Tarif-Einigung bei VW: 35.000 Jobs sollen sozialverträglich abgebaut werden

Nach ihrem Verhandlungsmarathon haben sich VW und Arbeitnehmervertreter auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. 35.000 Jobs fallen weg, aber ohne KĂĽndigungen.

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Volkswagen in Wolfsburg

In Wolfsburg soll in Zukunft der E-Golf gebaut werden.

(Bild: Aerovista Luchtfotografie/Shutterstock.com)

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Der VW-Konzern und die IG Metall haben sich nach den langen Verhandlungen dieser Woche am Freitag auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Während der neue Tarifvertrag betriebsbedingte Kündigungen sowie die angedrohte Schließung von Werken ausschließt, sollen in den kommenden Jahren rund 35.000 Jobs im Konzern wegfallen.

"Wir hatten uns keine Werksschließungen, keine betriebsbedingten Kündigungen sowie keine Einschnitte beim monatlichen Entgelt als Ziel gesetzt", sagte Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, am Freitagabend in Hannover. "Wir sind froh, dass wir ein Paket geschnürt haben, bei dem keine dieser roten Linien überschritten werden."

Der neue Tarifvertrag hat laut Gröger eine Laufzeit bis Ende 2030. In dieser Zeit seien betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Falls keine Anschlusseinigung gefunden wird, hat sich VW laut Gewerkschaft verpflichtet, im ersten Halbjahr 2031 insgesamt eine Milliarde Euro für die Belegschaft bereitzustellen – Details zur genauen Ausgestaltung blieben allerdings offen.

Dennoch sollen bis dahin 35.000 Jobs im Konzern wegfallen. Der Arbeitsplatzabbau soll "sozialverträglich" passieren. Das könne über das altersbedingte Ausscheiden oder andere Instrumente passieren, sagte der IG-Metall-Funktionär.

Bei der Entgeltfrage gibt es eine Nullrunde für die VW-Beschäftigten. Analog zum Abschluss in der Metall- und Elektroindustrie fließt ein Gehaltsplus von fünf Prozent in zwei Stufen in einen Fonds statt auf die Konten der Angestellten. Damit sollen sich beispielsweise flexible Arbeitszeitsenkungen für einen Teil der Mitarbeiter finanzieren lassen.

"Wir befinden uns in einer Situation, in der die politische Rahmensetzung insbesondere bei Elektromobilität eine Verunsicherung im Markt verursacht hat", sagte Gröger. "Das Ganze spielt sich in einem Umfeld statt, in dem die komplette Industrie in Deutschland unter erheblichem Druck steht."

"Kein Standort wird dichtgemacht, niemand wird betriebsbedingt gekündigt und unser Haustarif wird langfristig abgesichert", sagte Daniela Cavallo, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG. "Mit diesem Dreiklang haben wir unter schwierigsten konjunkturellen Bedingungen eine grundsolide Lösung erkämpft."

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Die Fertigungskapazitäten in den deutschen VW-Werken sollen um über 700.000 Fahrzeuge reduziert werden. Das soll aber nicht über Werksschließungen erreicht werden, sondern eine "solidarische" Verteilung der Produktion auf die verschiedenen Standorte. So soll etwa die Fertigung der Elektroplattform SSP künftig auch im Stammwerk in Wolfsburg stattfinden, das dafür umgebaut wird. Zugleich endet die Fertigung des Verbrenner-Golfs in Wolfsburg und soll nach Mexiko verlagert werden. Das Wolfsburger Werk soll ab 2029 gestaffelt für die Produktion des elektrifizierten nächsten Golf-Modells eingerüstet werden.

In Dresden ("Gläserne Manufaktur") endet die Fahrzeugfertigung Ende des Jahres 2025. Bisher wurde hier der ID.3 endmontiert. "Für die Zeit ab 2026 wird nun ein alternatives Gesamtkonzept erarbeitet", teilte die IG Metall dazu mit. "Die Volkswagen AG wird auch in Zukunft mit eigenen Aktivitäten am Standort präsent sein." In welcher Form ist noch völlig offen

Offen ist auch die Zukunft des Werkes in Osnabrück. Dort soll die Produktion des T-Roc-Cabrio bis "Spätsommer 2027" verlängert werden. "Damit haben wir auch Zeit gewonnen, eine Zukunftsperspektive für die Beschäftigten zu entwickeln", sagte Cavallo. Laut Informationen der Bild-Zeitung wird auch über den Verkauf des Standorts verhandelt, Interessent sei ein Rüstungskonzern.

Update

Im fünften Absatz war zunächst von einer Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent pro Jahr die Rede. Allerdings gibt es nur eine Gehaltserhöhung von fünf Prozent in zwei Stufen gemäß dem Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. Das Geld wird, wie schon in der vorigen Fassung beschrieben, nicht an die Beschäftigten ausgezahlt, sondern wandert in einen besonderen Fonds. Auf der Pressekonferenz der IG Metall am 20. Dezember war zunächst von nicht näher beschriebenen "Personalinstrumenten" die Rede, für die das Geld genutzt werden sollte.

(vbr)