US-Regierung: Klage gegen Finanzdatentransfer gefährdet Staatsgeheimnisse

Zwei Kunden von US-Banken sind bei ihrem gerichtlichen Vorgehen gegen das internationale Finanztransaktionsnetzwerk SWIFT und die Weitergabe von Überweisungsdaten an US-Sicherheitsbehörden auf den Widerstand der Bush-Regierung gestoßen.

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Zwei Kunden von US-Banken sind bei ihrem gerichtlichen Vorgehen gegen das internationale Finanznetzwerk SWIFT und dessen Weitergabe von Überweisungsdaten an US-Sicherheitsbehörden auf den Widerstand der US-Regierung gestoßen. Die Bush-Regierung hat im Vorfeld einer Anhörung in dem Fall vor einem Bundesgericht in Alexandria im Bundesstaat Virginia laut einem Bericht der International Herald Tribune signalisiert, dass sie "Staatsgeheimnisse" in Gefahr sehe. Dieses Argument entwickelt sich immer mehr zu einer Standardbegründung Washingtons, um unliebsame juristische Klagen in den USA zu blockieren. Vor allem im Rahmen des Vorgehens von Bürgerrechtsvereinigungen gegen das Überwachungsprogramm der National Security Agency (NSA) im Telekommunikationsbereich hat sich die US-Regierung wiederholt dieser Methodik bedient. Ein Berufungsgericht in San Francisco hat den Ansatz jüngst aber in Frage gestellt.

In der Klage wegen der SWIFT-Affäre hat das US-Justizministerium nun erneut behauptet, dass der Fall "streng vertrauliche Informationen" enthüllen und entscheidende Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit aushebeln könnte. Geht es nach der Regierungsbehörde, sollte das Verfahren daher eingestellt werden. Der Chicagoer Anwalt der beiden Bankhäuser hält dagegen, dass die von dem belgischen Finanzkonsortium ermöglichte Beschnüffelung der Überweisungsinformationen "ein Beispiel für eine Überreaktion der Regierung im Orwellschen Sinne ist". Dadurch würden Geheimdienste unkontrollierten Zugang zu privaten Finanzinformationen erhalten, der mit den US-Verfassungswerten nicht zu vereinen sei.

Über die Datennetze von SWIFT werden täglich internationale Überweisungen mit einem Volumen von etwa 4,8 Billionen Euro abgewickelt; am Tag mit den bislang meisten Transaktionen wurden fast 16 Millionen Banken-Transaktionsnachrichten abgewickelt. Vergangenes Jahr war bekannt geworden, dass US-Sicherheitsbehörden Einblicke in die SWIFT-Server erhalten und anfallende Informationen auswerteten. Das Bankenkonsortium hat seine Zentrale in Belgien, die Daten fließen aber auch meist durch eine US-Filiale, von der sie unter anderem die CIA angeblich zu Zwecken der Terrorbekämpfung abgreifen kann.

Die EU-Kommission will dem weiteren Transfer von Finanzdaten an die USA durch SWIFT trotz heftiger Kritik von Datenschützern keine Steine in den Weg legen. Zufrieden stellt die Brüsseler Behörde, dass das Bankennetzwerk für sein Daten-Center in den USA eine "Safe Harbor"-Regelung anstrebt. Demnach will sich das Finanzunternehmen freiwillig zur Einhaltung angemessener Regeln des Datenschutzes auch in den Vereinigten Staaten nach EU-Maßstäben verpflichten und so personenbezogene Informationen weiter dort verarbeiten dürfen. Gleichzeitig können US-Sicherheitsbehörden gemäß diesem Prinzip aber weiterhin zum Schutz der nationalen Sicherheit oder des öffentlichen Interesses sowie zur Strafverfolgung auf die Überweisungsdaten zugreifen. SWIFT hatte zuvor aber selbst angekündigt, europäische Zahlungsdaten in Europa zu belassen und somit einen Datenzugriff der US-Behörden zu unterbinden. Bislang ist nicht bekannt, ob der Freibrief der Kommission bei dem Konsortium zu einem Gesinnungswandel geführt hat.

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(Stefan Krempl) / (jk)