So fährt sich der Volt

Das elektrische Antriebssystem des neuen Plug-in-Hybriden des angeschlagenen GM-Konzerns bewegt das Auto leise, aber kräftig. Eine Testfahrt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Kevin Bullis

Ende 2010 wird er endlich auf den Markt kommen: Der Chevrolet Volt von GM. Das Plug-in-Hybridfahrzeug, das etwas später dann als Opel Ampera auch in Europa eingeführt werden soll, wird von dem inzwischen im Insolvenzverfahren befindlichen Automobilkonzern als wichtiges Zeichen seiner Zukunftsfähigkeit beworben.

Zur Marketingkampagne gehört auch, dass Journalisten schon jetzt Probefahrten mit ähnlich ausgestatteten Autos durchführen dürfen. Technology Review hatte die Chance, sich hinter das Steuer eines solchen "Maultiers" zu setzen – Maultier deshalb, weil der Testwagen zwar das fast fertig Antriebssystem des Volt besitzt, aber eine andere Karosserie aufmontiert bekam.

Die Räder des Volt werden vollständig elektrisch angetrieben. 65 Kilometer weit soll er allein mit Batteriekraft kommen. Ist der Saft alle, schaltet sich ein zusätzlich eingebauter Generator ein, der sich aus Benzin oder Ethanol speist und dann die notwendige Elektrizität liefert. Die Batterie agiert als Puffer, um den Wirkungsgrad zu erhöhen.

Unsere Testfahrt diente vor allem dazu, die Leistungsfähigkeit des elektrischen Antriebs vorzuführen; das Fahrverhalten wird im "echten" Volt hingegen ein anderes sein. Auch der Generatorbetrieb wurde nicht explizit gezeigt, da GM besonders stolz auf das rein elektrische Fortkommen ist. Im Gegensatz zu anderen Plug-In-Hybriden, bei denen auch der Benzinmotor mit dem Antriebsstrang verbunden ist, um den Elektromotor zu ergänzen, erhält der Volt seine komplette Beschleunigungsleistung vom elektrischen Teil.

Der Hauptunterschied ergibt sich hier aus dem Ansprechverhalten des Motors. Elektroantriebe liefern ihr komplettes Drehmoment sofort, während konventionelle Verbrennungsmotoren erst einmal in Schwung kommen müssen. Im Ergebnis beschleunigt das Fahrzeug also flotter. Frank Weber, der für das Volt-Programm und das darunter liegende Antriebssystem weltweit verantwortliche GM-Manager, meint, dass sich das Fahrzeug deshalb anfühlt, als habe es einen 250-PS-Motor, obwohl es tatsächlich mit nur 150 PS auskommen muss. Im Test fährt sich das Auto dann tatsächlich spritziger als andere typische Wagen der Kompaktklasse. Die Beschleunigung von 40 auf 80 Stundenkilometer geht leicht von der Hand. Und weil es nur einen Gang gibt, ist auch die Beschleunigung sehr gleichmäßig.

Die GM-Ingenieure haben dennoch versucht, das Verhalten des Motors möglichst nahe an konventionelle Fahrzeuge heranzuführen. Nimmt man in einem Benziner den Fuß vom Gas, wird er schnell langsamer, weil der Effekt der Motorbremse eintritt – ein Phänomen, das viele Fahrer beispielsweise auf der Autobahn verwenden, wenn sie sich einem anderen Fahrzeug nähern. Nimmt man einem Elektromotor hingegen die Leistung, kann er sich dennoch frei weiterdrehen, was eine geringere Bremswirkung hat. Die Volt-Ingenieure programmierten das Kontrollsystem deshalb so, dass die Motordrehung sofort nach dem Heruntergehen vom Gas dazu verwendet wird, die Batterie wieder aufzuladen. Das hat einen ähnlichen Effekt wie eine Motorbremse. In Zukunft sollen solche Einstellungen vom Nutzer selbst konfigurierbar sein, auch wenn Weber betont, dass es vermutlich nur eine genau festgelegte Anzahl an Abstufungen geben wird.

