Autonome Autos: Danke, dass Sie das Auto von morgen testen

Die Sicherheit (teil)autonomer Autos lässt sich mit klassischen Testfahrten unmöglich bestätigen. Es würde zu lange dauern. Zur Lösung tragen Sie vielleicht schon selbst bei.

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2 Männer schieben mit Banen überladenes Fahrrad

Wie würden die Assistenzsysteme Ihres Wagens auf dieses Fahrzeug reagieren?

(Bild: Emesik CC-BY-SA 3.0)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die klassischen Autobauer nähern sich schrittweise dem selbstfahrenden Auto, während Google den Quereinstieg wagt. Dessen autonome Wägen werden bald drei Millionen Kilometer auf öffentlichen Straßen zurückgelegt haben. Für einen Sicherheitsnachweis reicht das aber noch lange nicht. "Die Validierung der Sicherheit ist eine große Herausforderung", sagte Kay Stepper von Bosch beim Automated Vehicles Symposium in Michigan, "Die bekannten statistischen Zugänge bringen uns nicht weiter."

Ein Testfahrzeug von Bosch steht auf dem neuen Testgelände Mcity der University of Michigan in Ann Arbor.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Doch es gibt eine Lösung: Simulationen mit Echtdaten. Dafür sammeln die Entwickler Daten aus vernetzten Fahrzeugflotten, die bereits auf den Straßen unterwegs sind. Und auch die Fahrzeuge selbst simulieren mit neuen Betaversionen ihrer Software.

Im Labor lassen sich viele Daten gar nicht erzeugen, weil die Wirklichkeit zu komplex ist. Straßenverkehr wird in unterschiedlichen Kulturen sehr unterschiedlich gelebt. Und immer wird es unvorhersehbare Situationen geben. Ein köstliches Beispiel lieferte Chris Urmson, der bei Google X die Entwicklung des selbstfahrenden Autos leitet: Bei einer Testfahrt traf das Google-Auto auf eine Ente, die mitten auf der Straße im Kreis lief.

Vom vernetzten zum autonomen Auto

Nicht freiwillig: Das Tier wurde von einer Frau in einem elektronischen Rollstuhl herumgescheucht. Sie fand offenbar nichts dabei, quer über die Fahrbahn ihre Kreise zu ziehen. Auch wenn ihre Beweggründe wohl ihr Geheimnis bleiben werden: Ein autonomes Fahrzeug muss mit solchen Gefahren umgehen können. "Das zu testen wäre mir auch nach sehr langem Nachdenken nicht eingefallen", gestand Urmson auf dem Symposium.

Die ISO-Norm 26262 widmet sich sicherheitsrelevanten elektrischen und elektronischen Systemen in KFZ. Der höchste Sicherheitslevel, Klasse D, schreibt eine Fehlerrate von maximal zehn hoch minus neun vor. "Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Sie zehn hoch neun Stunden testen müssen", erläuterte Stepper im Gespräch mit heise online, "Sie müssten die Distanz von der Erde zur Sonne zurücklegen. Und die Stunden und Kilometer alleine reichen auch nicht aus. Sie brauchen verschiedene Testszenarien, aus der ganzen Welt." Stepper ist bei Bosch Vizepräsident und für Fahrerassistenzsysteme sowie Automatisiertes Fahren zuständig.

Mit klassischen Methoden wäre es also absurd teuer, jede neue Systemvariante und jede neue Kombination verschiedener Fahrerassistenzsysteme zu testen. Und auch die Verbraucher wollen nicht auf St. Nimmerlein warten. Die Lösung sind Simulationen in zwei unterschiedlichen Varianten, die beide von Bosch bereits eingesetzt werden.

In der zentralen Variante werden Sensordaten von Fahrzeugen gesammelt. Daraus wächst eine Bibliothek von Szenarien, die Lenker im Alltag erlebt haben. In parallelen Computersimulationen können sich Prototypen neuer Assistenzsysteme an diesen Situationen versuchen. Das soll zeigen, wie sie damit umgegangen wären.

Die sechs Kreisverkehre des englischen Magic Roundabout überfordern viele menschliche Lenker.

(Bild: gemeinfrei)

Die dezentrale Variante ist insbesondere für "seriennahe" Softwareupdates geeignet. Eine Betaversion wird über eine Mobilfunkverbindung in den Fahrzeugen installiert, aber nicht scharf gemacht. Sie läuft dann parallel zu den bereits vorhandenen Programmen. Alte und neue Version verarbeiten unabhängig von einander die von den Fahrzeugsensoren erzeugten Daten. Während die alte Version tatsächlich eingreifen kann und soll, löst die Betaversion aber nichts aus.

Jedoch meldet sie dem Autohersteller, was sie ausgelöst hätte, wäre sie scharf gewesen. Bewährt sich die neue Version, kann die Software aktiviert werden. Das soll möglichst Bug-freie Auto-Updates bringen. Tesla ist dafür bekannt, seine Kunden aus der Ferne mit neuen Fahrzeugfunktionen zu bedenken. Ob Tesla ein Bosch-Kunde ist, wollte Stepper aber nicht sagen.

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(ds)