Zivilisierter streetfighten: Triumph Speed Triple 1200 RS

Mit einem 1200er-Dreizylinder leistet die Speed Triple nun 180 PS. Leichter und eleganter wurde aus dem einstigen Hooligan ein Straßenkämpfer im Maßanzug.

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Bei der Speedy hat Triumph nur das Prinzip "Streetfighter mit Dreizylinder" beibehalten. Nach 15 Jahren war der Motor einfach ausgereizt.

(Bild: Triumph)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Ingo Gach
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Die Speed Triple steht wie kaum ein anderes Modell für die Marke Triumph. Sie hatte schon in den 1990er Jahren als erstes Serienmotorrad den Trend der Streetfighter aufgegriffen, und seitdem wird die "Speedy" von den Fans verehrt. Die neue Triumph Speed Triple 1200 RS sieht ihrer Vorgängerin zwar sehr ähnlich, hat aber kein einziges Teil mehr mit ihr gemeinsam. Motor, Rahmen und Fahrwerk des legendären Streetfighters wurden komplett neu entwickelt.

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Die Idee des Streetfighters entstand in britischen Garagen, wo kreative Kradfreaks die Vollverkleidungen von ihren Superbikes nahmen und nur die Doppelscheinwerfer am Bug beließen. Die Stummellenker wurden gegen breite Lenkstangen getauscht, das Heck gekürzt und gerne auch nach oben gebogen. Fast alle Marken sprangen nach der Triumph Speed Triple auf den Zug auf und bauen bis heute Modelle im aggressiven Streetfighter-Look. Doch keine erlangte den Kultfaktor der Speed Triple, denn mit kaum einer gelangen damals Wheelies so easy und Burnouts so spektakulär wie mit der Dreizylinder-Triumph.

2005 erhielt die Speed Triple einen neuen Dreizylindermotor mit 1050 Kubikzentimeter. Er war von Beginn an sehr überzeugend und bot eine quasi lineare Leistungsentfaltung, ab 2018 leistete die Speed Triple (Test) in der letzten Ausbaustufe amtliche 150 PS. Ihr Hooligan-Image hatte die Speed Triple da schon lange abgelegt, sie begeisterte durch gute Manieren, dank umfangreicher elektronischer Assistenzsysteme und einer verbesserte Handlichkeit, wie man sie in den Vorgängermodellen nicht gekannt hatte. Doch es war klar, dass aus dem inzwischen in die Jahre gekommenen 1050er-Motor nicht noch mehr Leistung herauszuholen war. Nun präsentiert Triumph die komplett neu entwickelte Speed Triple 1200 RS, gegen die ihre Vorgängerin schlagartig verblasst.

Es ist immer riskant, an eine Ikone Hand anzulegen, das wissen auch die Entwickler bei Triumph. Deshalb ist die Ähnlichkeit zur Vorgängerin zwar offensichtlich, aber die Speed Triple 1200 RS wirkt schon optisch deutlich leichter als die 1050er, da haben die Designer ganze Arbeit geleistet. Hinzu kommt, dass die Scheinwerfer sehr tief sitzen und der Speedy einen zum Sprung geduckten Ausdruck verleihen. Der Look geriet noch aggressiver, was vor allem dem Blick aus den beiden schräg gestellten, schmalen LED-Scheinwerfern mit integrierten Tagfahrleuchten zu verdanken ist.

Triumph Speed Triple RS Teil 1 (7 Bilder)

Triumph hat die Speed Triple komplett neu entwickelt. Auch wenn sie der Speed Triple 1050 sehr ähnelt, hat die Speed Triple 1200 RS doch kein Teil von ihr übernommen. Der 1160-cm3-Dreizylinder soll sogar Konstruktionsdetails aus den Maschinen für die Moto2-WM in sich tragen.

Der beliebte Flyscreen ist leider nicht serienmäßig, kann aber als Extra geordert werden und verleiht der Speed Triple eine harmonischere Front, ganz abgesehen von einem etwas besseren Windschutz. Das Heck endet direkt hinter dem Soziussitz in einem LED-Rücklicht und hat den Kennzeichenhalter sowie die LED-Blinker an einen langen, dünnen Kunststoffstreifen montiert. Damit liegt die Speed Triple zwar voll im Trend, schützt aber den Fahrer so gut wie gar nicht vor Spritzwasser vom Hinterreifen.

Es musste natürlich beim Dreizylinder bleiben – die Zahl der Zylinder ist aber auch die einzige Gemeinsamkeit, denn der 1200er wurde von Grund auf neu konstruiert. Er bringt es jetzt auf exakt 1160 Kubikzentimeter und leistet satte 180 PS bei 10.750/min und 125 Nm Drehmoment bei 9000 Touren. Ganz nebenbei sparte das Entwicklungsteam um Chief Engineer Stuart Wood noch sieben Kilogramm Gewicht am Dreizylindermotor, der zudem auch kompakter baut. Triumph wählte für die neue Speed Triple mit 90,0 x 60,8 Millimeter ein deutlich geändertes Bohrung-Hub-Verhältnis, bislang waren es 79,0 x 71,4 Millimeter. Der kürzere Hub ermöglicht dem Dreizylinder ein schnelleres Hochdrehen.

Es ist der PS-stärkste Motor, den Triumph je gebaut hat und es flossen viele Erfahrungen aus dem 765er-Motor der Moto2 (Triumph beliefert seit 2019 exklusiv die Moto2-WM mit Motoren) in die Entwicklung ein. Das von Triumph veröffentlichte Leistungsdiagramm zeigt eine sehr linear verlaufende Kurve, die sich ab 6500/min von der darunter gelegten Kurve des Vorgängermotors löst, um dann in bislang ungeahnte Höhen zu entschweben. Auch kann der Motor nun um 650 Touren höher drehen, bis 11.150/min.

Für das Sechsgang-Getriebe verspricht Triumph kompaktere Abmessungen und die sanftesten Speed Triple-Gangwechsel aller Zeiten, außerdem ist ein Quickshifter für Hoch- und Runterschalten ebenso serienmäßig an Bord wie eine Anti-Hopping-Kupplung. Der neue Motor soll spontaner ansprechen, weil Kurbelwelle und Schwungmasse um zwölf Prozent leichter wurden, und die Zündung sowie das Kühlsystem sind optimiert. Damit soll die 1200er Speed Triple bei Tests auf der Rennstrecke die alte 1050er gleich um etliche Sekunden abgeledert haben. In Sachen Durchzug, aber auch Drehfreude soll die Vorgängerin nicht den Hauch einer Chance gehabt haben.