Skoda Octavia RS iV im Test: Plug-in-Hybrid mit einer Schwäche

Seite 2: Baustelle Software

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Im Testwagen war die Software auf dem Stand "1806", aktuell war im Mai 2022 "1810". Eine Aktualisierung über die eingebaute SIM-Karte oder das heimische WLAN ist auf dieser Ebene nicht möglich – dafür muss die Werkstatt ran. Recht hartnäckig verfolgte den Testwagen die Macke, den Emergency- und den Travel-Assist selbstständig ein- und auszuschalten. Das Abschalten wird begleitet von einem Gong, der dann manchmal innerhalb von 30 Sekunden viermal ertönte. Eine manuelle Deaktivierung der Assis(tenten) brachte keine Linderung. Einen ersten Verdacht erhärtete nach Hinweisen im Forum schließlich der Servicemann bei Skoda: Es gibt ein anderes Lenkrad, mit dem dauerhaft Ruhe einkehren soll.

Auch die verschobene Route auf der Navikarte und die noch verbesserungswürdige Verständigkeit der Sprachsteuerung verstärken den Eindruck, dass Volkswagen hier noch einen gewissen Weg zurückzulegen hat. Dazu passt, dass der Testwagen beim Aussteigen an die Mitnahme von USB-Geräten erinnerte, die nicht im Auto waren. Nebensächlich erscheinen da zwei Schriftzüge bei der Verabschiedung, die ineinander übergehen.

Wenn eine Software nach zahlreichen Updates noch immer keine Route fehlerfrei darstellen kann, liegt offenkundig einiges im Argen.

(Bild: Franz)

Abseits von solchen Bugs fragt man sich, warum die Geschwindigkeitsanzeige zwischen den beiden Rundinstrumenten alternativlos ist. Das Kombiinstrument selbst war bei Skoda auch schon einfacher einzurichten. Alles in allem bleibt der Eindruck zurück, dass es auch zwei Jahre nach dem Start der Baureihe nicht gelungen ist, eine stabile, fehlerfreie Software auf die Beine zu stellen. Das hat das Zeug, der Zielgruppe ein insgesamt sympathisch-unprätentiöses Auto zu vergrätzen. Möglich, dass die Rettung mit einem allheilenden Update nah ist. Bis dahin kann der Rat allerdings nur lauten: Bestehen Sie vor der Auslieferung schriftlich auf die Einspielung aller Aktualisierungen von Soft- und Hardware. Ein Octavia fast ohne Assistenz und kleinem Infotainment dürften für solche Macken deutlich weniger anfällig sein.

Skoda Octavia RS iV Infotainment (6 Bilder)

Im Testwagen war die Software auf dem Stand "1806". Ein Update auf dieser Ebene gibt es aktuell nur in der Werkstatt.
(Bild: Martin Franz)

Zumindest in Foren finden sich auch Nutzer, die nichts zu bemängeln haben. An den grundsätzlichen Qualitäten des Octavia gibt es auch wenig zu mäkeln: Das Auto ist ordentlich verarbeitet, bietet ein ausgezeichnetes Verhältnis von Platzangebot und genutzter Verkehrsfläche, bequeme Sitze und ein Fahrverhalten, was der Zielgruppe vermutlich mehrheitlich so gefallen wird. Anders ausgedrückt: Wenn es Skoda gelingt, die Software auf einen akzeptablen Stand zu hieven, hat der Octavia gute Chancen, sich weiterhin am Markt zu behaupten.

Plug-in-Hybride kann man im Octavia derzeit nicht bestellen, die Restbestände an verfügbaren Neuwagen dürften deutschlandweit gering sein. Wir rechnen damit, dass die Marke die Dualantriebe so schnell wie möglich wieder ins Programm holt, und zwar unabhängig davon, ob es in Deutschland auch ab 2023 eine finanzielle Unterstützung beim Kauf gibt oder nicht. Die Ampel-Koalition hat sich eine Reform der PHEV-Förderung vorgenommen. Formuliert ist das im Vertrag von SPD, Grünen und FDP auf Seite 129 wie folgt:

Die bestehende Besserstellung von Plug-In-Hybridfahrzeugen bei der sogenannten Dienstwagenbesteuerung wird für neu zugelassene Fahrzeuge stärker auf die rein elektrische Fahrleistung ausgerichtet. Hybridfahrzeuge sollen zukünftig nur noch privilegiert werden (Entnahmewert 0,5 Prozent), wenn das Fahrzeug überwiegend (mehr als 50 Prozent) auch im rein elektrischen Fahrantrieb betrieben wird. Wird das Fahrzeug nicht überwiegend im elektrischen Fahrbetrieb genutzt oder der rein elektrische Fahranteil nicht nachgewiesen, entfällt der Vorteil und die Nutzung des Dienstwagens wird regelbesteuert (1-Prozent-Regelung).

Das heißt übersetzt nichts anderes, als das die Förderung von Plug-in-Hybriden künftig daran geknüpft ist, dass sie tatsächlich auch elektrisch genutzt werden. Bislang gab es Geld, ohne einen Nutzen für die Umwelt – bei Plug-in-Hybriden ohnehin fraglich – nachweisen zu müssen. Ende September 2021 berichteten zahlreiche Medien, dass Volkswagen die 80-km-Grenze gleich zugunsten von 100 km E-Reichweite in ihren PHEV-Modellen überspringen will. Zugleich wird Volkswagen bei der Ladeleistung nachbessern müssen.

Beides ist wenig verwunderlich, denn wenn sich ein Konzept am Markt ohne Subventionen behaupten soll, muss es für den Kunden in irgendeiner Form attraktiv sein. In dem Maße, in dem der Staat Steuermittel aus den PHEV herausnimmt, muss das Produkt für den Endverbraucher interessanter werden. Die Zeiten enden also langsam, in denen man eine kleine und meist leere Batterie durch die Gegend fuhr, die sich nur sehr zäh befüllen ließ. Dazu zählen auch die beiden Plug-in-Hybride im Octavia. Im Jahresmittel dürften nur sehr zurückhaltende Fahrer im Schnitt inklusive Ladeverlusten auf weniger als 30 kWh/100 km kommen.

Spannend wird, wie viel Anklang die Plug-in-Hybride auf dem Gebrauchtwagen-Markt langfristig finden. Vorzeitig abschreiben sollte man sie dort keineswegs, denn die rein elektrische Fahrt ist auch im Octavia iV der angenehmere Teil des Antriebs. Er hat trotz des im Vergleich mit einem E-Auto hohen Stromverbrauchs das Zeug dazu, Menschen für die E-Mobilität einzunehmen. Hilfreich ist dabei auch der Umstand, dass der Octavia im Kern geblieben ist, was er seit dem Start seiner zweiten Karriere Mitte der 1990er-Jahre eigentlich immer war: Ein praktischer Kombi mit reichlich Platz, der sich in seiner unaufgeregten Art angenehm fährt. Wenn Skoda die Software in den Griff bekommt, ist er nach wie vor ein empfehlenswertes Auto.

Die Kosten für die Überführung wurden von Skoda übernommen, jene für Fahrenergie von der Redaktion.