Energie: Europa sucht den Superlieferanten

Viele potenzielle Lieferländer für Wasserstoff oder E-Fuels haben einen so hohen Eigenbedarf, dass es für den Export kaum reichen dürfte – mit einer Ausnahme.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 78 Kommentare lesen

(Bild: petrmalinak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Europa hofft, mit dem Import von Energie aus Nordafrika, dem Nahen Osten oder aus Übersee seine Energielücken schließen zu können. Doch die meisten potenziellen Exportländer werden ihre Energie selbst brauchen, wie das Magazin MIT Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 3/2022 schreibt (jetzt am Kiosk).

In der Mena-Region (Nordafrika und Naher Osten) gibt es viel Sonne, Platz und Wind. "Dank seiner geografischen Nähe könnte Nordafrika erhebliche Mengen zu konkurrenzfähigen Kosten liefern", sagt Energieanalyst Maximilian Pfennig vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesysteme in Kassel – zumindest, solange es dort eine ausreichende politische Stabilität für Investoren gebe.

Dieser Text stammt aus: Technology Review 3/2022

(Bild: 

Technology Review 3/2022 im heise shop

)

Der Krieg in der Ukraine hat ein großes Umdenken bezüglich unserer Energiepolitik ausgelöst. Wir beleuchten, welche kurz-, mittel- und langfristigen Optionen wir haben, um der Abhängigkeit vom russischen Erdgas zu entkommen. Das neue Heft ist ab dem 31.3. im Handel und ab dem 30.3. bequem im heise shop bestellbar. Highlights aus dem Heft:

Schon vor dreizehn Jahren wurde die Idee im Rahmen des Desertec-Projekts breit diskutiert. Damals ging es vor allem darum, Strom per Seekabel und Hochspannungsleitungen nach Europa zu leiten. Doch der Fokus lag zu sehr auf dem Energieexport, zu wenig auf dem wachsenden Eigenbedarf der Mena-Staaten. "Nun gilt es, nicht die Fehler vom ersten Desertec-Anlauf zu wiederholen", sagt Peter Viebahn vom Wuppertal Institut. Die Bedürfnisse der Mena-Staaten sollen im Vordergrund stehen. Erst wenn diese befriedigt sind, könnte ein Energieexport folgen.

Auch wenn die Desertec-Idee in ihrer ursprünglichen Fassung (Wüstenstrom plus Export) heute tot ist, haben einige ihrer Impulse überlebt. So unterstützt Deutschland über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) seit vielen Jahren etwa die marokkanische Energiewende.

Musterschüler in der Mena-Region ist Marokko. Noch vor einem guten Jahrzehnt war es fast völlig von teuren Öl- und Gasimporten abhängig. Bis 2030 will es 52 Prozent der Stromversorgung mit Solar-, Wind- und Wasserkraft decken. Dieser Meilenstein könnte nach Angaben der marokkanischen Agentur für Solarenergie (Masen) sogar schon 2024 erreicht werden. Doch auch damit wäre nicht einmal die Hälfte des eigenen Gesamtbedarfs gedeckt, rechnet man noch die Energie für Verkehr, Wärme und Industrie hinzu.

Auch auf der arabischen Halbinsel gibt es ambitionierte Länder. Saudi-Arabien etwa will bis 2030 die Hälfte seines gesamten Energiebedarfs klimaneutral decken. Die Vereinigten Arabischen Emiraten streben 44 Prozent bis 2050 an. Doch selbst, wenn sie diese ziemlich sportlichen Ziele erreichen (und man außer Acht lässt, dass dabei Kernkraft im Spiel ist): Für den Export bliebe wenig übrig.

Für das Klima ist es kein Problem, wenn potenzielle Energieexporteure zunächst ihren eigenen Verbrauch an fossilen Brennstoffen durch Erneuerbare ersetzen. Im Gegenteil: Dadurch entfällt der Aufwand für den Transport. Europas Versorgungssicherheit helfen solche Gedanken allerdings nicht weiter.

Muss sich Europa also in Übersee nach Energie umschauen? Eine große Entfernung ist jedenfalls nicht notwendigerweise ein KO-Kriterium. "Je hochwertiger der Energieträger, desto weitere Transportstrecken rechnen sich", sagt Energiestratege Pfennig. Einen Vorgeschmack darauf gibt eine Fabrik für synthetische Kraftstoffe, die Porsche und Siemens Energy in Chile errichten wollen.

Allerdings könnte auch in Chile – sowie in ähnlich geeigneten Standorten in den USA und Argentinien – der Eigenbedarf einen Export bremsen. Ganz anders in Australien: Auf dem dünn besiedelten Kontinent stehen 25 Millionen Einwohner gigantischen Flächen mit großen Wind- und Solarpotenzial gegenüber. Das macht auch synthetischen Flugkraftstoff aus Australien attraktiv, wie Pfennig mit Kollegen in seinem PtX-Atlas analysiert hat. Und das HySupply-Projekt des Acatech will bis Herbst 2022 eine Roadmap für einen Energieimport im großen Maßstab vorlegen.

Den vollständigen Text "Europa braucht mehr Sonne" lesen Sie hier, wenn Sie Zugang zu heise select haben.

(grh)