E-Motorrad Ducati MotoE V21L: Rennmaschine als Serienvorläufer

Ducati stellt ab 2023 die Einheitsmotorräder für die Elektro-WM. Dem leichten Prototyp V21L dürften bald elektrische Ducati für die Straße folgen.

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Ducati MotoE V21L

Ducati stellt ab nächstem Jahr die Elektromotorräder in MotoE-WM. Der Prototyp V21L wurde jetzt von der italienischen Marke präsentiert.

(Bild: Ducati)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Anfang 2019 verkündete Ducati-Boss Claudio Domenicali, dass seine Marke zukünftig auch Elektromotorräder bauen würde. Danach herrschte in Bologna lange Zeit absolute Funkstille zu dem Thema, bis im Oktober 2021 die überraschende Nachricht kam, Ducati würde ab 2023 die Motorräder für die FIM MotoE (WM für elektrische Motorräder) stellen und somit die Marke Energica ablösen. Jetzt präsentiert Ducati den neuen, elektrischen Prototyp mit der Bezeichnung V21L.

Es war Ehrensache, dass Ducati das Modell des kleinen Elektromotorrad-Herstellers Energica übertrumpfen musste. Die einzelnen Entwicklungsabteilungen von Ducati arbeiteten an dem Projekt eng zusammen. Die Marke verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im Rennsport, ist zigfacher Superbike-Weltmeister und hat immerhin schon einmal die MotoGP gewonnen. Dennoch stellte ein Elektromotorrad selbst für die Sportmotorrad-Marke Ducati eine Herausforderung dar, begaben sie sich doch auf völlig neues Terrain.

Die R&D-Abteilung von Ducati war für die Entwicklung des elektrischen Antriebsstrangs zuständig und das Design übernahm das Centro Stile Ducati. Die Rennabteilung Ducati Corse arbeitete an elektronischen Bauteilen, der Software-Steuerung sowie der Aerodynamik und übernahm die Montage, die Tests und Datenerfassung der V21L. Synergieeffekt zum Volkswagen-Konzern (Ducati gehört zu Audi) und Porsche, wo man schon reichlich Erfahrung mit Elektromotoren hat, haben dabei natürlich geholfen.

Ducati-CEO Domenicali, bekannt als begeisterter Sportfahrer, ließ es sich nicht nehmen, den Prototyp persönlich auf der Rennstrecke zu testen. Er verkündete danach: "In dem Moment, in dem ich in die Box zurückkehrte, fühlte ich ein tiefes Gefühl des Stolzes für das, was wir bei diesem Projekt erreicht haben." Die Entwickler scheinen tatsächlich gute Arbeit geleistet zu haben, denn während die Energica noch unter ihrem hohen Gewicht von 260 kg litt, soll die Ducati V21L nur 225 kg auf die Waage bringen. Somit unterschreitet die Ducati die von der FIM und Dorna vorgeschriebene Mindestanforderung für ein Motorrad, das die Renndistanz absolvieren darf, bereits um 12 kg.

Ducati MotoE (4 Bilder)

Die Ducati V21L leistet 110 kW und bietet 140 Nm Drehmoment. Aufhorchen lässt das vergleichsweise geringe Gewicht von 225 kg.

Die Höchstleistung gibt Ducati mit 110 kW an. Das klingt erst einmal nicht sonderlich beeindruckend, drückt ihr Superbike Panigale V4 doch knapp 216 PS auf die Kurbelwelle, aber das maximale Drehmoment der V21L von 140 Nm ist eine amtliche Ansage – da kann die Panigale V4 "nur" 123 Nm vorweisen. Ducati beziffert das Gewicht der Batterie auf 110 kg, also rund die Hälfte des Gesamtgewichts entfällt auf den Akku, der zentral positioniert wurde. Er besteht aus 1152 zylindrische Zellen des Typs 21700. Das Batteriegehäuse aus Kohlefaserlaminat fungiert dabei als tragendes Element. An ihm sind der Kohlefaser-Heckrahmen, die Aluminium-Schwinge und der Lenkkopf montiert.

Der Elektromotor bringt 21 kg auf die Waage und arbeitet mit 800 Volt Spannung. Der Wechselrichter wiegt weitere 5 kg, die Schwinge 4,8 kg und der Frontrahmen 3,7 kg. Im Heck befindet sich das Ladegerät. Besonders stolz ist Ducati auf die zwei Kühlkreisläufe, einen für die Batterie, der andere für die Motor-/Wechselrichtereinheit. Das bietet nicht nur gleichmäßige Temperaturen für eine konstante Leistungsabgabe, sondern auch den Vorteil, dass die Batterie der V21L nach der Rückkehr in die Box nicht erst abkühlen muss, sondern sofort geladen werden kann. Es dauert ca. 45 Minuten, bis der Akku auf 80 Prozent gefüllt ist.

Bei den Fahrwerkskomponenten griff Ducati auf bewährte Zulieferer zurück. Öhlins liefert die NPX25/30-Upside-down-Gabel, den Lenkungsdämpfer und das TTX36-Federbein, Brembo stellt zwei GP4RR-M4-Bremssättel mit 338,5-mm-Bremsscheiben, eine radiale Bremspumpe und hinten einen P34-Bremssattel mit einer 220-mm-Bremsscheibe. Für die Entwicklung des E-Motorrads zeichnet auch das Test-Team von Ducati Corse verantwortlich, zu dem auch der Ex-Supersport-Weltmeister und dreifache Superbike-Vizeweltmeister Chaz Davies gehört. Bei Tests in Mugello erreichte die V21L auf der langen Start-Ziel-Geraden 275 km/h.

Ducati MotoE Details (10 Bilder)

Bei Tests in Mugello rannte die V21L bereits 275 km/h. Nächstes Jahr werden 18 der Elektro-Ducatis bei der FIM MotoE im Rahmen der MotoGP starten.

An jedem Rennwochenende werden nächste Saison 18 Elektromotorräder aus Bologna im Rahmen der MotoGP starten. Vielleicht wird der MotoE dann durch den berühmten Namen Ducati und die verbesserte Fahrdynamik mehr Aufmerksamkeit zuteil. Doch das MotoE-Projekt ist für Ducati mehr als nur ein Rennsporteinsatz, sondern hat strategische Bedeutung. Es soll ein rasendes Entwicklungslabor sein, denn die Marke aus Bologna will zukünftig auch Serienmotorräder mit Elektroantrieb bauen.

Vincenzo de Silvio, Direktor für Forschung und Entwicklung bei Ducati, erklärte dazu: "Die Förderung des internen Know-hows des Unternehmens ist bereits heute unerlässlich, um bereit zu sein, wenn die Zeit gekommen ist, die erste elektrische Straßenmaschine von Ducati zu produzieren." Ein Elektromotorrad von der legendären Sportmarke Ducati könnte tatsächlich zum Gamechanger in der E-Motorrad-Diskussion werden. Lehnt bislang noch die überwältigende Mehrheit der Motorradfahrer Elektromotorräder ab, wäre eine attraktive und leichte E-Ducati für viele vielleicht ein Grund, ihre Meinung zu ändern.

(mfz)