Power, Sports: Fahrbericht Porsche 911 GT3
Porsche hat den 911 GT3 erneuert. Dabei hat sich Zuffenhausen in großen Schritten den Rennfahrzeugen genähert, um den Vorgänger erstaunlich weit abzuhängen.
(Bild: Clemens Gleich)
Die Powersports-Nische des Fahrzeugbaus spielt nach ihren ganz eigenen Regeln. Was für den Familienkombi wichtig ist, interessiert Interessenten für ein Motorrad, ein Sportquad oder einen Sportwagen überhaupt nicht. Häufig stehen sich die Anforderungen diametral gegenüber. Obwohl man die meisten aktuellen Powersports-Gefährte nur auf einer Rennstrecke wirklich ausfahren kann, verkaufen sie sich hauptsächlich über ihre Straßenzulassung. Siehe auch: die BMW M 1000 RR im Test. Der Markt für reine Rennstreckenfahrzeuge dagegen ist selbst im Vergleich zur Powersports-Nische mikroskopisch.
Einen kleinen Teil erklärt der Parallelbetrieb, wie ihn Nürburgringanwohner fahren (Touristenfahrten sind für straßenzugelassene Fahrzeuge). Auch die Möglichkeit, ein Renntraining auf Achse anfahren zu können, reizt Einsteiger (Fortgeschrittene lernten die Tücken dieses Konzepts häufig schon einmal schmerzhaft kennen). Doch der Hauptgrund liegt woanders, im Erlebnis der Maschinen.
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Den Zahnrädern, Kolben, Reifen, Ventilen und hunderten anderer hörbarer, in ihren Vibrationen spürbarer Teile zu lauschen, das hat eben auch bei kurz über Standgas auf der Deutschen Ferienstraße seinen Reiz. Und da haben wir noch nicht über die Wahrheit gesprochen, die im Verkehrskommunikationschaos steigender Bestandskilometer etwas untergeht: Verkehr klumpt zusammen. Es gibt also jederzeit leere, kurvige Straßen, auf denen selbst im legalen Bereich mehr geht als kurz über Standgas.
Rennsport -> Straße
Vor diesem Hintergrund ist es interessant, wie weit Porsche für den neuen 911 GT3 in Richtung Rennsport ging. Die neue Iteration fährt 17,5 Sekunden schneller um die Nordschleife als der Vorgänger, der dort schon nicht gerade als Slalomhütchen bekannt war. Solche Sprünge resultieren meistens aus Konsequenz. Zu finden sind sie in Detail-Beispielen:
- Doppelquerlenker als Vorderachs-Aufhängung, für feinfühliges Ansprechen des Dämpfers in Kurven
- Überarbeitete Hinterradaufhängung mit Hinterachs-Lenkung (bis zu 2 Grad Lenkeinschlag)
- Serienbereifung Michelin Pilot Sport Cup 2, mit Händleroption auf die weichen Sport Cup 2 R Connect (das "Connect" steht für Michelins Reifendrucküberwachung per App)
- Einstellbare CFK-Spoiler vorn und hinten mit deutlich erhöhtem Abtrieb
- Leichtbaumaterial: LiFePo-Starterbatterie, CFK-Motorhaube, optional CFK-Dach
- Standfeste Bremsen mit 408 mm Durchmesser vorn
- Ohne Aufpreis optional: Clubsport-Paket mit Überrollbügel, Batterietrennschalter, Feuerlöscher und Sechspunktgurt am Fahrersitz
- Einstellbares Fahrwerk
- Neu konstruierte, 10 kg leichtere Abgasanlage
- Motor mittragend fest im Chassis verschraubt, mit minimalen Plastikbuchsen, die hohe Töne wie Ventiltickern herausfiltern. Das ganze Motoraufhängungs-Geraffel der Vormodelle: weg.
Porsche 911 GT3 Details (10 Bilder)

(Bild: Clemens Gleich)
Porsche fahren können
Porsche hat sich sehr angestrengt, damit das Auto trotz größerer Außenmaße nicht schwerer wird als der Vorgänger. Wer sich etwas auskennt, weiß, dass ein paar der genannten Details mit gutem Grund zwar oft in Rennwagen, aber eher selten in Serienfahrzeugen vorkommen. Am interessantesten ist die Kombination von Drehzahl-Saugmotor mit dessen fester Verschraubung im Chassis. Allein Porsches dynamische Motorhalterung weglassen zu können, hat massiv Gewicht gespart.
(Bild: Porsche)
Doch was ist mit den automobilen Kennwerten "Noise, Vibration, Harshness" (NVH)? Die sind erstaunlich okay. Mehr noch: Anderswo basteln die Ingenieure herum, um mehr Lärm in die Kabine zu leiten, damit die Insassen sich bei gleicher Realgeschwindigkeit schneller vorkommen. Hier vollkommen unnötig. Der Körperschall macht die Kabine laut genug – aber nicht so laut, dass es einem Straßenfahrer zu arg würde.
Auch die großen Bremsen freuen sowohl Könner als auch Nixkönner, letzteren vielleicht sogar mehr. Könner bremsen scharf und damit kurz. Die entstehende steile Amplitude der Temperatur lässt sich gut handeln. Nichtkönner kriegen jede Bremse weich, indem sie dauerzaghaft auf dem Pedal herumstehen, bis sich zu viel Hitze im System anstaut. Hier erhalten sie einen erheblichen Aufschub, der helfen kann, beim Lernen Geld zu sparen (das Kiesbett ist ein tendenziell teures Ausflugsziel).