BMW und Toyota kooperieren heftig
BMW und Toyota machen ernst: Die Autobauer haben einen Vertrag zur gemeinsamen Entwicklung von Brennstoffzelle, Architektur und Komponenten eines Sportwagens sowie zur gemeinsamen Forschung und Entwicklung von Leichtbau-Technologien unterzeichnet
- Gernot Goppelt
München/Köln, 24. Januar 2013 – BMW und Toyota machen ernst: Nachdem sie Mitte 2012 bereits eine intensive Zusammenarbeit angekündigt hatten, haben sie heute einen Vertrag zur gemeinsamen Entwicklung von Brennstoffzellen und Komponenten eines Sportwagens sowie zur gemeinsamen Forschung und Entwicklung von Leichtbau-Technologien unterzeichnet.
Luftig-leicht
Zudem wollen die Unternehmen zusammen an "Lithium-Luft-Batterien" forschen. Diese Technologie ist deswegen hochinteressant, weil sie weitaus höhere Energiedichten verspricht als Lithium-Ionen-Batterien. Sie könnte somit eines der Kerndilemmas der Elektromobilität lösen: Mit Lithium-Ionen-Batterien lassen sich heute hohe Reichweiten nur mit einem Zusatzgewicht- und -volumen erreichen, das nicht praktikabel ist. Lithium-Luft-Batterien erlauben nach Meinung von Experten eine bis zu zehnfache Energiedichte – etwa 1000 Wh pro Kilogramm. Sollte sich das bestätigen, würde zum Beispiel eine 30-kg-Batterie genügen, um bei einem Kleinwagen eine Reichweite von rund 200 Kilometer möglich zu machen. Und Hybridkonzepte könnten mit vernachlässigbar kleinen Batterien realisiert werden.
Wasserkraft
Das würde zum Beispiel für die Brennstoffzellen-Technik gelten, die beide Unternehmen gemeinsam entwickeln wollen. Auch Brennstoffzellenautos brauchen eine Batterie, um Energie zu rekuperieren und zu puffern. Da dafür kleine Energieinhalte wie etwa 2 kWh genügen, würde das Batteriegewicht praktisch keine Rolle mehr spielen. In der Kooperation von BMW und Toyota soll ein grundlegendes Brennstoffzellen-Fahrzeugsystem entwickelt werden, das auch die Bereiche Wasserstofftank, Motor und Batterie umfasst. Außerdem wollen die beiden Autobauer gemeinsame "Codes und Standards" entwickeln, die für die Verbreitung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen erforderlich sind. Fast in Vergessenheit geraten scheint mittlerweile, dass BMW den Wasserstoff lange nur als Kraftstoff für den Verbrennungsmotor sah. Hier scheint sich die Meinung ein wenig geändert zu haben.
Sportsfreunde
Bis Ende 2013 soll eine Machbarkeitsstudie zu einer gemeinsamen Plattform für einen mittelgroßen Sportwagen entstehen. Wer dabei welche Expertise einbringt, wird nicht gesagt – man will die "jeweiligen Technologien und Fertigkeiten abzustimmen". Auf jeden Fall wollen BMW und Toyota aber im Bereich der Sportwagen-Entwicklung weiterhin zusammenarbeiten. Wie wäre es denn zum Beispiel mit einem BMW mit Boxermotor? Der Toyota GT86 hat bekanntlich einen, wenn auch im Kern eine Subaru-Entwicklung. Es sei einmal dahingestellt, ob sich eine solche Idee damit vereinbaren ließe, das BMW eigentlich selbst Boxermotoren entwickeln könnte. Andererseits: Attraktiver als ein Reihenvierzylinder wären sie für die Marke allemal und über die Stückzahlen wäre der per se teure Boxer vielleicht auch rentabel zu fertigen.
Materialmix
Im vierten Bereich der Kooperation, dem Leichtbau, dürfte BMW einen gewissen Vorsprung einbringen, denn das Unternehmen hat den Leichtbau seit längerem als einen wichtiges Entwicklungsbereich identifiziert, um Fahrzeuge sparsamer zu machen. Sollte es tatsächlich gelingen, die Energiedichte von Batterien deutlich zu erhöhen, wird sich der Leichtbau-Druck auf den ersten Blick zwar verringern. Allerdings ist Leichtbau in Wirklichkeit schon seit gut zwei Jahrzehnten ein Thema, weil Autos auch aufgrund zunehmender Sicherheitstechnik zu schwer geworden sind. Erst in jüngerer Zeit ist in der Großserie eine Umkehr zu sehen, als Beispiele mögen der neue Golf und seine Derivate oder der Peugeot 208 dienen. Toyota und BMW wollen zum Beispiel gemeinsame Verbundwerkstoffe entwickeln, die dann bei den Sportwagen, aber auch in der Großserie zum Einsatz kommen sollen.
Motorentausch
Bereits Ende 2001 hatten die beiden Unternehmen vereinbart, dass BMW Dieselmotoren an Toyota liefert, was den Japanern Entwicklungsarbeit in einem Bereich spart, der für sie nicht sonderlich attraktiv ist – denn bisher interessieren sich fast nur die Europäer für Dieselmobile. Was könnte eigentlich Toyota im Gegenzug liefern? Würde ein leistungsverzweigter Hybrid zu BMW passen? Könnten die Boxermotoren von Subaru eine Option sein? Beides erscheint derzeit nicht wahrscheinlich. Toyotas Hybridkonzept passt nicht so recht zum dynamischen BMW-Image und Subaru hätte nichts von einem Boxer-Deal. Im Hauptmarkt Nordamerika konkurrieren die beiden Marken imagemäßig, Boxer-Motoren in einem BMW könnten Subaru kannibalisieren. Eher schon vorstellbar wäre ein hybridisierter Boxer, der in einem GT86-Nachfolger und einem BMW-Derivat zum Einsatz kommt, warum denn eigentlich nicht, es ist aber zugegebenermaßen nur ein bisschen Spinnerei …
Ein starkes Team?
Eines kann man allerdings guten Gewissens konstatieren: Wenn die Zusammenarbeit zwischen den beiden Autoherstellern funktioniert, kommen zwei stark technologiegetriebene Unternehmen zusammen, die noch dazu mit einigen originellen Lösungen aufwarten können. Sofern es auch kulturell zusammenpasst, wird es für Volkswagen nicht einfacher, im Weltmarkt an Toyota vorbeizuziehen. (ggo)