Renault und Caterham gehen eine Sportwagen-Ehe ein

Eine gute Nachricht für alle, die sich an den Renault Alpine erinnern: Renault will zukünftig gemeinsam mit der britischen Sportwagenschmiede Caterham Sportwagen bauen. Die ersten Fahrzeuge sollen in drei bis vier Jahren auf den Markt kommen

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Einen Wink mit dem Zaunpfahl gab Renault schon im Frühjahr. Ist der Alpine A 110-50 der Vorbote eines neuen Renault Alpine?
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Von
  • Gernot Goppelt
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Paris, 5. November 2012 – Eine gute Nachricht für alle, die sich an den Renault Alpine erinnern: Renault will zukünftig gemeinsam mit der britischen Sportwagenschmiede Caterham Sportwagen bauen. Laut Vereinbarung übernimmt die Caterham-Gruppe 50 Prozent der "Société des Automobiles Alpine Renault", die bisher allein Renault gehört. Die neuformierte Société des Automobiles Alpine Caterham soll "komplett eigenständige Modelle entwickeln, die dem jeweiligen Markenkern entsprechen". Das Unternehmen beginnt im Januar 2013 mit seiner Arbeit, die ersten Fahrzeuge sollen in drei bis vier Jahren auf den Markt kommen.

Details zu neuen Fahrzeugen nennt Renault noch nicht, aus der Pressemeldung lässt sich nur schließen, dass in denen neuen Fahrzeugen irgendwie die Traditionen von Alpine und Caterham weiterleben sollen. Es klingt nicht so, als ob Caterham von den Franzosen geschluckt werden soll. Renault arbeitet mit Caterham bereits in der Formel 1 zusammen, wo der französische Hersteller das Caterham-F1-Team mit dem RS27-Achtzylinder und technischer Unterstützung versorgt. Im zivilen Bereich kennt man Caterham vor allem als Produzenten kompromissloser Leichtbau-Fahrmaschinen. Der Renault Alpine, gerade 50 Jahre alt geworden, war auf andere Weise ebenfalls ein kompromissloser Sportler, hecklastig, schwer zu beherrschen und allein deswegen extrem flink, weil nur 575 Kilogramm zu bewegen waren.

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Einen Wink mit dem Zaunpfahl gab Renault schon im Frühjahr. Ist der Alpine A 110-50 der Vorbote eines neuen Renault Alpine?

Die neuen Fahrzeuge des französische-britischen Unternehmens sollen im traditionsreichen französischen Alpine-Werk Dieppe an der Kanalküste entstehen. Es sind "eigene Groß- und Kleinserienmodelle beider Hersteller" vorgesehen, was auf neu konstruierte Sportwagen ebenso hinweist wie auf "Alpine"-Versionen von Renault-Modellen wie dem Clio oder dem Mégane. Das Werk Dieppe wurde 1969 gegründet und war Produktionsstätte von Alpine-Sportwagen wie dem A 110 und A 310. Zudem soll eine gemeinsame Entwicklungsabteilung entstehen. Dabei greift man auf die Erfahrung von Renault Sport Technologies und der Caterham-Tochter Caterham Technology and Innovation (CTI) zurück. CTI mit Sitz in Hingham (Norfolk) befasst sich unter anderem mit modernen Werkstoffen und der Leistungssteigerung von Motoren.

"Die wegweisende Partnerschaft ermöglicht die Realisierung eines lange gehegten Traums: den Bau eines Sportmodells mit den Alpine-Genen. Sie bietet darüber hinaus eine einmalige Gelegenheit für den Standort Dieppe und den Ausbau seines Know-hows", sagt Renault-Chef Carlos Ghosn. Heißt wohl: Der Renault Alpine wird einen Nachfolger bekommen, aber mithilfe von Caterham noch konsequenter auf Sport getrimmt. Caterham wird umgekehrt Sportwagen auf den Markt bringen, die sich bei der Antriebstechnik bei Renault bedienen. Der Chef des neuen Unternehmens, Bernard Ollivier, formuliert es so: "Die Road Map ist ganz einfach: Wir respektieren die jeweilige DNA von Renault und Caterham."

Es ist nicht das erste Mal, dass Renault auf die Entwicklungskompetenzen britischer Entwickler setzt. Der Renault Clio Sport V6 24V der 1990er entstand in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsdienstleister TWR (nicht zu verwechseln mir dem US-Zulieferer TRW), der 1976 als Tom Walkinshaw Racing gegründet wurde. Die erste Generation des Mittelmotor-Clios wurde im schwedischen TWR-Werk montiert, die zweite Generation ab 2003 im Alpine-Werk Dieppe. TWR hatte 2002 Insolvenz anmelden müssen. Mehr als ein Dutzend Motorsport-Ingenieure von TWR wechselten seinerzeit zu Renault.

Mit der Studie A110-50 zeigte Renault bereits, wie ein moderner Nachfolger des Straßensportwagens aussehen könnte. Gut möglich, dass die "Société des Automobiles Alpine Caterham" aber noch mehr hervorbringt. Renault baut derzeit in Dieppe für Endkunden nur den Clio R.S. mit 1,6-Liter Turbo und 200 PS. Das ist sicher ein flottes Sportlerle, aber was fehlt, ist eine richtig unvernünftige Knallbüchse fürs Herz, wie ihn der Clio Sport mit Mittelmotorkonzept darstellte. Viel flotter als der R.S. war er eigentlich auch nicht, aber eben ganz anders, laut, brutal.

Weniger klar ist, was Caterham vorhat. Das Unternehmen teilte gestern mit, dass die Produktion der bewährten Modelle in Großbritannien verbleibt und im Werk ein "gewagter" neuer Sportwagen enstehen soll. Ein aus gerade einmal drei Linien bestehendes Bild auf der Homepage des Herstellers deutet darauf hin, dass es sich um einen geschlossenen Sportwagen handeln könnte, der demnach vermutlich die Plattform mit dem neuen Renault Alpine 110 teilt. Das britische Automagazin Autocar will zudem erfahren haben, dass Caterham auch bei anderen Modellen auf Motoren von Renault umsteigen könnte. Auf die Frage, ob auch weitere zukünftige Modelle zusammen mit Renault gebaut werden könnten, sagt Caterham-Chefingenieur Mike Gascoyne: "Sie steigen nicht in ein Jointventure ein, wenn Sie nicht auf eine Zusammenarbeit hoffen." (ggo)