Seats 124 D Especial 2000 war eine kräftige Interpretation des internationalen Fiat 124.

Der 124 ging einmal um die Welt.

Das Gesicht des Seat 124 D Especial 2000 zeigt die unverkennbare Zugehörigkeit zum großen Clan der 124er. Wir erzählen die Familiengeschichte einer der meistgebauten Autokonstruktionen der Welt.

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Jetzt nur nicht Lada sagen: Wir waren mit dem Seat 124 D Especial 2000 unterwegs. 20 Bilder
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Bregenz (Österreich), 21. Mai 2013 – Ein eckiges rotes Auto rollt in ein Dorf im Allgäu. Man kennt das Auto nicht, und doch kennt man es irgendwie. Es handelt sich um einen Seat 124 D Especial 2000 aus dem Jahr 1979, mit dem wir bei der Oldtimerrallye Bodensee-Klassik 2013 unterwegs sind. Obwohl man diesen Wagen nicht kennt, erkennt der Experte sofort die Abstammung vom Fiat 124, während der Laie diese Form vielleicht als Lada gesehen hat. Der 124 ist international.

Seat ist in Deutschland erst seit 1983 aktiv, also seit 30 Jahren. Auch deshalb ist die Historie der eigentlich viel älteren Marke hierzulande so wenig bekannt. Um das zu ändern, hat "Coches Historicos", die Seat-Oldtimersparte unter Leitung von Isidre Lopez Badenas, einen echten Leckerbissen mitgebracht. Unser 124 D Especial 2000 wurde in den Jahren 1979 und 1980 lediglich 829-mal gebaut. 114 PS machten die Limousine damals zum spanischen Pendant des BMW 02. Ähnlich wie bei dem Bayer herrscht auch im Seat diskrete Sportlichkeit. Außen fallen die aus heutiger Sicht winzigen 13-Zoll-Räder auf, innen erwartet uns ein gediegenes Ambiente sowie eine sagenhafte Übersicht. Große, plane Scheiben ermöglichen den freien Blick auf die Enden des gerade einmal 4,04 Meter langen Viertürers.

Jawohl: Knapp über vier Meter waren zur Entstehungszeit des 124 noch Mittelklasse-Format. Das merkt man im Fond, wo es zwar eine sofaähnliche Sitzbank, aber eher mäßige Beinfreiheit gibt. Das Cockpit ist im Telegramm-Stil gehalten: Zwei Rundinstrumente. Stopp. Vier Kippschalter. Stopp. Drei filigrane Lenkstockhebel. Stopp. Und schließlich ein ellenlanger Schaltstock zwischen den Vordersitzen, mit dem man fünf Gänge anwählen kann. Höchste Zeit, den Vierzylinder zu starten – mit einem niedlichen Schlüssel wie von einem Fahrradschloss. Mit sonorem Klang erwacht die 114 PS starke Maschine zum Leben, nach einiger Zeit verfällt sie in einem stabilen Leerlauf. Nun noch die Füße an die relativ enge Pedalerie gewöhnt und es kann losgehen. Mehr als 500 Kilometer, verteilt auf drei Tage, liegen vor uns. Zum Glück auch diverse Tunnel: Dort macht es besonders viel Freude, den unter Last wunderbaren Sound auszukosten.

Fiat macht mobil

Die langen Etappen bieten reichlich Gelegenheit, die spannende Geschichte des Seat 124, der eigentlich ein Fiat ist, zu reflektieren. Bereits 1919 gründet Fiat eine Niederlassung in Spanien, unter dem Namen Fiat-Hispanias werden in den 1930er-Jahren einige Autos lokal gefertigt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg startet die iberische Autoproduktion im großen Stil. Diktator Franco will sein Volk mobil machen. Eine der Bedingungen: 90 Prozent der Fahrzeugteile müssen aus lokaler Fertigung kommen. Auch bei VW klopfen die Spanier an, doch zu dieser Ehe kommt es erst Jahrzehnte später. In Fiat wird schließlich ein potenter Partner gefunden, 1950 entsteht die "Sociedad Espanola de Automoviles de Turismo", kurz Seat. Drei Jahre später starten die Fließbänder in Barcelona mit der stattlichen Limousine 1400. Zum wahren Volkswagen Spaniens wird aber zwischen 1957 und 1973 der kleine Seat 600. Im Jahr 1968 schließlich rollt der erste 124 vom Band, dem kurze Zeit später eine besondere Ehre zuteil wird: Eine der Limousinen ist der einmillionste gebaute Seat.