Umnutzungsgewinner

Fahrbericht Jeep Wrangler 2.2 CRDi

Die Umnutzung von einem Kriegsgerät zu einem Therapeutikum rettete das Konzept des Jeep bis in die Gegenwart. Wir fuhren den Wrangler JL, der einen weiten Spagat zwischen kompromisslosem Gelände- und brauchbarem Straßenfahrzeug erreicht. Sagte ich „weit“? „Fast unglaublich“ trifft es besser

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Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

Der Jeep Wrangler verkörpert in den USA eine Lebensart, die es, vielleicht mal abgesehen von Schweden, weltweit nirgends in dieser Form gibt: Sich auto-mobil den Elementen aussetzen, Jagen, Campen & Dosenbier. Darauf sollen recht bald nach dem Krieg Veteranen gekommen sein. Zur Verarbeitung ihrer posttraumatischen Belastungsstörungen, mit denen viele GIs aus Europa zurückkamen, sicher keine falsche Therapie.

Nach der Befreiung der Welt wurde der eigentlich allein zu diesem Zweck konstruierte Jeep so zu einer Art Heilmittel: Ein Zelt auf Rädern, das einen der Natur ganz nah bringt, vollständig zu öffnen und mit der umlegbaren Windschutzscheibe auch ein vollwertiger Jagdwagen, wie solche Autos damals genannt wurden.

Vom geretteten Weltkriegsgerät ...

Diese erfolgreiche Umnutzung rettete möglicherweise das Konzept des ehemaligen Kriegsgeräts bis in die Gegenwart. Bereits Mitte Juli 1945 kam der erste CJ auf den Markt, die Abkürzung stand für „Civilian Jeep“. Er und seine Nachfolger (heute mit dem Beinamen „Wrangler”) wuchsen immer perfekter in die Rolle eines Funmobils für eine entstehende bürgerliche Freizeitgesellschaft: Schon 1953 befuhr in Georgetown die erste Jeepers Jamboree den Rubicon Trail, während sich der technisch vergleichbare Land Rover im alten Europa (und den Kolonien) als reines Nutzfahrzeug und Wiederaufbauhelfer abmühte.

Lachen oder ärgern Sie sich jetzt bitte nicht über „Funmobil“: Könnten wir auf den ganzen Pendler-Individualverkehr verzichten und strikt nur noch zum Spaß Auto fahren, wären wir mit einem Schlag einige der ärgsten Umweltprobleme los. Doch nach der Wiederherstellung der Demokratie kam leider auch die Idee autogerechter Städte aus den USA und aus diesem Schlamassel müssen wir erst wieder herausfinden. Das dürfte selbst bei bestem politischem Willen wohl noch Jahrzehnte dauern.

Als Anfang des Jahres die aktuelle Generation des Jeep Wrangler erschien, war sie mit dem Suzuki Jimny das einzige in den Ländern der sogenannten ersten Welt noch erhältliche klassische Geländefahrzeug. Der Land Rover Defender ist seit 2016 raus, die Mercedes G-Klasse spätestens seit Anfang dieses Jahres mit dem Abschied von der vorderen Achse zugunsten einer Einzelradaufhängung. Für Suzuki und Jeep ist der Markt offenbar groß genug, ein fürs Gelände unübertroffenes Konzept beizubehalten – bei allen Mühen, die der immer weiter werdende Spagat zum Straßenbetrieb mit sich bringt. Die wachsenden Verkaufszahlen, die Jeep veröffentlicht, sind jedenfalls so beeindruckend wie die Prognosen: Rund 2400 Wrangler sind das Verkaufsziel für Deutschland im nächsten Jahr.

... zum ikonischen Imageträger

Aber natürlich ist es auch der ikonische Flaggenträger einer Marke, die über ihren Namen mengenmäßig vor allem ganz gewöhnliche SUV mit Quermotor und bestenfalls Hang-On-Allradantrieb verkauft. Diesen einmaligen und völlig anachronistischen Imageträger zu opfern wäre nicht einmal den kühlsten Rechnern bei Fiat Chrysler eingefallen und wenn, wäre es eine Milchmädchenrechnung gewesen. Nicht ganz zu Unrecht vergleicht Jeep seinen Wrangler mit dem Porsche 911.