VDE-Studie: Dem batterieelektrischen Antrieb gehört die Zukunft

Der VDE hat Experten zum Antriebsportfolio der Zukunft befragt. Bei Pkws sehen sie die Batterie klar vorn, E-Fuels später in der Nische im "Liebhaberbereich".

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(Bild: fuyu liu/Shutterstock.com)

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Für Personenkraftfahrzeuge ist der batterieelektrische Antrieb die künftige Alternative zum Verbrennungsmotor. Davon gehen 27 Meinungsführer aus Politik und Wirtschaft aus, die der Elektrotechnik- und IT-Verbands VDE für seine am Freitag veröffentlichte Studie zum Antriebsportfolio der Zukunft befragt hat. Als Gründe nennen sie die bereits recht weite Verbreitung von Elektroautos, den guten energetischen Wirkungsgrad sowie die vorhandene flächendeckende Stromnetz-Infrastruktur.

Die größte Herausforderung sehen die Experten in diesem Bereich noch im Auf- und Ausbau einer bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur. Hier erwarten sie Kapazitätsengpässe bei einer steigenden Anzahl von E-Fahrzeugen. Dafür müssten Lösungen in Form von Netzausbau und intelligentem Lastmanagement geschaffen werden.

Zu den Politikern, die an der Befragung teilnahmen, gehören Karl Holmeier (CSU), Arno Klare und Falko Mohrs von der SPD, die Liberalen Mario Brandenburg und Daniela Kluckert, Cem Özdemir und Anna Christmann von den Grünen sowie Johannes Wieczorek aus dem Bundesverkehrsministerium. Aus der Wirtschaft waren Manager und Techniker von Audi, Bosch, Hyundai, Iveco, Linde, Stromnetz Hamburg und Varta dabei. Dazu kamen Vertreter von Forschungsinstituten wie dem DIW und Unternehmensberater.

Die Befragten seien sich "ziemlich einig" gewesen, dass auf dem Weg zum Ziel "Zero Emission" und der Klimaneutralität des Verkehrssektors am batteriebetriebenen E-Auto kein Weg vorbeiführe, erläuterte Ralf Petri, Bereichsleiter des Geschäftsbereichs Mobilität im VDE, bei der Präsentation der Ergebnisse. Alle hätten die "zentrale Aussage" unterstützt: "Wir müssen die erneuerbaren Energien überall so effizient wie möglich einsetzen. Für den Pkw-Bereich hießt das: möglichst batterieelektrisch."

Bei Lkws ab 12 Tonnen und Überlandbussen bringen die Experten laut der Analyse Wasserstoff und die Brennstoffzelle langsam ins Gespräch. Eine größere Chance sehen sie hier bei Schwergewichtlern bis zu 40 Tonnen sowie in den Bereichen Schienenverkehr, Schiff- und Luftfahrt, wo maßgeblich Gewicht sowie Reichweite eine große Rolle spielen.

Der Schwerlastverkehr verursacht heute rund ein Drittel der CO2-Emissionen des gesamten Verkehrssektors. Aus diesem Grund gilt die Brennstoffzelle den Meinungsführern als wichtiger Baustein auf dem Weg zu lokaler, CO2-neutraler Mobilität in diesen Anwendungsfällen. Voraussetzung soll sein, dass "grüner" Wasserstoff eingesetzt wird, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde. Aber auch hier liegen die Herausforderungen im Infrastrukturausbau sowie bei Importmöglichkeiten für grünen Wasserstoff.

Bislang gebe es deutschlandweit nur etwas über 90 Wasserstofftankstellen, war Petri einen Blick auf den Ist-Zustand. Bei den Brennstoffzellenfahrzeugen seien mit dem Hyundai Nexo, dem Toyota Mirai und dem Mercedes GLC F-Cell nur drei Angebote auf dem deutschen Markt, während bei den Batterieautos alles vom Kleinwagen bis zum Luxussegment mit Porsche und Tesla abgedeckt werde. "Gravierende Technologiesprünge", die eine Kostenreduktion wie bei der Batteriezelle ermöglichten, seien nicht zu erwarten.

