Volkswagens Elektro-SUV VW ID.4 in der ersten Ausfahrt: Sachlich souverän

Für Volkswagen ist der VW ID.4 als elektrisches SUV ähnlich wichtig wie der VW ID.3 als Alternative zum VW Golf. Erste Eindrücke stimmen positiv.

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VW ID.4

Laden statt Tanken - beim ID.4 geht das immerhin mit bis zu 125 kW.

(Bild: VW)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff
Inhaltsverzeichnis

Dank des weltweit verlässlichen SUV-Erfolgs ist der VW ID.4 für die Elektromobilitäts-Strategie von Volkswagen mindestens so wichtig wie der VW ID.3 als elektrische Alternative zum VW Golf. Optisch ist der ID.4 eng mit dem kompakten Elektroauto ID.3 verwandt. Das Crossover-Modell aus Zwickau, das parallel auch in China und bald auch im amerikanischen Volkswagen-Werk in Chattanooga vom Band laufen soll, setzt optisch bewusst auf die Sachlichkeit der Marke VW. Mit dem Audi Q4 E-Tron und dem Skoda Enyaq iV bekommt man identische Technik in weniger schlicht gestalteten Verpackungen.

Zunächst wird der VW ID.4 mit Heckantrieb angeboten, erst später kommt die GTX-Variante mit 225 kW und Allradantrieb. Doch gerade die aktuelle Topversion mit 150 kW und Hinterradantrieb dürfte das Massenmodell werden. Er ist bestenfalls mit einem 77 kWh großen Akkupaket verfügbar. Für später sind weitere ID.4-Modelle mit 109 kW sowie 125 kW und verschiedenen Batteriekapazitäten angekündigt.

Die meisten Kunden dürften sich für die größere der beiden Akkuvarianten entscheiden. Der Normverbrauch liegt bei ziemlich guten 17,9 kWh. Das 82-kWh-Paket, von dem 77 kWh genutzt werden können, ermöglicht eine Reichweite von bis zu 520 Kilometer, während die kleine 52-kWh-Version laut Verbrauchsmessung nur 360 Kilometer verspricht, bevor der ID.4 wieder an die Ladesäule muss. Dort kann die Batterie maximal 125 kW aufnehmen. Für längere Strecken oder Fahrten in der kalten Jahreszeit führt am großen Akkupaket kaum ein Weg vorbei.

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Während der VW ID.3 (Test) bisherige Golf-Kunden ansprechen soll, ist der größere ID.4 das Angebot, das man Angesichts des SUV-Booms der letzten 20 Jahre zusätzlich machen muss, um das Betriebsergebnis nicht fahrlässig zu gefährden. Das ist bei Volkswagen nicht anders als bei Tesla. Ralf Brandstätter von Volkswagen ist deshalb ein entscheidender Unterschied wichtig: "Wir haben sechs Zentimeter mehr Innenraum als das Tesla Model Y, obwohl wir rund 19 Zentimeter kürzer sind".

VW ID.4 (14 Bilder)

Wer sich als größter Autohersteller mit einer elektrisch angetriebenen Modellpalette neu aufstellen will, tut dies heute sinnvollerweise auch mit einem Crossover-Modell.

Das Versprechen dieses Segments, mehr Raum zu bieten, löst der große und variable Innenraum mit reichlich Platz vorne und hinten tatsächlich ein. Überaus variabel ist die Mittelkonsole, denn hier finden sich zwei Becherhalter, Handyplätze und weitere Ablagen. Das hintere Fach lässt sich mit Trennelementen aufteilen, die Handyschale ist beleuchtet und die Fondpassagiere freuen sich über zwei USB-C-Ladebuchsen. Der Gepäckraum fasst je nach Stellung der Rücksitzlehnen 543 bis 1575 Liter. Angeboten werden eine elektrische Heckklappe, Dachreling und eine Anhängekupplung.

Die Sitzpolsterung bietet immerhin einen guten Kompromiss aus Kurzstreckenkomfort und Langstrecken-Ergonomie, die Sitze sind für die meisten Staturen auch vielfältig genug adaptierbar. Ledersitze sind beim ID.4 nicht mehr zu bekommen. An das zentrale 12-Zoll-Display mit seinen anfangs nicht immer eingängigen Bedienfunktionen im Smartphone-Design gewöhnt man sich bald. Die Instrumenteneinheit hinter dem Lenkrad ist jedoch zu klein. Daran ändern auch die überschaubar dargestellten Informationen und das darüberliegende Head-Up-Display nichts.

Anders als beim ID.3 gibt es darüber einen sogenannten Augmented-Bereich, wo Fahrhinweise eingeblendet werden. Das sieht so aus als befänden sie sich Bereich vor dem Auto, sie reichern die Realität also an. Daher der Name "Augmented Reality". Beim ID.4 sind es beispielsweise blaue Pfeile, die dem Fahrer im Gegensatz zum Bildschirm-Navigationssystem nahezu idiotensicher die Straße zeigen, in die er abbiegen soll. In ähnlicher Weise lenkt das System den Blick des Fahrers auf mögliche Gefahren.

Der 4,58 Meter lange VW ID.4 überzeugt mit einem ausgewogenen Fahrwerk. Die Lenkung ist betont leichtgängig und lässt etwas mehr Rückmeldung von der Fahrbahn vermissen. Dafür ist der Wendekreis – ermöglicht durch den Heckantrieb – mit 10,20 Metern ungewöhnlich klein für ein Auto mit einem 2,77 Meter langen Radstand. Mit knapp zwei Tonnen ist der Volkswagen bereits ohne Allradantrieb schwer. Das Akkupaket zwischen den beiden Achsen jedoch zentriert das Gewicht um einen niedrigen Schwerpunkt. Man spürt es bei flotter bis sehr ambitionierter Fahrweise, der ID.4 dreht leicht in Kurven und neigt sich kaum spürbar.

Überhaupt bringt der ID.4 seine Kraft, wenn gewünscht, überaus dynamisch und dabei ganz unauffällig auf die Straße. Aus dem Stand sprintet der Elektro-SUV in 8,5 Sekunden auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 160 km/h abgeregelt. Angenehm überrascht einen immer wieder die von den 310 Nm Antriebskraft ganz unbeeindruckte Lenkung, weil man von Autos dieses Formats auf Frontantrieb konditioniert ist.

Mit den verschiedenen Fahrmodi passt sich das Elektro-SUV bei Leistungsabruf und Fahrwerk den Wünschen des Fahrers und den Bedingungen auf der Straße sehr gekonnt an. Wird es schnell und kurvig, geht es im Sportmodus am besten, sonst ist man im Komfortprogramm besser bedient. Bei jeder Geschwindigkeit angenehm niedrig ist das Geräuschniveau dank Feinareit bei der Aerodynamik – der cW-Wert liegt bei 0,28 – und umfangreicher Dämmung.

Der VW ID.4 ist ein richtig gutes Auto mit viel Platz, deutlich besserer Materialanmutung als im kleineren ID.3 und exzellentem Fahrverhalten. In allen Leistungsversionen liegt er im Preis rund 7000 Euro oberhalb des ID.3. Der Verkauf des batterieelektrischen Crossover-Modells startet Anfang kommenden Jahres mit der Edition Pure bei rund 36.950 Euro. Noch in diesem Jahr sind die ersten Modelle der Versionen ID.4 First und ID.4 First Max verfügbar, die deutlich besser ausgestattet jedoch 49.000 bzw. sogar 59.000 Euro kosten.

(fpi)