Effizienz vs. Gewohnheit

Ist VWs Fixierung auf Akku-Autos kurzsichtig oder längst überfällig?

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Jahrelang mussten Autohersteller ein ganzes Bündel von alternativen Antrieben parallel weiterentwickeln. VW-Chef Herbert Diess reichte es nun: Er forderte von der Politik, alles auf eine Karte zu setzen und nur noch batterie-elektrische PKWs zu fördern.

Ist das nicht kurzsichtig? Schließlich kann es nie schaden, mehrere Eisen im Feuer zu haben. Und Offenheit ist doch ein schönes Wort. Wer also könnte etwas gegen Technologieoffenheit haben?

Alternative Treibstoffe wie Wasserstoff, Biosprit oder Power-to-Liquid haben zwei Dinge gemein. Erstens: Sie versprechen, dass sich für Autofahrer und -hersteller möglichst wenig ändert. Zweitens: Sie haben eine – verglichen mit Akkus – schwache bis lausige Umweltbilanz, entweder durch hohen Flächenverbrauch oder durch große Umwandlungsverluste.

Dass diese Treibstoffe bei Politik und Industrie weiterhin so beliebt sind, liegt an einer unausgesprochenen Prämisse: Der Maßstab, an der sich künftige Fahrzeuge messen lassen müssen, ist die „Renn-Reiselimousine“ – ein Auto, mit dem man gleichermaßen alleine zur Arbeit oder vollgepackt mit 200 Sachen zum Gardasee fahren kann. Und an dieser Nutzung soll sich möglichst wenig ändern, damit Autofahrer vor zu viel lästiger Umstellung verschont bleiben.

Elektroautos werden solche Renn-Reiselimousinen wohl nie eins zu eins ersetzen. Drei der größten Kritikpunkte – Kosten, Reichweite und Ressourcenverbrauch – ließen sich zwar durch eine einzige Maßnahme angehen: kleine Akkus in Verbindung mit einem dichten Netz an Schnellladestationen. Aber machen wir uns nichts vor: Der Umgang mit solchen Wagen wird etwas mehr Organisation benötigen. Um etwa die Ladephasen an die Belastung des Stromnetzes anzupassen, muss man sich rechtzeitig überlegen, wann genau man den Wagen braucht. Und für die Langstrecke werden batterieelektrische Autos wohl nie die ideale Wahl sein. (Dafür gibt es schließlich die Bahn.)

Trotzdem ist Diess‘ Ansinnen richtig: Es geht darum, den Verkehr möglichst effizient zu machen – nicht bisherige Gewohnheiten zu verteidigen, als seien sie ein Menschenrecht. Konsequenterweise sollte die Politik die Förderung beziehungsweise Belastung von Autos an der Energieeffizienz ausrichten: Verkehrsleistung pro eingesetzter Primärenergie, und zwar Well-to-Wheel berechnet über die gesamte Lebensdauer einschließlich Ressourcenverbrauch. So eine Regelung wäre dann technologieoffen und würde energetische Pseudo-Lösungen ausschließen. Für LKW, Schiffe und Flugzeuge ließe sich die Formel ebenfalls anwenden – und dort könnten alternative Kraftstoffe dann doch noch zum Zuge kommen.

(grh)