Elektroauto MG ZS EV im Test: Streben nach globalem Anklang

Seite 2: Auf globale Art gefühlsarm

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Auch die Rekuperationsstärke lässt sich vorwählen. Schade, dass selbst bei maximaler Rückgewinnung die Bremswirkung schwächer bleibt als bei einem Motor dieser Leistung erwartbar. Einpedalfahren ist so zwar möglich, aber nur mit betont vorausschauender Fahrweise. Der Übergang vom rückgewinnenden zum Reibungsbremsen ist wie bei den allermeisten modernen Elektroautos kein Thema mehr: Man spürt nichts davon.

MG ZS EV Teil 3 (10 Bilder)

Der MG ZS EV ist ein Frontlader.
(Bild: Florian Pillau)

Etwas zu wenig spürt man beim Lenken. Die Auslegung ist – ähnlich wie die Optik – offenbar auf die globalen Märkte abgestimmt, nimmt jedenfalls keine Rücksicht auf typisch deutsche oder britische Befindlichkeiten, wo mehr Gefühl für die Straße gefragt wäre. Mit zunehmender Globalisierung werden wir uns sicher noch häufiger auf diese Art übergangen fühlen. Ähnliches gilt für Federung, Dämpfung und Bremse: Alle berücksichtigen auf unauffälligstmögliche Art die internationalen Gepflogenheiten, nichts daran besitzt erwähnenswerte Charaktereigenschaften. Auch hier zielt der MG auf eine größtmögliche Anschlussfähigkeit und widerspricht damit ganz nebenbei maximal dem Klischee einer entschieden rauhen, etwas exzentrischen Dynamik, wie sie die Marke MG seit 1924 in unseren Köpfen verankert hat.

Der Abstandsregeltempomat mit lenkender Staufolgefunktion, Spur- und Fernlichtassistent sowie die Verkehrszeichenerkennung bieten in diesem Rahmen das Übliche, sie entlasten, übernehmen aber nicht so viel Fahrerarbeit, dass dieser abschalten könnte. Das fände ich im Übrigen auch gruselič. Nicht ausprobiert habe ich aus naheliegenden Gründen den Notbremsassistenten. Ich kann ihn immerhin dafür loben, wenigstens keinen Fehlalarm ausgelöst zu haben, wie die in anderen Testwagen, zuletzt von Suzuki Swift (Test) und Vitara (Test). Unterstützend wirkt auch die Rückfahrkamera mit ihrer ungeschützt leider schnell verschmutzenden Linse.

Die Netto-Verbrauchsangabe von 16,2 kWh/100 km im WLTP scheint uns etwas optimistisch, wir erreichten Schnitte von bestenfalls 18,9 und schlechtestenfalls 21 kW/100 km, ohne Ladeverluste wohlgemerkt. Die angegebene Reichweite schrumpfte im gemischten Verkehr auf 220 km, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt Richtung 200. Der Verbrauch erscheint normal für ein über 1,6 Meter hohes Auto, nur zählt der Akku mit seinen 44,5 kWh Fassungsvermögen (davon nutzbar 42,5) mittlerweile schon zu den kleineren im Bereich ähnlich dimensionierter Crossover-Elektroautos. Dank CCS-Schnellladefähigkeit, bei der der MG ZS EV laut Fastned-Ladekurve maximal etwas über 75 kW zieht und bei rund 45 Prozent Ladung die 50 kW unterschreitet, soll der leere Akku in 40 Minuten auf 80 Prozent ladbar sein.

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Bei der einzigen Gelegenheit, zu der wir mit annähernd leerem Akku an einen 150-kW-Lader rollten, ließ sich das nicht nachvollziehen. Die Säule wollte nicht mehr hergeben als 6,6 kW, woran das lag, konnten wir nicht feststellen. An der Säule "um die Ecke", an der ich das üblicherweise probiere, ging das nicht: hier muss ein Rezeptionist von gegenüber eine Schranke öffnen. Doch ist der offenbar wegen der Seuche dauerhaft wohl anderweitig zugange.

Beim MG ZS EV muss man sich im Übrigen auf die Angaben an den Säulen verlassen, im Fahrzeug werden Ladestrom und voraussichtliche Rest-Ladedauer nicht angegeben. Apropos Laden: Erst Tage nach dem ersten Lade-Erlebnis mit dem MG fand ich den Hinweis, das Auto abzusperren, auch auf dem Brief der Pressestelle, die ich um Verzeihung für die Unhöflichkeit bitten möchte, einfach losgefahren zu sein, ohne vorher ihr Begleitschreiben zu konsultieren.

Wer mit der Batterie des MG auskommt und die Vorteile der SUV-Form wie einfaches Einsteigen und aufrechtes Sitzen schätzt, bekommt mit dem MG ZS eine ausgesprochen unspektakuläre und etwas günstigere Alternative zu den etwas sparsameren Elektroautos Hyundai Kona EV (Test) oder Kia e-Soul (Dauertest) mit ihren jeweils 39 kWh. Von den 33.990 Euro für das gefahrene Modell kann man derzeit 9570 Euro Innovationsprämie abziehen und kommt auf einen wohl am ehesten durch das Argument "gute Ausstattung" zu rechtfertigenden Preis. PSA liegt mit Opel Mokka-e und Peugeot e-2008 etwas oberhalb des MG, allerdings mit einer insgesamt moderneren Basis.

Der Wagen soll in Deutschland "ab Februar" vertrieben werden, wobei noch nicht klar ist, mit wie vielen Stützpunkten MG in seine erste Saison gehen kann. Mangelhafte Sicherheit ist bei chinesischen Autos schon länger kein besonderes Thema mehr, Euro NCAP bescheinigt dem MG gute Crashtest-Noten. Auch das Risiko unzureichend erprobter Technik dürfte sich in engen Grenzen halten, denn auf die Batterie bekommt der Kunde eine Garantie von acht Jahren – mehr als bei Hyundai oder Kia.

Der Importeur hat den Testwagen kostenfrei zur Verfügung gestellt und die Stromkosten übernommen.