Mercedes-Benz Vision Iconic: PV-Lack soll Strom für 12.000 km im Jahr liefern

Mit einer Studie zeigt Mercedes, wie es in der Nobelklasse weitergehen soll. Spannender als das spektakuläre Design ist der Ausblick auf die Technik.

vorlesen Druckansicht 364 Kommentare lesen
Mercedes-Benz Vision Iconic

(Bild: Mercedes-Benz)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Doppelstrategie ist gescheitert: Mercedes wollte in der Luxus-Klasse Verbrenner und E-Antrieb parallel auf jeweils eigenen Plattformen nebeneinander etablieren. Doch obwohl ein Mercedes EQS wirklich überzeugend fährt, konnte auch eine kleine Modellpflege ihm nicht zu jenen Stückzahlen verhelfen, die sich die Strategen erhofft hatten. Mit der Studie Vision Iconic will Mercedes einen Ausblick auf die kommende Ausrichtung in diesem Segment geben.

Das Design ist ungewöhnlich und dürfte es nur an wenigen Stellen so in die Serie schaffen. Gute Chancen hat vermutlich der Kühlergrill, den in ganz ähnlicher Form schon der auf der IAA vorgestellte GLC EQ mitbringt. Die riesigen Felgen mit dem flachen Gummiring und erst recht der absurd lange Abstand zwischen Vorderrad und Tür sowie die extrem geringe Bodenfreiheit sind eine Spielerei von Designern, die es eher nicht zu kaufen geben wird. Selbstverständlich ist auch der Innenraum mit blauem Plüsch, dem Vier-Speichen-Lenkrad im Look der 1930er-Jahre und einer gewaltigen Glas-Zigarre maximal von einem Serienmodell entfernt.

Spannender wird es technisch, zumal Mercedes nur indirekt auf den Antrieb der Studie eingeht. Die auf den ersten Blick verlockende Idee, Autos mit Solarpaneelen auszustatten, ist alles andere als neu – und bislang auch nicht gerade erfolgreich. Mercedes will mit einem neuartigen Lack, in den PV-Elemente integriert sind, der ganzen Sache endlich zum Durchbruch verhelfen. Auf 11 m² Oberfläche ließe sich, bezogen auf den Standort Stuttgart, Fahrenergie für bis zu 12.000 km im Jahr einfangen. Dieser Wert gilt natürlich nur unter idealen Bedingungen und bezieht sich auf den Verbrauch im WLTP. Doch selbst wenn es in der Praxis nur ein Drittel der versprochenen Laufleistung wäre – warum sollte man das eigentlich liegenlassen?

Mercedes-Benz Vision Iconic (10 Bilder)

Die Studie Vision Iconic zeigt ein spektakuläres Design. (Bild:

Mercedes-Benz

)

Die Annäherung an das Thema autonomes Fahren begleitet Hersteller wie Gesetzgeber schon seit einigen Jahren. Bis zum Ende des laufenden Jahrzehnts sollte zumindest in der Luxusklasse Level 4 erreicht sein. Das würde bedeuten: In mindestens (!) einem exakt beschriebenen Szenario kann das Auto alle Situationen allein bewältigen. Herstellern steht es natürlich einerseits frei, dieses Szenario präzise zu beschreiben, schließlich haften sie im Falle eines Unfalls. Andererseits zwingt sie niemand, dieses automatisierte Fahren nur in einem Szenario zu ermöglichen. Mercedes kündigt mit der Studie Level 4 an zwei Stellen an: auf der Autobahn und beim Einparken.

Videos by heise

Solcherlei erfordert einen erheblichen Rechenaufwand, der einen gewissen Strombedarf nach sich zieht – und damit die Reichweite von Elektroautos beschneidet. Nicht nur Mercedes forscht deshalb an künstlichen, neuronalen Netzen. "Neuromorphic Computing" soll die Funktionsweise eines menschlichen Gehirns nachahmen. Ziel ist es, den Energiebedarf hinter Künstlicher Intelligenz zu reduzieren. Mercedes rechnet damit, dass der Strombedarf beispielsweise für das automatisierte Fahren mithilfe von "Neuromorphic Computing" 90 Prozent unter dem liegt, was aktuelle Chips beanspruchen.

(mfz)