Hintergrund: VoiceStream bittet zur Telekom-Hochzeit

Die Telekom und VoiceStream scheinen endgültig auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden; Unwägbarkeiten aber bleiben.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Daumen hoch für die Telekom: Die Zustimmung der VoiceStream-Aktionäre zur Übernahme durch den Bonner Konzern war für Vorstandschef Ron Sommer endlich eine gute Nachricht. Über 99 Prozent der Anteilseigner des US-Mobilfunkers gaben erwartungsgemäß grünes Licht für die milliardenschwere Akquisition. "Wir sind auf die Zielgerade eingebogen", sagte der Telekom-Chef am Mittwoch in New York. Der ersehnte Einstieg des rosa Riesen in den begehrten US-Markt rückt damit immer näher.

Jetzt fehlt nur noch die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde FCC. "Wir sind optimistisch, dass sich die FCC noch im Laufe des Aprils abschließend positiv äußern wird", erklärte der Telekom-Chef. Und wenn Sommer über den US-Markt spricht, gerät er ins Schwärmen: In den kommenden zwei Jahren gebe es dort ein Wachstumspotenzial von 150 Millionen Kunden. "Wir steigen exakt zum richtigen Zeitpunkt in den Markt ein." Vergessen scheint da der tägliche Hickhack um seine Person und die abgestürzte T-Aktie.

Dass der einst von Analysten als überteuert kritisierte Erwerb von VoiceStream noch scheitert, wird in der Branche inzwischen für unwahrscheinlich gehalten: "Ich habe nie bezweifelt, dass die Übernahme wackelt", sagt Werner Stäblein von der Frankfurter BHF- Bank. Die Zustimmung der VoiceStream-Aktionäre kam für ihn ohnehin nicht überraschend. Das gleiche trifft auf die Mobilfunkfirma Powertel zu, die ebenfalls von der Telekom übernommen wird: Schließlich hatten sich die VoiceStream-Großaktionäre Hutchison Whampoa aus Hongkong und die finnische Sonera schon längst auf den Deal festgelegt.

Für den Kauf von VoiceStream muss die Telekom tief in die Tasche greifen: Rund 50 Milliarden US-Dollar über Aktientausch und in bar war die Akquisition wert, als sie im Juli 2000 ankündigt wurde. Zu viel Geld werde für ein Unternehmen ausgegeben, das in den USA nicht einmal zu den fünf größten Mobilfunkern gehört, lautete die Kritik. So rangierten Verizon, Cingular Wireless, AT&T Wireless, Sprint PCS und Netxtel Ende 2000 noch klar vor der künftigen Telekom-Tochter. Hinzu kommt, dass VoiceStream tief in den roten Zahlen steckt. So fielen die Verluste 2000 mit knapp 2,1 Milliarden US-Dollar sogar höher aus als der Umsatz (1,9 Milliarden US-Dollar). Kein Grund für Miesmache, meinen Sommer und VoiceStream-Chef John Stanton. Schließlich knüpft der agile VoiceStream-Gründer Stanton mit neuen Lizenzen derzeit an einem engmaschigen GSM-Mobilfunknetz in den USA – und dafür braucht er die finanzkräftige Telekom.

Heute ist die VoiceStream-Übernahme nicht mehr annähernd so viel wert wie im Juli 2000. Durch die Talfahrt der T-Aktie halbierte sich praktisch der Kaufpreis. Unklar ist, ob die VoiceStream-Eigentümer, die künftig neben dem Bund (rund 42 Prozent) mit gut 20 Prozent größter Telekom-Aktionär sind, noch einen Nachschlag verlangen werden. Diese Möglichkeit steht ihnen offen, wenn der Aktienkurs zwei Wochen vor Abschluss der Transaktion an mehreren Tagen im Mittel unter 33 Euro liegt. Stäblein von der BHF-Bank will nicht ausschließen, dass es zu Nachverhandlungen kommt. Doch ob die VoiceStream-Aktionäre ihre Trümpfe voll ausreizen werden, ist unwahrscheinlich. Denn ohne die Telekom hat der US-Mobilfunker kaum Zukunftsperspektiven.

Dass VoiceStream schon heute auf Gedeih und Verderb mit dem Bonner Riesen verbunden ist, zeigt allein die jüngste Auktion um Mobilfunklizenzen in den USA. Ohne die Telekom hätte VoiceStream an der Versteigerung gar nicht teilnehmen können, meint Stäblein. Rund fünf Milliarden Mark hatte die Telekom bereits 2000 für den Netzausbau in VoiceStream investiert. Davon musste Vorstandschef Stanton jetzt eine Milliarde US-Dollar für Lizenzen auf den Tisch blättern. (Peter Lessmann, dpa) / (jk)