Amazon plant angeblich die Entlassung von rund 10.000 Mitarbeitern

Der Abbau von etwa 10.000 Arbeitsplätzen soll Berichten zufolge noch in dieser Woche beginnen. Betroffen sind der Unternehmens- und Technologiebereich.

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Amazon-Schriftzug

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Knobloch
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Amazon plant die Entlassung von rund 10.000 Angestellten im Unternehmens- und Technologiebereich. Der massive Stellenabbau soll noch in dieser Woche beginnen. Das berichtete die US-Tageszeitung New York Times am Montag und beruft sich dabei auf Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind.

Dem Bericht zufolge werden sich die Kürzungen auf Amazons Geräteorganisation, einschließlich des Sprachassistenten Alexa, sowie auf die Einzelhandelsabteilung und die Personalabteilung konzentrieren. Die Gesamtzahl der Entlassungen ist demnach noch offen. Die New York Times schreibt von rund 10.000 Arbeitsplätzen, die wegfallen sollen. Das wären ungefähr drei Prozent der Amazon-Belegschaft in den USA. Weltweit beschäftigt der Konzern mehr als 1,5 Millionen Menschen, die hauptsächlich auf Stundenbasis angestellt sind, so das Blatt. Amazons geplanter Stellenabbau während der kritischen Weihnachtssaison zeige, so die Zeitung weiter, wie schnell die sich verschlechternde weltweite Konjunktur Druck auf das Unternehmen ausübt, Geschäftsbereiche zu verkleinern, die seit Jahren überbesetzt waren oder zu wenig geliefert haben.

Sich ändernde Geschäftsmodelle und die unsichere Wirtschaftslage haben in der gesamten Tech-Branche zu Entlassungen geführt. Twitter-Neueigentümer Elon Musk hat Anfang des Monats die Zahl der Mitarbeiter des Kurznachrichtendienstes halbiert. Letzte Woche gab Meta, die Muttergesellschaft von Facebook und Instagram, bekannt, dass sie 11.000 Mitarbeiter entlassen will. Der Kahlschlag würde etwa 13 Prozent der Belegschaft umfassen. Lyft, Stripe, Snap und andere Tech-Unternehmen haben in den letzten Monaten ebenfalls Mitarbeiter entlassen.

In der Pandemie hatte Amazons große Gewinne eingestrichen, da die Verbraucher vermehrt online einkauften und Unternehmen vermehrt Amazons Cloud-Computing-Dienste nutzten. Der Konzern verdoppelte seine Belegschaft in zwei Jahren und steckte die Gewinne in die Expansion. Anfang dieses Jahres jedoch verlangsamte sich das Wachstum. Amazon sah sich mit hohen Kosten konfrontiert, die sich aus Überinvestitionen und der raschen Expansion ergaben, schreibt die New York Times, während veränderte Einkaufsgewohnheiten und eine hohe Inflation den Umsatz beeinträchtigten.

Zwar verkündete der weltgrößte Online-Händler Ende Oktober ein zweistelliges Wachstum, warnte angesichts erhöhter Inflation und Rezessionssorgen aber vor einem schwachen Weihnachtsgeschäft.

Der Amazon-Vorstandsvorsitzende Andy Jassy, der zuvor das lukrative Cloud-Computing-Geschäft des Konzerns leitete, hat sich daran gemacht, die Kosten schnell zu senken. Zunächst zog er die Expansion der Lagerhäuser zurück, die während der Pandemie überlastet waren, und widmete sich dann anderen Bereichen des Unternehmens. In den letzten Monaten hat Amazon auch eine Reihe von Initiativen geschlossen oder reduziert, darunter Amazon Care, seinen Dienst für medizinische Grund- und Notfallversorgung, der nicht genügend Kunden fand. Noch im Juli kaufte Amazon eine Polikliniken-Kette für 3,9 Milliarden US-Dollar. Vor wenigen Wochen gab Amazon die Entwicklung von Lieferrobotern für Gehwege auf. Der kühlschrankgroße Roboter Scout sollte Amazon-Kunden ihre Waren bis zur Haustür rollen. Von April bis September verringerte Amazon die Zahl seiner Mitarbeiter zudem um fast 80.000, vor allem durch hohe Fluktuation bei den Angestellten.

Im September verhängte Amazon einen Einstellungsstopp für mehrere kleinere Teams. Im Oktober stoppte Amazon die Besetzung von mehr als 10.000 offenen Stellen in seinem Kerngeschäft Einzelhandel. Vor zwei Wochen wurde ein Einstellungsstopp für das gesamte Unternehmen verhängt, einschließlich der Cloud-Computing-Sparte, und zwar für die nächsten Monate. Und nun sollen sogar massenhafte Entlassungen folgen.

Derweil versucht Amazon seit Jahren, seine Angestellten davon abzuhalten, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Im Juli warnte der Konzern seine Mitarbeiter per "Digitalem Flugblatt" vor dem Beitritt zur Gewerkschaft Amazon Labor Union (ALU) in einem Logistikzentrum ALB1 im US-Bundesstaat New York.

Bei Amazon gab und gibt es immer wieder Versuche, gewerkschaftliche Vertretungen in den über die USA verstreuten Einrichtungen des Onlinehändlers zu gründen. Geglückt ist das bislang nur im Amazon-Lager JFK 8 in Staten Island im Bundesstaat New York. Mit deutlicher Mehrheit votierten die Angestellten dort Anfang April für die Gründung einer Arbeitnehmervertretung. Kurz darauf feuerte das Unternehmen mehrere leitende Angestellte, nachdem der Kampf gegen die erste Gewerkschaft gescheitert war.

Das zeigt, im Kampf gegen gewerkschaftliche Organisierung seiner Mitarbeiter versteht Amazon keinen Spaß. Und die Bemühungen des Konzerns dagegen sind durchaus umfangreich. So wurde ein firmeninterner Messenger entwickelt, der die Worte "Gewerkschaft", Toilette" und "Lohnerhöhung" blockierte.

Auch in Deutschland kommt es immer wieder zu Streiks in Amazon-Einrichtungen. Die Gewerkschaft Verdi versucht seit Jahren ohne Ergebnis, bei dem US-Konzern den Flächentarifvertrag des Versand- und Einzelhandels durchzusetzen oder einen Haustarif abzuschließen. Stattdessen wendet Amazon ein eigenes Vergütungssystem an.

(akn)