Fahrbericht BMW CE 04: Teurer Elektroroller wie gemacht für die Stadt

Auf einer ersten Ausfahrt bewies der elektrische Roller CE 04, wie ernst es BMW mit der E-Mobilität in diesem Segment meint. Der E-Roller ist teuer, aber gut.

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BMW CE 04

Viel Platz für die Beine bietet der BMW CE 04; die Sitzposition ist entspannt.

(Bild: Jörg Künstle/BMW)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Ulf Böhringer
Inhaltsverzeichnis

Im Mai 2017 präsentierte BMW auf dem elitären Show-Event Concorso d’Eleganza am Comer See ein kleines E-Zweirad: Das Concept CE 04 verblüffte mit seinem ungewöhnlichen Aussehen und noch nie zuvor gesehenen Details. Jetzt, annähernd fünf Jahre später, ist der CE 04 serienreif. Dieses Frühjahr ist er ab 11.990 Euro zu haben.

Vom Concept-Bike unterscheidet sich das Serienfahrzeug nur unwesentlich. Die niedrige, extrem langgezogene Silhouette mit dem sehr langen Radstand ist genauso umgesetzt worden wie das von einer seitlichen Klappe verschlossene Staufach unter der ziemlich schmalen, luftig wirkenden Sitzbank. Auch das schwarze hintere Scheibenrad hat es in die Serie geschafft, und dasselbe gilt für die Kunststoffverkleidungen der beiden vorderen Scheibenbremsen. Die ersten 60 Kilometer kreuz und quer durch Barcelona zeigen, dass BMW mit viel Überlegung und einer Menge Gefühl ein E-Fahrzeug für den urbanen Raum geschaffen hat; ausreichend schnell auch für städtische Autobahnabschnitte und wendig genug für den zähen Verkehr in den Stadtzentren.

Außer der verblüffenden Ähnlichkeit mit der Studie fällt sofort das aufgeräumt wirkende Cockpit mit dem riesigen TFT-Display auf. Schalter, Wippen und Taster sowie der sogenannte Multicontroller, ein Dreh- und Schiebering links am Lenker, sind identisch mit so gut wie jedem BMW Motorrad. Das sehr klar anzeigende Display kann zwei Anzeigen in unterschiedlich großen Fenstern zugleich abbilden: Beispielsweise links den Info-Screen mit allen fahrrelevanten Informationen und rechts daneben die Navigationshinweise. Sogar eine Kartendarstellung ist möglich, wenn das Smartphone und die BMW-App zusammengefunden haben.

BMW CE 04 (5 Bilder)

Die Navigation erfolgt mittels Smartphone und BMW App. Die Kartendarstellung kann über die gesamte Breite des 10,25 Zoll großen TFT-Display gezogen werden.
(Bild: BMW)

Für das Handy steht ein Fach bereit, in dem es sicher liegt und zugleich durch eine aktive Belüftung vor Überhitzung geschützt ist. Auch an eine Stromversorgung über einen USB-C-Anschluss hat BMW gedacht. Das für mittlerweile viele Pendler Wichtigste ist also vorhanden am CE 04. Die Nutzung des Smartphones zur Kommunikation, Information und Unterhaltung sowie gegebenenfalls auch zur Navigation ist gesichert. Die Bedienung wird ziemlich sicher von den meisten Fahrern nach kurzer Eingewöhnungszeit als einfach empfunden werden.

Mit der sensiblen Regelung der Leistungsabgabe, bei Elektrofahrzeugen insbesondere in der Anfangszeit der E-Mobilität durchaus ein Thema, hat BMW bereits Erfahrung gesammelt. Von 2014 bis 2020 war der elektrisch angetriebene Maxi-Scooter C Evolution im Programm. 8000 Einheiten konnten von ihm abgesetzt werden, hauptsächlich in Frankreich, und dort besonders stark im Großraum Paris. Mit dem fast einen Zentner schwereren Vorläufer konnte BMW wesentliche Erfahrungen sammeln. Wer je einen C Evolution gefahren ist, fühlt sich auf dem CE 04 deshalb sofort wie zu Hause.

Wesentliche Unterschiede bestehen beim Gewicht und bei der Optik. Der Vorgänger war, auch wegen seines massiven Akkumulators, ein echter Klotz. Der 230 statt 280 Kilogramm wiegende CE 04 wirkt dagegen fast filigran. Wobei BMW hier mit optischen Kniffen nachgeholfen hat. Die in sechs Ausführungen erhältliche, aber stets recht schmale Sitzbank ist wenige Zentimeter oberhalb der Karosserie montiert. Fast scheint sie zu schweben. Der Eindruck einer gewissen Leichtigkeit wird auch dadurch unterstützt, dass der CE 04 kein Heck im bisher bekannten Sinne aufweist: Die Sitzbank endet einfach, ohne dass sie nach hinten durch irgendetwas begrenzt wird: kein Topcase, keine Sissy-Bar, nichts.

