USA bestehen auf Oberaufsicht über DNS-Rootzone

Zwar könne man die Internet-Verwaltung weiter in die Unabhängigkeit entlassen, die Oberaufsicht über Änderungen an der Rootzone als maßgeblichem Wurzelverzeichnis des DNS gebe man aber nicht auf, erklärten US-Vertreter.

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Von
  • Monika Ermert

Die US-Regierung will die generelle Aufsicht über die private Netzverwaltung durch die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) in der Zukunft zwar abgeben, aber nicht die Aufsicht über Änderungen in der Rootzone des Domain Name System (DNS). Die Rootzone ist die oberste Ebene des hierarchischen DNS-Systems, das unter anderem für die Umsetzung der einfacher zu handhabenden Domainnamen auf die numerischen IP-Adressen zuständig ist: Die Rootzone bildet die Wurzel für den Stamm des Namensbaums im DNS.

Die US-Haltung zur ICANN und zur Rootzone-Aufsicht erläuterte John Kneuer, Chef der beim US-Handelsministerium für die ICANN zuständigen National Telecommunications and Information Administration (NTIA), bei der mit Spannung erwarteten Anhörung der ICANN-Aufsichtsbehörde zur Zukunft der DNS-Verwaltung. "Diese Anhörung zeigt nicht zuletzt, dass wir uns der Privatisierung von ICANN verpflichtet fühlen", betonte Kneuer. Die Stellungnahme, die der damalige NTIA-Chef Michael Gallagher vor einem Jahr abgegeben hatte, sei in dieser Hinsicht überinterpretiert worden, sagte Kneuer. "Wir wollen nicht alle Aufgaben, die wir historisch übernommen hatten, behalten", sondern "nur" die Aufsicht über Veränderungen in der Rootzone, "die IANA-Funktion, die klar davon getrennt ist", führte der US-Offizielle weiter aus. Die Internet Assigned Numbers Authority (IANA), die die maßgeblichen Unterlagen und Datenbanken über das DNS und die IP-Adressen betreut, veranlasst Änderungen in der Rootzone, die von VeriSign als Dienstleister umgesetzt werden. Auch mit VeriSign als technischem Dienstleister für das Rootzonen-Management hat die US-Regierung einen eigenen Vertrag.

Eine klarere Stellungnahme der US-Regierung, was Internationalisierung bei der Aufsicht genau bedeute, forderte Bill Graham, Director International Telecommunications Policy, im kanadischen Wirtschaftsministerium. Er war als einziger ausländischer Regierungsvertreter auf eines der Diskussionspanel während der Anhörung geladen. Die US-Regierung könne festhalten, dass sie die Aufsicht über die Rootzone behalte, meinte Graham: "Wir sind nicht unglücklich über die aktuelle DNS-Aufsicht." Allerdings sollte sich die US-Regierung gleichzeitig festlegen, dass man sich "auf die Fälle beschränkt, in denen Sicherheit und Stabilität dies erforderlich machen." Auf eine Frage der US-Anwältin Becky Burr, die eine Art Sicherheitsrat für die Rootaufsicht vorgeschlagen hatte, nannte Graham eine solche multilaterale Aufsicht mit kurzen Deadlines für Entscheidungen denkbar. Eine UN-Aufsicht lehnte Graham ab, "einfach weil das zu groß und zu kompliziert wird."

Innerhalb des Regierungsbeirates der ICANN sei es wichtig, sich vom Muster klassischer diplomatischer Verhandlungen zu lösen und stärker auf den Austausch mit den verschiedenen Interessengruppen zu setzten, betonte Graham. Eine sofortige Privatisierung nach dem Auslaufen des Memorandum of Understanding zwischen US-Regierung und ICANN lehnte er ebenso wie die Mehrheit der bei der dreistündigen Anhörung geladenen Experten ab. ICANN müsse vorher wesentliche Fortschritte etwa bei der Transparenz machen. ICANN fälle bindende Entscheidungen und müsse diese dementsprechend dokumentieren und dafür auch klare Prozesse haben.

Vor allem die Vertreter verschiedener US-Unternehmen und Verbände warnten vor einer sofortigen Privatisierung von ICANN. Und wenn es nach Michael Heltzer, Manager bei der International Trademark Association, geht, sollten künftig Unternehmensgruppen und Markeninhaber mindestens ebenso viel zu sagen haben wie Registrare und Registries. Vertreter von Verbraucherschutz- und Bürgerrechtsorganisationen konterten allerdings, dass derzeit die so genannten Business-Nutzer ein Übergewicht innerhalb der ICANN-Gremien hätten.

David McGuire vom Center for Democracy and Technology wandte sich allerdings wie die Unternehmensvertreter gegen eine Privatisierung. Seine Befürchtung richtet sich allerdings mehr gegen eine mögliche Übernahme der ICANN durch andere Regierungen oder die UN. Für eine sofortige oder doch zumindest rasche Privatisierung sprachen sich dagegen die Akteure im Netz der ICANN-Organisationen, darunter Ray Plzak, Präsident der amerikanischen IP-Adressvergabestelle ARIN und derzeitiger Chef der Number Resource Organisation (NRO), und die DNS-Entwicklerin Suzanne Woolf vom Internet Systems Consortium. Das ISC betreibt einen der 13 Root-Nameserver; Woolf betonte das Erfolgskonzept: keine zentrale Kontrolle und Diversität der Systeme.

Siehe zur Diskussion um die Zukunft der Internet-Verwaltung auch:

(Monika Ermert) / (jk)