Biosprit: Nur auf dem Papier klimafreundlich

Das Umweltministerium will nach Palmöl das Ende für weitere Biosprit-Sorten. Seine Klimaziele muss der Verkehrssektor wohl auf anderen Wegen erreichen.

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(Bild: Scharfsinn/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Seit dem 1. Januar wird hierzulande kein Palmöl mehr in den Biosprit gemischt. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will nun auch Agrartreibstoffe aus Soja, Mais, Raps, Zuckerrohr, Zuckerrüben und Weizen aus dem Markt drängen. Das Argument: Die intensive Landwirtschaft verursacht Flächenverbrauch und Verlust an Artenvielfalt.

Damit hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) eine Option weniger, seine Klimaziele zu erreichen. Biosprit sei bislang "das wichtigste Mittel, um die CO₂-Emissionen im Verkehr zu senken", schreibt der Spiegel, und fragt rhetorisch: "Scheitert das gute Ziel des Klimaschutzes am perfekten Anspruch des ökologischen, nachhaltigen Umgangs mit der Natur?"

Die Debatte klingt bekannt, etwa aus der Windkraft: Wie viele tote Vögel ist uns eine Megawattstunde Windstrom wert? Oder allgemeiner: Welche Kollateralschäden sind wir für die Vermeidung von x Tonnen CO2 in Kauf zu nehmen bereit? Eine solche Debatte ist notwendig und muss geführt werden.

Bei den Biotreibstoffen ist die Lage allerdings eine andere. Hier dreht sich die Debatte nicht darum, Nutzen gegen Nachteile abzuwägen. Sondern darum, ob Biosprit überhaupt einen Nutzen für das Klima bringt.

Ein Kommentar von Gregor Honsel

Gregor Honsel ist seit 2006 TR-Redakteur. Er glaubt, dass viele komplexe Probleme einfache, leichtverständliche, aber falsche Lösungen haben.

Zwar werden immer wieder Zahlen kolportiert, der Einsatz von Agrartreibstoffen hätte soundsoviel Tonnen CO2 vermieden. Doch diese Zahlen stehen auf wackligen Füßen. Sie lassen zwei Faktoren außer Acht. Erstens die "indirekte Landnutzungsänderung": Auch, wenn für Energiepflanzen kein Regenwald unmittelbar gerodet wird, verdrängen diese möglicherweise den Anbau von Lebensmitteln, für die dann eben doch wieder wertvoller Wald vernichtet wird. Dieser Effekt ist schon lange bekannt, doch bis heute ist es nicht gelungen, ihn seriös zu beziffern. Damit steht und fällt aber die Klimabilanz.

Zweitens die "Opportunitätskosten": Bei jeder Entscheidung, eine bestimmte Ressource zu einem bestimmten Zweck zu nutzen, muss überdacht werden, ob diese Ressource nicht für einen anderen Zweck viel sinnvoller verwendet werden könnte. Übertragen auf den Biosprit heißt das: Wäre es für das Klima nicht sinnvoller, einen Hektar Ackerfläche zu renaturieren und als CO2-Senke zu nutzen, als darauf Energiepflanzen anzubauen? Forscher des Heidelberger IFEU-Instituts haben diese Frage untersucht und klar bejaht.

Wenn aber begründeter Zweifel daran herrscht, dass Biosprit überhaupt zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen beiträgt, dann erübrigt sich auch die Debatte darüber, welche Nachteile man dafür in Kauf nehmen will. Es sei denn, man findet sich damit ab, dass die Senkung nur auf dem Papier besteht.

(grh)