Für E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe, die mithilfe von Strom aus Wasser und Kohlendioxid produziert werden, spricht vor allem die einfache Verteilung. Dafür kann die bestehende Infrastruktur von Pipelines, Transportwagen, Tankstellen, Zapfsäulen genutzt werden. Die herkömmlichen Verbrennungsmotoren bleiben damit ebenfalls weiter im Rennen.

Allerdings benötigt die Erzeugung dieser Kraftstoffe im Durchschnitt die sechs- bis achtfache Menge an Primärenergie verglichen mit dem batterieelektrischen Antrieb. Entsprechend hoch sind die zu erwartenden Preise an der Tanke. Die Experten sehen E-Fuels so nur in einem Nischenmarkt für Bestandsfahrzeuge wie Oldtimer oder Motorsportwagen im "Liebhaberbereich" mit hoher Zahlungsbereitschaft.

Der VDE hat dazu auch eine Prognose ausgehend von einer Windkraftanlage mit 3 Megawatt Leistung erstellt. Damit ließen sich demnach 1600 Batteriefahrzeuge, 600 mit Wasserstoff und nur 250 mit E-Fuels betreiben. Dass letztere trotzdem oft als eine Art Sehnsuchtsziel gälten, lässt sich für Petri nur mit ihrer einfachen Handhabbarkeit erklären. Bei den Gesamtbetriebskosten dürften sie deutlich teurer liegen als Batteriefahrzeuge.

Studie: Antriebsportfolio 2030+ mit dem Fokus Straßenverkehr

(Bild: VDE)

Für Petri ist klar: "Die Welt dreht sich um die Batterie und die Brennstoffzelle." Vor allem für erstere spreche, dass die Entwickler die Energiedichte seit 1990 bereits enorm hätten erhöhen können: "Wir kriegen heute 100 Kilowattstunden an Energie rein." Bei gleichem Gewicht sei dies deutlich mehr als noch vor 30 Jahren. Von heute bis 2030 sei zudem ein weiterer Sprung um 30 Prozent nach oben realistisch. Die Kosten lägen heute bei 140 Euro pro kWh, 2030 geschätzt bei unter 70, 2040 bei unter 50 Euro. Die Batteriezelle sei damit derzeit die "effektivste Antriebstechnologie" mit einem großen Anwendungsfeld.

Die Versorgungssicherheit mit Rohstoffen sieht der VDE-Fachmann hier geologisch nicht wirklich eingeschränkt, die geopolitische Lage sei aber problematischer. Andererseits sei die Menschenrechtssituation nicht nur etwa im Minenland Kongo, sondern auch in Ölstaaten "manchmal schwierig". Zudem sei auf der Kathodenseite von Batterien die frühere Lithium-Kobalt-Mischung durch einen wachsenden Anteil an Nickel ersetzt worden, sodass auch Preissprünge abgefedert werden könnten.

Nach dem Hochlauf der E-Mobilität werde zudem das Recycling besser greifen und die Situation "abpuffern", ist sich Petri sicher. Bei der Ökobilanz sei ferner alle neueren Studien zu entnehmen, dass die Batterie mindestens so gut sei wie Benziner und Diesel. Akkus hätten zudem ein viel größeres Entwicklungspotenzial, um ihren CO2-Fußabdruck mithilfe der erneuerbaren Energien deutlich zu reduzieren.

Die Politik will laut der Analyse nun vor allem lokal die emissionsfreie Mobilität technologieoffen unterstützen und die Stärken des batterieelektrischen Antriebs sowie die Chancen des Wasserstoffs nutzen. Die Wirtschaft drängt vor allem auf einen Ausbau der Netze und erhofft sich im Interesse der Investitionssicherheit langfristige Rahmenbedingungen auch mit mehr Wallboxen für Bürger zum Stromtanken zuhause.

Es gelte, den gesamtgesellschaftlichen Dialog zu intensivieren und eine "positive Vision für lokal emissionsfreie Antriebstechnologien 'Made in Germany'" zu kommunizieren, lautet ein Resümee. Nur so könne auch der Endkunde bei Kaufentscheidungen unterstützt werden, argumentierte Petri. Wenn der Bürger Unsicherheit verspüre, werde er sich weiter fragen, warum er sich "in ein batterieelektrisches Fahrzeug begeben" sollte.

(bme)