ESA-Sonde schwenkt in Umlaufbahn um Venus ein [2. Update]

Die "Venus Orbit Insertion" für die Venus Express hat geklappt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 139 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Eine der kritischsten Phasen in der Venus-Mission der ESA ist glücklich überstanden: Die so genannte Venus Orbit Insertion hat funktioniert. Nach einer Drehung der Sonde Venus Express am heutigen Dienstagmorgen gegen 8 Uhr (nach Erdzeit beziehungsweise CEST) zündete pünktlich um 9:17 das Haupttriebwerk. Ziel der Aktion: Die Venus Express sollte so weit abgebremst werden, dass sie in eine Umlaufbahn um die Venus eintritt. Dazu musste die Reisegeschwindigkeit von zuletzt 29.000 Kilometern pro Stunde um rund 15 Prozent abgesenkt werden.

Der Abbremsvorgang dauerte rund 50 Minuten, danach konnte das ESA-Kontrollzentrum das erfolgreiche Einschwenken der Venus Express in die Umlaufbahn um die Venus melden. Um 10:07 bestätigte das European Spacecraft Operations Centre (ESOC) das Ausschalten des Haupttriebwerks und das damit erfolgreiche Einschwenken in die Venus-Umlaufbahn. Danach folgten noch einige automatische Korrekturen an der Ausrichtung der Sonde. Die Operation sei sehr präzise abgelaufen, hieß es bei der ESA.

Anschließend wurden Manöver eingeleitet, um die Antennen der Venus Express zur Erde auszurichten, damit die Kommunikation mit dem Kontrollzentrum wieder vollständig etabliert werden kann: Während des Bremsmanövers ließen sich die High-Gain-Antennen für die Kommunikation im X-Band (8 bis 12 GHz) nicht benutzen, lediglich die Low-Gain-Antennen für die Kommunikation im S-Band (2 bis 4 GHz) waren einsetzbar. Im Verlauf des Bremsmanövers konnte das ESOC zudem die Sonde für 10 Minuten überhaupt nicht erreichen, da sie in dieser Zeitspanne von der Erde aus gesehen hinter der Venus flog. Sobald das Kontrollzentrum die Sonde wieder erreichen kann und erste Telemetriedaten übermittelt werden, lässt sich auch feststellen, ob die Venus Express das Bremsmanöver unbeschadet überstanden hat.

[Update: Mittlerweile empfängt das ESOC erste Daten von der Venus Express. Um 11:12 Uhr kam laut der europäischen Raumfahrtorganisation die Verbindung zur Sonde zustande; die Datenübertragung soll insgesamt mehrere Stunden in Anspruch nehmen.]

[2. Update: Die ESA bezeichnete das Einschwenken der Venus Express in eine Umlaufbahn um die Venus mittlerweile als "vollständigen Erfolg". Europa habe eine neue planetarische Glanzleistung geschafft.

Während der Anschlusspressekonferenz der ESA nach dem erfolgreichen Erreichen der Venusumlaufbahn erklärten Missonsverantwortliche, man habe viel Treibstoff gespart – die ESA hatte Venus Express für eventuelle Probleme beim Start und für einige Kurskorrekturen während des Flugs zur Venus betankt. Diese Vorräte seien praktisch nicht gebraucht worden, da der Start völlig problemlos vonstatten gegangen und der Flug sehr präzise abgelaufen sei. Daher habe man nun genug Treibstoff an Bord für mindestens viereinhalb Jahre, könne aber wohl auch für bis zu sechs Jahre den Betrieb der Sonde gewährleisten.

Von Mars Express habe man viel für die Venus-Mission gelernt, hieß es bei der ESA auf Fragen von Journalisten. Bei der europäischen Mars-Mission misslang zwar der Versuch, den Landeroboter Beagle2 sicher auf die Marsoberfläche hinunter zu bringen, die Sonde Mars Express aber konnte ihre wissenschaftlichen Aufgaben durchführen.

Bei Venus Express seien sowohl die Systeme an Bord als auch die Software aufgrund der Erkenntnisse aus der Mars-Mission überarbeitet worden, erklärten ESA-Manager. Die beiden Missionen hintereinander durchzuführen und mit der ersten Mission auch Erfahrungen für die Venus-Sonde zu sammeln, habe zu einigen Kosteneinsparungen geführt; die Gesamtkosten seien weit geringer gewesen als bei Neuentwicklung beider Sonden von Grund auf. Es gebe grundlegende Unterschiede zwischen Mars Express und Venus Express aufgrund verschiedener Aufgaben sowie unterschiedlicher Flug- und Umgebungsbedingungen; beide Sonden hätten aber so viel miteinander gemeinsam, dass man sie als Bruder und Schwester bezeichnen könne.]

Im Verlauf der kommenden Tage erfolgen dann eine Reihe zusätzlicher Zündungen zum Senken des Apozentrums (planetenfernster Punkt) der Umlaufbahn und zum Halten des Perizentrums (planetennächster Punkt). Ziel ist es, bis Anfang Mai eine 24-stündige Bahn um die Venus zu erreichen. Hätte die Raumsonde das Zeitfenster zum Einschwenken verpasst, wäre es laut ESA "extrem problematisch" gewesen, "das Vorhaben zu Ende zu bringen".

Die Anfang November 2005 vom kasachischen Kosmodrom Baikonur aus ins All gestartete Raumsonde Venus Express soll die Atmosphäre, die Ionosphäre sowie die Oberfläche der Venus untersuchen. Von den Ergebnissen der Mission erhoffen sich die Wissenschaftler weitere Hinweise zur Entstehung unseres Sonnensystems und ein besseres Verständnis der klimatischen Veränderungsprozesse auf der Erde. Angelegt ist die Forschungsmission auf mindestens 500 Erdentage oder zwei komplette Eigenrotationen der Venus.

Zu Venus Express siehe auch:

Siehe dazu auch in Telepolis: (jk)