EnBW: Kein Engpass bei der Ladeinfrastruktur fĂĽr E-Autos

Betreiber von Ladesäulen hadern zum Teil mit der aktuellen Auslastung. Das hat Auswirkungen auf die Pläne zum weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur.

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Kia EV6 an Ladesäule

(Bild: Franz)

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Die gute Nachricht vorab: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos ist in den vergangenen Jahren zügig vorangekommen. Zum 1. Februar 2025 meldet die Bundesnetzagentur 161.628 öffentliche Ladepunkte in Deutschland. Das sind rund 30.000 mehr als zu Beginn des vergangenen Jahres. Im zweiten Halbjahr 2024 waren nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Deutschland im Schnitt nur knapp 17 Prozent der öffentlich zugänglichen Ladepunkte zeitgleich belegt.

Mit dem Schnitt ist das allerdings bekanntermaßen so eine Sache. Denn regional gibt es beim Ausbau gewaltige Unterschiede. Gerade in einigen ländlichen Gebieten ist die Ladeinfrastruktur alles andere als flächendeckend aufgestellt, und auch die Auslastung der Ladepunkte ist höchst unterschiedlich. Die aber ist für die Anbieter existenziell: Wo niemand lädt, wird naheliegenderweise auch kein Geld verdient. Der Energiekonzern EnBW hat sein Ausbauziel deshalb schon gedrosselt. "Nach unserer Einschätzung gibt es – Stand heute – keinen Engpass bei der Ladeinfrastruktur", erklärte Vorstand Dirk Güsewell. Eine Einschätzung, die sich auf die lukrativen Standorte bezieht.

Die Größe der Standorte plant der Betreiber EnBW einer Sprecherin zufolge anhand einer in etwa fünf Jahren erwarteten Auslastung. Nicht genutzte Ladepunkte seien also oft auch lediglich "noch nicht" genutzte Ladepunkte, die mit zunehmendem Fahrzeughochlauf stärker genutzt würden. Faktoren bei der Planung seien etwa die Entwicklung bei E-Auto-Zahlen und wie viel Ladeinfrastruktur schon vorhanden ist. Eine Rolle spiele zudem die Quote jener, die zu Hause ihr Fahrzeug laden.

Nur jeder fünfte Ladepunkt ist laut BDEW überdurchschnittlich ausgelastet, vier von fünf also weniger als 17 Prozent. Rund ein Viertel der Ladepunkte in Deutschland sei überhaupt nicht genutzt worden, berichtet die Automobilwoche. Das zeige eine Analyse des Marktdatenspezialisten Elvah von Echtzeitdaten der Ladevorgänge an öffentlich zugänglichen Ladesäulen.

Dem BDEW zufolge schwankt die Auslastung regional zwischen 3 und 40 Prozent. In manchen Regionen sind zu einem beliebigen Zeitpunkt im Schnitt nur 3 Prozent der Ladepunkte belegt. 97 Prozent sind aus Perspektive eines E-Auto-Fahrers frei, wie eine Sprecherin erläuterte. Aktuelle Angaben zu den Regionen machte der BDEW nicht. Im ersten Halbjahr 2024 war die Auslastung im Landkreis Böblingen besonders hoch, in den Regionen Görlitz, Altmarkkreis Salzwedel und Coburg hingegen sehr niedrig.

Aktuelle Autotests

"Die Gründe für die Unterschiede bei der Auslastung sind vielfältig", erklärte BDEW-Chefin Kerstin Andreae in Berlin. Sowohl die Zahl der E-Pkw als auch die Häufung von Ladepunkten einer Region, die Anzahl privater Lademöglichkeiten, aber auch die Ladeleistung könnten die Auslastung beeinflussen. Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums ordnete ein: "Bei der reinen Betrachtung der durchschnittlichen Belegdauer von Ladepunkten pro Tag bleiben wesentliche Aspekte des komplexen Ladeverhaltens unberücksichtigt." Dazu zählten auch die angebotenen Ladetarife und die Aufenthaltsqualität am Ladestandort. "Vor allem variiert die Nutzung stark im Tagesverlauf, abhängig von Tageszeit, Regionstyp und saisonalen Einflüssen." Aus Nutzerperspektive seien vor allem die Zeiten der größten Auslastung von Bedeutung, erklärte sie. Eine flächendeckende Infrastruktur sei wichtig, um in Stoßzeiten wie Ferien Wartezeiten an Ladestationen zu vermeiden.

"Die kontinuierlich geringe zeitgleiche Auslastung zeigt sehr deutlich, dass in Deutschland der Ausbau des Ladeangebots derzeit stärker wächst als die Anzahl von E-Pkw", sagte Andreae. Die Energie- und Ladebranche investiere seit Jahren in die E-Mobilität hierzulande, der privatwirtschaftliche Wettbewerb beim Aufbau von Ladepunkten funktioniere sehr erfolgreich. "Was wir in Deutschland jetzt brauchen, ist ein klares Signal zur Stärkung der Nachfrage von E-Autos", forderte Andreae. Wichtige Aspekte seien, dass die europäischen Flottengrenzwerte für den CO₂-Ausstoß beibehalten werden und günstigere Fahrzeugmodelle. Auch EnBW-Manager Güsewell betonte: "Für einen zielgerichteten Hochlauf der Elektromobilität braucht es aus unserer Sicht keine pauschale Förderung des Infrastrukturausbaus, sondern nachhaltige Anreize für den Kauf von E-Fahrzeugen."

Aktuell betreibt die EnBW deutschlandweit mehr als 6000 DC-Ladepunkte mit einer Leistung von bis zu 400 kW. Im Schnitt fänden E-Autofahrer alle 50 km einen davon. Konzernchef Georg Stamatelopoulos hatte Ende März erklärt, das Unternehmen habe das Ausbauziel für 2030 wegen des verlangsamten Hochlaufs der E-Mobilität von 30.000 auf 20.000 Ladepunkte reduziert. Allerdings gehe EnBW nur von einer zeitlichen Verschiebung aus. "Am langfristigen Trend erwarten wir keine gravierende Veränderung."

(mfz)