VW-CEO Herbert Diess findet die Autoindustrie unterfördert

Klartext: Leben im Diessseits

Wo kriegt die Autoindustrie immer diese Reptiloiden im Management her? Wo werden Prachtexemplare wie Müller oder Diess gezüchtet? Und warum hassen sie ausgerechnet ihre Kundschaft so, von der sie doch leben müssen? Vielleicht ist die Zeit reif für einen Warmblüter

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 69 Kommentare lesen
Herbert Diess 6 Bilder

(Bild: Volkswagen)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Matthias Müller sollte den Volkswagen-Konzern durch die Krise führen, durch die der Auslöser Winterkorn sie nicht führen mochte – eine undankbare Aufgabe. Wie er sie erledigte, das können wir ohne mehr Wissen über seinen Alltag nicht wissen. Was wir wissen können, ist jedoch, dass Müller in Sachen Kommunikation nicht nur eine Null war, sondern ein negativer Wert, aktiv schädlich für den Konzern. In einem US-Radiointerview konnte er seine wahre Meinung nicht verbergen: alles ein Missverständnis, dieser Betrugsskandal. Seine Wärter (mit mehr Einfühlungsvermögen in andere Menschen) brachten ihn später immerhin zu einer Entschuldigung, die er halbherzig mit "Jetlag und so" aufsagte.

Daheim gefiel es ihm jedoch auch nicht, Reue zu zeigen, im Gegenteil sagte er schnell, das Gekrieche müsse ein Ende haben, alle bitte nach vorne gucken, Wirtschaftsstandort, Rhabarberrhabarber. Als die Kunden das hörten, standen sie alle noch ohne jede Hilfe von Volkswagen im Kulanz-Nirvana, in dem sie bis heute stehen, wenn sie ihre Volkswarze nicht zum Verzweiflungspreis gen Osten verscherbeln mussten. Müller wirkte nach außen stets wie das verzogene Kind, das jetzt Papas Riesenfirma führen darf.

Der Kunde ist Sklave

VW als Firma zu verstehen, führt zu argen Logikproblemen. Es hilft dem Laien daher, die Volkswagen AG als eine Art halbaußerstaatliche Behörde zu interpretieren, die ihre krebsartigen Bürokratiegeschwülsten erklärt. Die Bürokratie hat außer den offensichtlichen Nachteilen auch Vorteile. Zum Beispiel gibt es noch mehr nutzloses Management, aber eben auf der anderen Seite auch mehr Diskussionen. Offenbar sah eine Mehrheit es als sinnvoll an, massiv in ein rein elektrisches Chassis zu investieren, obwohl e-Golf (Test) und e-Up (Test) als Bauvariante der Verbrennerchassis' ganz gut funktionieren.

Ich muss hier in frommer Hoffnung vermuten, dass das wirklich passiert ist, weil Volkswagen bisher nur Modellautos zeigte. Also musste Müller diesen Wunsch irgendwie managen. Dazu schaute er sich die Zahlen der bisher verkauften Elektroautos an. Die machten ihn wütend. Er gab den Kunden die Schuld daran, dass sie VW die teuren Autos nicht zwei Stück pro Haushalt aus den Läden rissen. Im Nachhall klang es für mich sogar so, als lade er einen Teil des Betrugs bei den Kunden ab. Hätten sie ihm halt mehr Milliarden überwiesen, dann hätte alles so legal sein können. Blöde Kunden.

Und jetzt Diess

Verständlich, dass ich Luftsprünge der Erleichterung machte, als Müller abtrat. Doch eine vernichtende Nachricht zog mich sogleich wieder zurück auf den Boden, wo sie mich zerschmetterte: "Nachfolger: Diess". Diess! Wenn man sich ein MO-Büro mit Maik Schwarz, Stuttgarts Außenpressestelle des BMW-Motorrad-Werks Spandau geteilt hat, kommt man um intime Einsichten in diese Firma nicht herum.

Ich weiß nicht, wer damals Dr. Diess an das Steuer des Raumschiffs "BMW Motorrad" ließ und schon gar nicht, WARUM er das tat, aber der Herbert packte umgehend das Steuer fest in beide Hände, lächelte für die Kamera und peilte im Sturzflug den Boden an, den er als Ziel nicht verfehlen konnte. BMWs Rotationsverfahren für Manager entriss ihm automatisch das Steuer, bevor es zu spät war. Irgendwann konnte BMW den Problemstoff Diess gesammelt an die Volkswagen AG abtreten. Ich stelle mir einen Castor-Transport zwischen München und Wolfsburg vor. Am Ziel korkten sie ihr Gefahrengut aus und jetzt haben sie den Salat.