BND-Gesetz: Das Bundesverfassungsgericht und die Grenzen der Grundrechte

Gelten deutsche Grundrechte nur für Deutsche? Das war eine der Hauptfragen in der Verhandlung des Bundesverfassungsgericht zum BND-Gesetz.

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BND-Gesetz: Bundesverfassungsericht beleuchtet Datenaustausch

Beschwerdeführer Christian Mihr, Reporter ohne Grenzen, und Ulf Buermeyer, Gesellschaft für Freiheitsrechte und Bijan Moini, einer ihrer Anwälte (v.l.n.r.).

(Bild: heise online / Monika Ermert)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Monika Ermert
Inhaltsverzeichnis

Am zweiten und letzten Verhandlungstag zu einer Beschwerde über das BND-Gesetz hat das Bundesverfassungsgerichts den Datenaustausch des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit ausländischen Partnern unter die Lupe genommen. In dem Verfahren geht es um die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung im Ausland. Dafür durchforstet der BND ohne einen konkreten Verdacht große Datenströme. Dabei ging es nun insbesondere um die Frage, ob deutsche Grundrechte nur für Deutsche gelten.

Mit der Idee der universell geltenden Menschenrechte werde es bergab gehen, wenn alle Staaten so argumentierten wie die Bundesregierung, kritisierte Verfassungsrichter Johannes Masing. Die Bundesregierung wolle sicherlich nicht argumentieren wie die USA im Fall Guantanamo, hakte sein Kollege Andreas Paulus nach. Den Häftlingen auf der extraterritorialen Gefangeneninsel hatte die US-Regierung grundlegende Ansprüche an ein rechtsstaatliches Verfahren abgesprochen.

Zuvor hatte der Vertreter der Bundesregierung Joachim Wieland erläutert, dass Grundrechtsansprüche auf die ganze Welt auszuweiten erhebliche Folgen haben könnte, beispielsweise auch für Bundeswehreinsätze im Ausland. Die Beschwerdeführer hingegen meinen, dass auch der BND an die Verfassung gebunden sei und seine Zielpersonen daher einen Schutzanspruch haben. Die Verweigerung des BND und der Bundesregierung von Grundrechtsansprüchen für Nicht-Deutsche werde vor dem Bundesverfassungsgericht nicht bestehen, sagte der Anwalt der Beschwerdeführer Matthias Bäcker.

Die Beschwerdeführer – eine Gruppe von investigativen Journalisten unter Führung der Organisation Reporter ohne Grenzen – sieht die Pressefreiheit und das Telekommunikationsgeheimnis verletzt. Zu den Klägern gehört etwa die Trägerin des alternativen Nobelpreises Khadija Ismayilova. Diese hatte in ihrem Heimatland Aserbaidschan staatliche Korruption aufgedeckt und wurde dafür auch vom Geheimdienst verfolgt. Wenn ihr Datenverkehr auch durch einen "freundlichen Dienst" wie den BND ausgespäht werde, könne sich das durch einen Austausch zwischen den Geheimdiensten fatal auswirken, meint sie.

Gerade in der Auslandsaufklärung habe der Geheimdienst an vielen Stellen keine "eigene Sensorik", er sei daher dringend auf den Austausch angewiesen, sagte Alexander Schott, Erster Direktor des BND. Zu seinem Auftrag gehöre, das Bild zu erweitern; von den anderen Diensten bekomme der BND "sehr wertvolles und intensives Material". Dafür aber müsse der BND auch selbst zuliefern.

Die Richter fragten nach, wie verhindert werden könne, dass mit den aus Deutschland teils ungefiltert übergebenen Daten Menschenrechte verletzt und im Extremfall Menschen getötet werden. Den Partnerdiensten würden die deutschen Vorschriften vermittelt, sagte Schott. Verstoße ein ausländischer Geheimdienst gegen die Kooperationsvereinbarung, werde die Kooperation im Zweifel aufgekündigt.

Ob die Standards im Ausland eingehalten werden, könne der BND selbstverständlich nicht prüfen, räumte die Vertreterin des Kanzleramtes ein. Auf Nachfrage von heise online nach der Verhandlung konnte sie nicht sagen, ob bereits einmal wegen Missverhaltens ein Abkommen aufgekündigt wurde; und dies, obwohl Schott eingeräumt hatte, dass bei einer Stichprobenprüfung einer Selektorenliste eines Partners schon einmal Unregelmässigkeiten festgestellt wurden.