Die Entwickler entschieden sich außerdem dafür, ein gewisses Maß an Kriechverhalten einzuprogrammieren. Bei konventionellen Automatikfahrzeugen bewegt sich das Auto langsam nach vorne, wenn man die Bremse loslässt – Gas ist nicht notwendig. Ähnlich arbeitet auch der Volt. Dabei ging es nicht nur darum, herkömmliches Fahrverhalten abzubilden, sondern um die Fahrerinformation: Der weiß dann nämlich, dass sein Auto noch im Fahrbetrieb ist. Da der Motor sehr leise ist, wäre es sonst sehr einfach, das Fahrzeug zu verlassen, ohne es abgeschaltet zu haben.

Unser Testfahrzeug hatte nicht ganz die gleiche Leistung wie die finale Produktionsversion des Volt. Laut Weber wurde so beispielsweise die Anfahrleistung des Motors etwas reduziert, da einige Teile im Fahrzeug aufgrund des Rucks sonst beschädigt werden könnten, handelt es sich doch noch um Sonderanfertigungen. Die Leistung soll aber bei rund 80 Prozent des echten Volt liegen.

Der Volt wird außerdem noch ein paar zusätzliche Funktionen enthalten, die jetzt noch fehlen – darunter ein Extratonsignal, das Fußgänger vor dem nahezu geräuschlosen Fahrzeug warnen soll, ohne dass sie von einer "großen" Hupe erschreckt werden. Angedacht ist auch ein System, das automatisch entscheiden kann, wann der Generator zugeschaltet wird. Normalerweise erfolgt dies, sobald die Batterieladung bei unter 30 Prozent liegt. Ist dem Fahrzeug jedoch dank GPS bekannt, dass seine Ladestation bald erreicht ist, könnte die Umschaltung verzögert werden. Das spart Benzin.

Das Testfahrzeug fühlte sich deutlich weniger leistungsfähig an als der Tesla Roadster, das bislang einzige autobahntaugliche Elektrofahrzeug, das in den USA verkauft werden darf. Der Vergleich hinkt allerdings: Der Roadster ist ein kleiner Sportwagen, der für Höchstleistungen ausgelegt ist und kostet 100.000 Dollar. Der Volt ist eine Alltagslimousine für wesentlich weniger Geld: 40.000 Dollar sind derzeit angedacht.

Der Volt hat dagegen mehr Power als ein Toyota Prius und damit auch ein entsprechend besseres Ansprechverhalten. Der Grund: Während der Volt seine Gesamtleistung vom Elektromotor bezieht, kommt beim Prius die Hauptkraft vom Benziner. (Im neuen Modelljahr liegt die Gesamtleistung beider Motoren bei 134 PS, von denen nur 36 batteriegespeist sind.) Allerdings kostet der Prius auch nur 22.000 Dollar.

Die Spritzigkeit des Volt dürfte ein wichtiger Faktor werden. Wenn er im nächsten Jahr zu den Händlern kommt, wird er auf einen anderen Markt stoßen als den heutigen – einen nämlich, auf dem es ernsthafte Konkurrenz im Bereich benzinsparender Fahrzeuge gibt.

Neben einer größeren Menge an konventionellen Hybriden sind bis dahin auch andere Plug-In-Fahrzeuge geplant, etwa von Fisker Automotive. Toyota will ebenfalls Hunderte eigener Plug-In-Hybriden testen. (Diese besitzen allerdings eine kleinere Batterie und verlassen sich deshalb häufiger auf den Benzinmotor als der Volt.) Und dann wären da noch die rein elektrischen Fahrzeuge, die bald in größerem Maßstab auf den Markt kommen sollen – zunächst für Firmen- und Behördenkunden, später auch für das reguläre Publikum. Mitsubishi, Subaru und auch Tesla werkeln an entsprechenden Mainstream-Automobilen. (bsc)