Ein Anfang

Hyundai bringt Genesis nach Europa

Hyundai will Autos seiner Luxusmarke Genesis in Europa verkaufen. Die Voraussetzungen könnten schwerer kaum sein, selbst Audi, Mercedes und BMW sind unzufrieden. Nissan hat erst kürzlich beschlossen, seine Edeltochter Infiniti ganz aus Westeuropa zu verabschieden.

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Von
  • Stefan Grundhoff

Die Hyundai Motor Group will Autos seiner Luxusmarke Genesis in Europa verkaufen, ein Hauptzielmarkt ist Deutschland. Die Voraussetzungen könnten schwerer kaum sein, selbst Audi, Mercedes und BMW sind unzufrieden. Nissan hat gerade erst beschlossen, seine Edeltochter Infiniti ganz aus Westeuropa zu verabschieden.

Der Start der koreanischen Nobelmarke Genesis wird seit Jahren generalstabsmäßig geplant. Innerhalb von kaum mehr als zwei Jahrzehnten schafften es Hyundai und seine 1998 übernommene Marke Kia von Billiganbietern auf Augenhöhe zur europäischen Konkurrenz. Nachdem Hyundai mit moderner Technik und solidem Design eher Volumenmarken wie Volkswagen angreifen soll, ist Kia jünger und emotionaler positioniert. Für Ende des Jahres soll die Nobelmarke Genesis Audi, BMW und Mercedes ins Visier nehmen. „Europa heißt für uns in erster Linie Deutschland, England und die Schweiz”, sagt Markenchef Manfred Fitzgerald, „wir wissen, dass es nicht leicht sein wird und bereiten uns daher entsprechend vor.”

Ungünstige Einstiegsbedingungen

In der Tat sind die Aussichten alles andere als gut. Der deutsche Premiummarkt schwächelt und auch in China geht die Verkaufskurve nach fast zwei Jahrzehnten des Wachstums nach unten. Der Markt ist gesättigt und erst jüngst teilte Nissan mit, dass man seine Edelmarke Infiniti nach rund einem Jahrzehnt vom westeuropäischen Markt nehmen werde. Die Probleme im Zusammenhang mit dem Brexit am Produktionsstandort im britischen Sunderland sind dabei allenfalls ein Nebenaspekt.

In der letzten Dekade hat es Infiniti trotz gelungenen Designs und überzeugender Produktsubstanz nicht geschafft, sich gegen die übermächtigen deutschen Premiumersteller in Stellung zu bringen. Der Ausstieg von Infiniti aus Westeuropa ist daher verständlich, in Asien und den USA läuft das Geschäft in der Premiumklasse gut. Auch Cadillac bekommt in Europa kaum ein Rad auf den Boden und niemand weiß, wieso sich Toyota trotz winziger Marktdurchdringungen seit fast 30 Jahren den Luxus mit der Submarke Lexus in Europa erlaubt. Honda entschied schon vor Jahren, die sportlicher positionierte Submarke Acura – in den USA längst erfolgreich – nicht nach Europa zu bringen.

Hyundai will die Fehler der Konkurrenz nicht wiederholen. Schon seit Jahren hat die koreanische Firma ein Team aus vorwiegend deutschen Mitarbeitern, das den europäischen Markt und speziellen den in Deutschland bestens kennt. Markenchef Manfred Fitzgerald hat zuvor lange Jahre die Geschicke von Lamborghini mitgeleitet, Chefdesigner Luc Dunckerwolke arbeitete davor im Volkswagenkonzern für Marken wie Lamborghini, Seat sowie Audi und Konzernchefdesigner Peter Schreyer war vor seiner Zeit 2006 eingeleiteten Zeit im Hyundai-Konzern ebenfalls lange Jahre im Hause Volkswagen. Der Cheftechniker im Hyundai-Konzern heißt Alfred Biermann und kommt von BMW.

Zur Einführung eine erneuerte Modellpalette

Bei der Positionierung von Genesis setzen sie auf die drei Säulen Design, Marke und Technologie. In Sachen Design muss man sich angesichts der aktuellen Modelle keine ernsthaften Sorgen machen und auch bei der Technik sollte es Dank jahrzehntelanger Erfahrung klappen. Im Heimatland Südkorea und anderen Märkten gibt es erfolgreiche Luxusmodelle wie den Genesis EQ 900 oder den Genesis G80, die es mit der europäischen Konkurrenz aufnehmen könnten. Das Topmodell EQ 900, in anderen Ländern als Genesis G90 verkauft, wird von einem Fünf-Liter-V8 mit 420 PS angetrieben. Den Genesis G80 (Test) mit seinem aufgeladenen 3,3-Liter-V6, Achtgang-Automatik, Allradantrieb, allem nur erdenklichen Reiseluxus und Assistenzsystemen kann man als Wettbewerbsmodell für den 5er BMW, die Mercedes E-Klasse oder den Audi A6 sehen. Er ist die technische Basis des in Europa bereits erfolgreichen Kia Stinger (Test).

Zur Einführung von Genesis Ende 2019 / Anfang 2020 soll eine erneuerte Modellpalette zur Verfügung stehen. In Europa soll es in erster Linie der Genesis G70 richten, der mit zeitgemäßer Technik und sehenswertem Design die etablierten Wettbewerber Audi A4, Mercedes C-Klasse und BMW 3er angreift. Basismotorisierung ist ein aufgeladener Zwei-Liter-Vierzylinder mit 252 PS. Wer mehr will, bekommt einen 3,3 Liter großen V6-Turbo, der unter anderem bereits aus den größeren Modellen bekannt ist.

Elektromobilität wird erst ab 2021 ein Thema

„Bei der Entwicklung des G70 ist der BMW 3er für uns der Maßstab”, sagt Alfred Biermann. Einschlägige Erfahrung bringt er von seinem ehemaligen Arbeitgeber, der BMW M GmbH in Garching bei München mit. Unvermeidlich angesichts des Marktgefüges sind auch zwei SUV in Planung, deren größere Version GX80 sich mit dem Audi Q7 messen und der kleinere GX70 es mit den kommenden Generationen von BMW X3 / X5 oder Mercedes GLC / GLE aufnehmen soll. Hybridmodelle wird es nicht geben, da Genesis ab 2021 / 2022 zwei Elektroplattformen für SUV und Limousinen präsentieren wird. (imp)