich bei einem chinesischen Discount-Pedelec noch akzeptieren könnte – nicht aber in einem so teuren Pkw." Dass eine Handyhülle die induktive Ladeschale so weit ausbremst, dass das Ladetempo ziemlich gemächlich wird, kannten wir aus anderen Testwagen in der Form auch noch nicht.

Vielleicht nutzt der Konzern die Gelegenheit für eine Überarbeitung auch, um noch ein paar andere Dinge auszusortieren. Wer für ein Glasdach über 1000 Euro extra haben möchte, sollte eine Öffnungsfunktion einbauen. Ein Assistent, der mich hartnäckig überreden will, auf meiner Spur zu bleiben, sollte bitte ruhig sein, wenn ich dort fahre. Sehr angenehm, so eine automatische Geschwindigkeitsübernahme durch den intelligenten Tempomaten. Doch wenn ich aufpassen muss, dass mich ein solcher Helfer innerorts nicht auf Tempo 100 beschleunigt, erscheint mir diese Art der Unterstützung noch nicht recht überzeugend.

Cupra Born (10 Bilder)

Die sündhaft teuren Sitze des Testwagens waren sehr bequem, boten eine angenehme Massage und einen hochwertigen Bezug.
(Bild: Pillau)

Uncharmant auch, dass es Matrix-Licht nur im ID.3 gibt, dem Born diese wichtige Assistenz also vorenthalten bleibt. Es mag zudem Controller in freudige Erregung versetzen, wenn die hinteren Fensterheber keine Tasten mehr in der Fahrertür haben. Sie teilen sich die Knöpfe mit den vorderen Fensterhebern, umgeschaltet wird über eine Touchfläche. Klar, es wird nun Menschen geben, die argumentieren: "Aber ich benutze die doch nie!" Doch die, die sie nutzen, werden sich über die Umständlichkeit der Moderne ärgern.

Der Cupra Born fährt, wie man es seit vielen Jahren von Volkswagen gewohnt ist. Das Paket hat das Zeug dazu, Interessenten durch diese Konstanz in den grundsätzlichen Fahreigenschaften an die Elektromobilität heranzuführen. Komfort, wesentlich geprägt durch Fahrwerk, Dämmung und Sitze, bietet der Born, und das ist ein gutes Rüstzeug, um zu überzeugen. Arbeiten muss Volkswagen daran, auch bei Temperaturen unter 5 Grad eine höhere Ladeleistung zu ermöglichen. Das wird vermutlich kurzfristig nicht gelingen. Dringend nachlegen muss Volkswagen vor allem bei der Software, so vieles erscheint hier einfach nicht ausgereift. Das ist schade, denn es überdeckt etwas, wie gut sich das Auto an sich fährt.

Die hartnäckige Geschichte vom unglaublich teuren Elektroauto widerlegt sich übrigens im direkten Vergleich – auch ohne Subventionen: Ein ähnlich großer Seat Leon mit 140-kW-Benziner, der mit 18-Zoll-Felgen, Standheizung und LED-Scheinwerfern auf das serienmäßige Ausstattungsniveau des Born gebracht wird, ist nicht mehr dramatisch günstiger. Samt der Zuschüsse, die es aktuell beim Kauf gibt, ist der Leon finanziell chancenlos. Im Unterhalt ist er ohnehin das teurere Auto. Letztlich wird die eingangs beschriebene Hoffnung des Konzerns, die ID.3-Derivate mögen den Erfolg von Golf und Co in die Zukunft tragen, auch von solchen Überlegungen unterfüttert.

Der Testwagen wurde vom Hersteller gestellt und überführt, Kosten für Strom hat der Verlag übernommen.