BMW CE 04 (5 Bilder)

Wer will, kann die Füße weit nach vorne strecken; Platz genug ist da.
(Bild: Jörg Künstle/BMW)

Obwohl die Bank schmal ist, sitzt man bequem. Mit dem CE 04 ist der Fahrer wohl auch so gut wie nie eine volle Stunde am Stück unterwegs. Er dürfte meistens im verdichteten Raum eingesetzt werden, wo Stopps in der Regel häufig sind. Das konzentrierte Fahren im dichten Verkehr der Städte lenkt zudem von Nebensächlichkeiten ab. Die angebotenen Sitzbänke unterscheiden sich durch eine zusätzliche Heizmöglichkeit oder höckerartige Aufpolsterungen.

Sobald der CE 04 durch Drücken des Starterknopfes fahrbereit ist, signalisiert das Display "ready". Nach dem Einschalten ist grundsätzlich der Fahrmodus Eco eingestellt. Er rekuperiert dann so kräftig, dass man selbst im dichten Stadtverkehr die Betriebsbremse nur selten benötigt. Schon nach ein paar Hundert Metern hat man sich darauf eingestellt. Die Bremslichter treten angesichts der kräftigen Verzögerung selbsttätig in Aktion.

Es liegt alleine am Fahrer, ob die Fuhre nun gemütlich anrollt oder wie Usain Bolt aus dem Startblock schnellt. 2,6 Sekunden, sagt BMW, dauert es bis zu Tempo 50, und wir haben an dieser Aussage keinen Zweifel. Beim Erstkontakt in Barcelona, dessen rote Wellen weithin bekannt sind, waren wir stets als Erste an der nächsten roten Ampel.

Der wassergekühlte E-Motor, den BMW in Berlin herstellt, leistet laut Datenblatt 31 kW. Weil bei E-Motoren die maximale Leistung über einen sehr breiten Drehzahlbereich anliegt, resultiert daraus eine gewaltige Beschleunigung. Auch wenn man bei Motorrädern den Fahrspaß häufig in möglicher Schräglage auf kurvigen Strecken bemisst, kann man dem CE 04 ebenfalls Freude beim Fahren attestieren. Hier zeigt sie sich eben in der kräftigen und ansatzlosen Beschleunigung, wobei die BMW keineswegs schräglagen-unwillig ist. Aber im städtischen Bereich stehen Kurvenstrecken nur selten im Vordergrund. Wichtiger ist da, dass man auch auf einer Stadtautobahn mithalten kann. Die Abregelung bei 120 km/h erscheint praxisgerecht. Das Fahrverhalten ist erwartungsgemäß auch bei höherem Tempo tadellos.

Knapp 7 kWh pro 100 Kilometer signalisierte das Display auf dieser Ausfahrt. Angesichts des nutzbaren Energiegehaltes von 8,5 kWh erscheinen die von BMW genannten 130 Kilometer Reichweite durchaus realistisch, wenn sich der Fahrer etwas mehr zurückhält. Sollte die Batterie komplett leer sein, braucht es 4:20 Stunden an einer mit 230-Volt-Steckdose. Das Vorladegerät ist mit 10 A abgesichert. Die maximale Ladeleistung liegt also bei 2,3 kW, von denen die Ladeverluste noch abgezogen werden müssen. Fixer geht das über das Sonderzubehör "Schnellladen". Mit dem stärkeren, integrierten 30-A-Ladegerät und dem dazugehörigen Kabel lässt sich der Akku in 1:05 Stunden von komplett leer auf 80 Prozent und damit etwa 100 Kilometer Reichweite bringen.

Natürlich lässt unsere erste 60 Kilometer-Proberunde nur beschränkt Aussagen darüber zu, wie geschickt sich ein Fahrzeug im Alltag schlägt. Der CE 04 bringt jedenfalls sehr gute Voraussetzungen dafür mit: Das Staufach unterm Sitz, von der Seite mittels einer Klappe mit Gasdruckfeder zugänglich, ist geräumig genug auch für einen voluminösen Helm. Die Ladebuchse ist leicht erreichbar, die Sitzposition ist entspannt, der vom kleinen, orange eingefärbten Windschild gelieferte Windschutz angenehm.