Elektroauto Volvo ES90 im ersten Fahrbericht: Der leise Cruiser

Hat Volvo aus dem misslungenen Start des E-SUV EX90 gelernt? Eine erste kurze Probefahrt mit der Limousine ES90 gibt Anlass zur Hoffnung.

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Volvo ES90

(Bild: Volvo)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Das Angebot an Limousinen ist in den zurĂĽckliegenden Jahren ziemlich geschrumpft. Volvo, inzwischen in der Hand des chinesischen Geely-Konzerns, versucht es mit der Kombination aus Luxus, FlieĂźheck und batterieelektrischem Antrieb samt 800-Volt-Netz. Wir konnten bereits eine kurze Proberunde mit dem ES90 drehen.

Der ES90 erstreckt sich auf 5 m Länge, von denen 3,1 m auf den Radstand entfallen. Vorn wie hinten gibt es wie erwartet reichlich Platz und sehr bequeme, klimatisierte Sitze. Die Verarbeitung ist sorgfältig, und die Auskleidung durchweg hochwertig – zumindest wenn in das Nappaleder-Paket oder die teuerste Ausstattungslinie mit Wollbezügen investiert wurde. Der serienmäßige Kunstleder-Bezug schmeichelt den Händen nicht unbedingt. Eine herbe Enttäuschung dürfte für viele der Kofferraum sein, der mit 424 Litern für ein Auto dieses Formats geradezu lächerlich klein ist. Wer die Rücksitze umlegt, kann bis zu 733 Liter einladen. Hinzu kommt ein Fach unter der vorderen Haube mit 22 Litern.

Volvo ES90 (7 Bilder)

Der Innenraum ist sauber verarbeitet und edel ausgeschlagen. (Bild:

Volvo

)

Für viele Kunden dürfte bereits die Basisversion eine gute Wahl sein. Denn von einem 245 kW starken Motor an der Hinterachse angetrieben, ist bereits dieser ES90 gut motorisiert. Ohnehin trägt der ES90 wenig Sportliches in sich und mimt flüsterleise gekonnt einen Cruiser. Dafür sollten Interessenten die größten verfügbaren Felgen mit 22 Zoll außen vorlassen, denn das lässt den ES90 auf schlechten Straßen selbst mit der Luftfederung rumpelig erscheinen. Da sind 21- oder gar 20-Zöller die bessere Wahl. Lenkung, Federn und Dämpfer sind mit viel Routine geschickt abgestimmt. Fahrer und Insassen werden abgeschirmt von den Eindrücken schlechter Fahrbahnen – genau das, was man von einer Limousine dieses Formats erwartet.

Was dem Volvo ES90 ebenso wie dem SUV EX90 fehlt, ist ein erweitertes Fahrerassistenzpaket, das die Unterstützung von automatisiertem Fahren auf Level drei anbietet. Der Pilot Assist (Level 2) funktioniert bis Tempo 150 und kostet 2400 Euro extra. Er soll beispielsweise beim Spurwechsel auf der Autobahn unterstützen. Immer eingebaut ist ein Lidar an der vorderen Dachkante. Irgendwann wird damit sehr wahrscheinlich hochautomatisiertes Fahren auf Level 3 möglich sein – auch für Bestandsfahrzeuge. Das Drama, das Volvo mit dem Hardwaretausch im Herzen des E-SUV EX90 durchgemacht hat, soll sich keinesfalls wiederholen. Im ES90 ist die zentrale Recheneinheit ein Nvidia-Drive-Prozessor. Er soll so viele Reserven haben, dass bis zu einem gewissen Grad künftige Anforderungen mit abgedeckt sind.

In jedem Volvo ES90 serienmäßig: Lidar-System an der vorderen Dachkante

(Bild: Volvo)

Die Google-basierte Bedienung ist gewohnt puristisch und funktioniert prächtig. Das neun Zoll große Kombiinstrument hinter dem Lenkrad ist an sich groß genug, die Darstellung dürfte allerdings gerne etwas größer sein. Das Armaturenbrett wird von dem 14,5 Zoll großen Touchscreen dominiert und der Fahrer bekommt wichtige Infos per Head-up-Display. Nicht optimal sind die versenkbaren Türgriffe zu fassen. Das große Glasdach ist für die Basis zwar serienmäßig, doch eine elektrochromatische Verschattung gibt es optional erst ab der mittleren Version. Öffnen lässt es sich grundsätzlich nicht.

Besondere Aufmerksamkeit bekommt der Antrieb und seine Energieversorgung. Volvo bietet zunächst drei Leistungsstufen an. Das Basismodell mit Heckantrieb hat schon 245 kW und 480 Nm. Damit gelingt der Sprint auf Tempo 100 in 6,6 Sekunden. Wie in den anderen Modellen ist grundsätzlich bei 180 km/h Schluss. Die Allradmodelle sind mit 335 bzw. 500 kW nochmals erheblich flotter im Standardsprint. Vermisst haben wir das im Basismodell leistungsmäßig wirklich überhaupt nicht. Der ES90 ist ein komfortabler Gleiter, kein Auto, das zum raschen Eilen durch Kurven reizt.

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Das Basismodell bietet eine Batterie mit 88 kWh netto und kann in der Spitze mit bis zu 310 kW laden. Nach 22 Minuten sollen die 70 Prozent zwischen 10 und 80 Prozent Ladestand nachgefüllt sein. Das entspräche knapp 62 kWh und einer durchschnittlichen Ladeleistung in diesem Fenster von rund 168 kW, zu denen die Ladeverluste noch hinzugerechnet werden müssen. Die teureren Modelle bieten nutzbare 102 kWh und kommen ebenfalls auf 22 Minuten für die Ertüchtigung von 10 auf 80 Prozent. Die durchschnittliche Netto-Ladeleistung liegt demnach bei etwa 195 kW. Volvo verspricht im WLTP eine Reichweite zwischen 647 und 700 km.

Der Volvo ES90 liefert im Kern, was versprochen wird. Einige kleine Schwächen wären allerdings leicht zu vermeiden gewesen.

(Bild: Volvo)

Volvo betrachtet sich als Mitspieler in der Premiumliga und formuliert daher durchaus selbstbewusste Preisvorstellungen. Das Basismodell liegt bei 71.990 Euro und damit ungefähr dort, wo sich Audi und BMW mit vergleichbaren Modellen auch tummeln. Die Serienausstattung des ES90-Grundmodells ist bereits ziemlich umfangreich. Unter anderem gehören die Möglichkeit, den Schlüssel auf das Smartphone zu verlegen, Wärmepumpe und Vierzonen-Klimaautomatik immer mit dazu. Ärgerlich ist dagegen, dass es einige Optionen nicht für das Einstiegsmodell gibt: Luftfahrwerk, Soundsystem von Bowers & Wilkins oder eine Alternative zu den Kunstlederbezügen liefert Volvo erst ab der zweiten Ausstattungslinie "Plus". Sie kostet 4000 Euro mehr, was Interessenten in dieser Liga vermutlich nicht in Verlegenheit bringen wird. Sie werden sich allerdings sehr wohl darüber wundern, dass die Allradmodelle derzeit nur in Verbindung mit der teuersten Ausstattung "Ultra" zu haben sind. Das hebt deren Preis auf mindestens 88.990 Euro. Man darf gespannt sein, wie lange Volvo sich eine derart rigide Preispolitik leisten kann.

(mfz)