Greenpeace klagt gegen Volkswagen auf Verbrenner-Ausstieg bis 2030

VW wehrt sich gegen die Forderung von Umweltverbänden nach einem Verbrennerausstieg bis 2030. Nun reicht Greenpeace Klage ein.

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(Bild: skovalsky/Shutterstock.com)

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  • dpa

Die beiden Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland haben gemeinsam mit einer Klima-Aktivistin Klage gegen die Volkswagen AG wegen mangelnden Klimaschutzes beim Landgericht Braunschweig eingereicht. Außerdem unterstützte Greenpeace die identische Klage eines Biobauern vor einem weiteren deutschen Landgericht, hieß es am Dienstag in einer Mitteilung der Umweltorganisation. Der VW AG in Wolfsburg lag der Schriftsatz nach Angaben eines Sprechers vom Dienstagmorgen noch nicht vor – das Unternehmen wies die Vorwürfe allerdings schon grundsätzlich zurück.

Die Kläger führen an, dass die gigantischen CO₂-Emissionen des Wolfsburger Autokonzerns erheblich zur Klimakrise und deren Folgen beitrügen. Das Geschäftsmodell von VW sei nicht mit dem Ziel zu vereinbaren, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Zum Schutz ihrer Freiheits- und Eigentumsrechte fordern die Kläger VW unter anderem auf, den Verkauf klimaschädlicher Verbrenner spätestens 2030 weltweit zu beenden. Hätte die Klage Erfolg, würden gut zwei Milliarden Tonnen weniger CO₂ bis zum Jahr 2040 ausgestoßen, hieß es.

In ihrer Argumentation stützen sich die Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser und Roland Hipp, die Fridays-for-Future-Aktivistin Clara Mayer und der Landwirt auch auf das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts sowie ein niederländisches Urteil gegen den Ölkonzern Shell.

Anfang September hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Greenpeace juristische Schritte gegen vier deutsche Konzerne eingeleitet, um sie zu mehr Klimaschutz zu verpflichten. BMW, Mercedes-Benz und VW sowie dem Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea wurden Unterlassungsschreiben zugeleitet. VW lehnte Ende Oktober die juristische Aufforderung ab, seine CO₂-Emissionen schneller zu reduzieren.

Aus VW-Sicht sind Auseinandersetzungen vor Zivilgerichten durch Klagen gegen einzelne Unternehmen nicht der richtige Weg, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Das Unternehmen habe sich klar zum Pariser Klimaabkommen bekannt und will spätestens 2050 bilanziell CO₂-neutral sein. Es sei zudem Aufgabe des Gesetzgebers, den Klimaschutz zu gestalten, hieß es zuletzt. Greenpeace will das nicht gelten lassen. Die Ausstiegsziele von VW seien überdies zu unverbindlich und zu spät angesetzt.

Außerdem: Eine ähnliche Klage hatte bereits Erfolg. Ein niederländisches Gericht stellte im Mai fest, dass nicht nur Staaten, sondern auch Konzerne ihre Treibhausgas-Emissionen verringern müssen und verurteilte den Konzern Shell mit allen Tochterfirmen zu mehr Klimaschutz. VW als global zweitgrößter Autobauer weigere sich, eine Strategie vorzulegen, die auf einem CO2-Restbudget fußt, das mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar sei, hieß es in der Greenpeace-Mitteilung. Um das Budget einzuhalten, müsse der Konzern seinen CO2-Fußabdruck bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 2018 senken, Verbrenner dürften nur noch ein Viertel aller bis dahin verkauften VW-Autos ausmachen und ab 2030 gar nicht mehr in den Verkehr gebracht werden.

"Ein riesiger CO₂-Emittent wie Volkswagen muss sich internationalen Klimazielen und dem Richterspruch aus Karlsruhe beugen", sagte Kaiser am Rande der Klimakonferenz in Glasgow. "Nur mit einem schnellen Abschied vom Verbrenner kann VW seinen Beitrag zur Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad leisten."

Die Wolfsburger hielten dagegen: "Volkswagen steht für Klimaschutz und schnelle Dekarbonisierung des Verkehrssektors, kann diese Herausforderung aber nicht allein bewältigen." Man werde die Klage von Greenpeace nach der Zustellung prüfen. "Unabhängig davon werden wir unsere Transformation mit voller Kraft vorantreiben."

In den vergangenen Monaten hatte es mehrfach Protestaktionen von Greenpeace gegen VW gegeben. Bei der Automesse IAA konfrontierte die Organisation im September Konzernchef Herbert Diess mit ihrer Kritik, der daraufhin sagte, man wolle im Gespräch bleiben. Früheren Angaben zufolge waren Autos aus der VW-Gruppe zuletzt für mindestens rund ein Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich.

VW investiert in den kommenden Jahren eine hohe zweistellige Milliardensumme in Elektro- und Hybridmodelle. Ein festes Datum für einen endgültigen Abschied vom Verbrenner scheut der Konzern jedoch mit Verweis auf die international unterschiedlichen Markt- und Nachfragebedingungen. Die Tochter Audi hatte im Sommer erklärt, die Produktion von Benzin- und Dieselautos – außer in China – spätestens 2033 zu beenden. Ihre Entwicklung soll bei den Ingolstädtern schon deutlich früher auslaufen, ab 2026 sollen neue Modelle nur noch als vollelektrische Batterieautos auf den Weltmarkt kommen. Etliche andere Autokonzerne und auch ganze Länder habe feste Ausstiegsdaten für den Verbrennungsmotor angekündigt.

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[Update, 9.11.2021. 11:45 Uhr, u.a. Reaktion von VW ergänzt]

(kbe)