Vorstellung BMW R 12 S: Hommage in Orange
Die R 12 S soll eine Hommage an die legendäre R 90 S von 1973 sein, die erste Maschine von BMW, die eine Lenkerverkleidung hatte.
- Ingo Gach
Die Entwicklungsabteilung BMW hatte festgestellt, dass die von Hans A. Muth designte R 90 S von 1973, die erste Maschine der Marke mit Lenkerverkleidung, auch heute noch sehr proper wirkt. Interessanterweise präsentierte BMW 2013 die "Concept Ninety" als Auftragsarbeit von Designer Roland Sands. Sie nahm mit der kleinen Verkleidung bereits deutlich Anleihen an der R 90 S und war in einem prägnanten Orange lackiert. 51 Jahre nach der R 90 S und elf Jahre nach der "Concept Ninety" bringt BMW endlich das Serienmotorrad R 12 S auf den Markt.
Strenggenommen handelt es sich bei der R 12 S eigentlich nur um ein Sondermodell der R 12 NineT, denn die ausschlaggebenden Komponenten der R 12 S – Lenkerverkleidung, hintere Sitzbank-Abdeckung, kurzer Kennzeichenträger, Lenkerendenspiegel, Doppelrohr-Auspuff und Drahtspeichenräder – gibt es schon länger im Zubehör von BMW. Einzig die Lackierung "Lavaorange metallic" tauchte bislang nicht im Programm auf.
Gelungenes Retro-Modell
Doch BMW will die R 12 S als eigenständiges Modell verstanden wissen und das Retro-Bike darf wohl als gelungen gelten. Die R 90 S ist als Vorbild ganz klar erkennbar und doch verleugnet die R 12 S nicht die Moderne. Die Lenkerverkleidung ist dem Original verblüffend ähnlich, nur einen Tick kleiner geraten. Auch wenn der 16-Liter-Aluminium-Tank optischer voluminöser wirkt, bunkerte die Vorfahrin sogar zwei Liter mehr im Stahltank.
Die R 90 S zeigte damals als erste BMW einen Heckbürzel hinter der langen Sitzbank – eine Steilvorlage für die heutigen Designer, die aber daraus eine Soziussitz-Abdeckung machten und das Heck wesentlich früher enden lassen. Deshalb ragt dahinter eine kurze Radabdeckung heraus samt Kennzeichenhalter und Blinkern. Auch der vordere Kotflügel zeigt sich erheblich geschrumpfter als beim Original.
BMW R 12 S Teil 1 (7 Bilder)

BMW
)Hohe Detailliebe
Es spricht für die Detailliebe der Entwickler, dass auch die gegabelte Halterung des Kotflügels wieder da ist, wenn auch moderner interpretiert. Vielleicht etwas übertrieben sind die doppelten, übereinander angeordneten Endschalldämpfer auf der linken Seite, obwohl sie an der Basis-R-12-Serie sind, die R 90 S hatte aber ein langgezogenes Auspuffrohr auf jeder Seite.
Ganz klassisch sind die Drahtspeichenräder, Gussfelgen wären hier ein Stilbruch. Als Reifendimension wählt BMW sehr klug die weit verbreitete Kombination 120/70-17 vorne und 180/55-17 hinten, das eröffnet eine weite Auswahl an Reifenmodellen zur Nachrüstung. Zur Entzückung der Nostalgiker finden sich im Cockpit zwei Rundinstrumente mit Zeigern, die Geschwindigkeit und Drehzahl angeben. Als i-Tüpfelchen spendiert BMW noch Lenkerendenspiegel – die sind zwar angesagt, finden sich aber nicht am Ur-Modell.
Orange verbindet
Das Orange – von BMW als "Lavaorange metallic" bezeichnet – dient als Verbindung zur R 90 S, ist aber dunkler geraten als das "Daytona Orange" des Vorbilds. Während die Lackierung der R 90 S auf Tank, Verkleidung und Heck in einen sehr hellen, fast weißen Goldton überging, ist es an der R 12 S eine Farbe, die BMW als "gebürstetes Aluminium" definiert.
Immerhin zeigt aber auch sie die dünne, rote Doppellinierung. Enthusiasten mögen darüber enttäuscht sein, dass BMW nicht die Originalfarbe von 1973 wählte, dennoch steht ihr das "Lavaorange metallic" ausgesprochen gut. Konsequent bekommt die Sitzbank dann auch orangefarbende Nähte verpasst. Auffallend sind zudem die Zylinderkopfhauben mit gefrästen Aluminiumteilen.
Technisch die R 12 NineT
Technisch entspricht die R 90 S wenig überraschend komplett der R 12 NineT. Die bietet aber eine sehr gute Basis, auch wenn der luftgekühlte 1170-cm3-Boxer bereits vor 20 Jahren sein Debüt hatte, steht er immer noch gut im Futter und gilt als sehr zuverlässig. In seiner aktuellen Ausgabe leistet er 109 PS bei 7000/min und bullige 115 Nm bei 8500/min. Die R 12 S soll 220 kg Leergewicht auf die Waage bringen, das sind interessanterweise fünf Kilogramm mehr als das Modell von 1973. Die durchbrach damals als erste BMW mit 67 PS die 200-km/h-Grenze, die Nachfahrin schafft 215 km/h.
BMW R 12 S Teil 2 (8 Bilder)

BMW
)Dynamisch, aber kein Handlingswunder
Auch wenn die R 12 NineT aufgrund eines Radstands von 1511 mm und eines Lenkkopfwinkels von eher flachen 62,3 Grad erfahrungsgemäß kein ausgesprochenes Handlingswunder ist, durcheilt sie Kurven jeglicher Radien flüssig und stellt keinen Fahrer vor Probleme. Die R 12 S misst 795 mm Sitzhöhe, sodass auch Staturen um die 1,70 m noch mit beiden Füßen den Boden erreichen lassen. Die beiden radialen Vierkolben-Bremszangen am Vorderrad samt 310 mm großen Bremsscheiben verzögern sehr ordentlich. Die R 12 S bietet serienmäßig die drei Fahrmodi Rain, Road und Dynamic sowie ABS Pro, DTC, Quickshifter, Keyless Ride, adaptives Kurvenlicht, Tempomat, Berganfahrhilfe und Heizgriffe.
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Nicht billig
BMW preist die ab März 2025 erhältliche R 12 S bei 22.545 Euro ein. Das klingt erst einmal viel, da es die R 12 NineT schon ab 17.410 Euro gibt. Rechnet der Interessent aber die ganzen Extras hinzu, die an der R 12 S bereits serienmäßig vorhanden sind, ist sie sogar billiger, denn allein die Lenkerverkleidung kostet schon 827 Euro.
Den entscheidenden Unterschied macht die orange-silberne Lackierung der R 12 S aus, die gibt es für die R 12 NineT auch nicht gegen Aufpreis. Lustiger Fun Fact am Schluss: BMW bewirbt die R 12 S mit dem Slogan "Let’s paint the town orange", dabei hatte bislang der Konkurrent KTM die Farbe Orange mit den entsprechenden Werbesprüchen für sich gepachtet.
(mfz)