Auf Wiedersehen Wasserstoff

Seite 2: Auf Wiedersehen Wasserstoff

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Zur Verwirklichung dieser Vision waren im 6. Forschungsrahmenprogramm der EU rund 300 Millionen Euro vorgesehen. Allein in Deutschland flossen 2004 rund 85 Millionen Euro von Bund, Ländern und der EU in die Wasserstoff- und Brennstoffzellenforschung, und auch die neue Bundesregierung hat sich ein „nationales Innovationsprogramm zu Wasserstofftechnologien“ auf die Fahnen und in den Koalitionsvertrag geschrieben. Im März 2006 kündigte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee an, über die nächsten zehn Jahre zusätzliche 500 Millionen Euro Fördermittel für die Entwicklung von Wasserstoffautos bereitstellen zu wollen.

Wasserstoffgewinnung kostet Energie

Doch was Jeremy Rifkin beim Propagieren seiner H2-Revolution nicht sagt, ist, wo die Unmengen an Wasserstoff für dieses Paradies auf Erden eigentlich herkommen sollen: Wasserstoff ist nun einmal keine Energiequelle wie Erdöl oder Erdgas, die uns helfen könnte, in der Zeit nach dem Versiegen der fossilen Energiequellen über die Runden zu kommen. Wasserstoff kommt in der Natur in freier Form so gut wie gar nicht vor. Stattdessen ist er in Wasser, Biomasse oder fossilen Kohlenwasserstoffen wie Kohle und Erdgas gebunden. Bevor sich das Gas also als Energielieferant einsetzen lässt, muss es aus seinen bestehenden Verbindungen gelöst werden. Das kostet jede Menge Energie – von der im frei werdenden Wasserstoff anschließend nur ein kleiner Teil gespeichert werden kann.

Dampfreformierung wirtschaftlich, aber klimaschädigend

Für die Herstellung von Wasserstoff steht bereits eine ganze Reihe von Verfahren zur Verfügung. Mit über 90 Prozent ist die Dampfreformierung von Erdgas am weitesten verbreitet. Dabei werden bei 950 Grad Temperatur und einem Druck von 25 bar Erdgas und Wasserdampf zusammengebracht und in Wasserstoff und Kohlendioxid umgewandelt. Die Dampfreformierung ist zurzeit die wirtschaftlichste Methode, Wasserstoff zu erzeugen, und dazu die mit dem höchsten Wirkungsgrad. Allerdings wird dabei genauso viel von dem Treibhausgas Kohlendioxid frei, wie auch bei der Verbrennung der entsprechenden Menge Erdgas entstanden wäre. Für eine nachhaltige und klimaschonende Energiewirtschaft ist die Dampfreformierung also kein gangbarer Weg.

Umweltfreundliche Elektrolyse

Eine weitere – viel diskutierte, aber wenig verbreitete – Methode, Wasserstoff herzustellen, ist die Elektrolyse. Dabei spaltet ein Elektrolyseur Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in seine beiden Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff auf. Rund ein Prozent des weltweiten Wasserstoffs wird heute aus der Elektrolyse von Wasser hergestellt. Die meisten Szenarien für eine zukünftige Wasserstoffwirtschaft favorisieren die Elektrolyse. Denn mit Strom aus erneuerbaren Energien ließe sich so am ehesten umweltfreundlicher Wasserstoff erzeugen.

Pure Energieverschwendung

Zumindest theoretisch – aber selbst jahrelang Wasserstoffbegeisterte fürchten mittlerweile, dass die neue Art des Wirtschaftens auf pure Energieverschwendung hinausläuft. „Früher habe ich den Wasserstoff hoch gelobt“, sagt Ulf Bossel, promovierter Ingenieur und Brennstoffzellenforscher, „aber dann habe ich das Ganze mal von vorn bis hinten durchgerechnet.“ Sein Ergebnis: Die Wasserstoffwirtschaft kann gar nicht kommen. Als künstlicher Energieträger, der erst verlustträchtig unter Einsatz anderer Energien hergestellt werden muss, könne Wasserstoff niemals konkurrenzfähig werden.

Strombedarf verdreifacht sich

„Der gesamte Energieverbrauch von Diesel und Benzin im Verkehrsbereich entspricht der Energie etwa der gesamten Stromerzeugung Deutschlands“, gibt auch Helmut Geipel vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWI) zu bedenken. „Mit Umwandlungsverlusten bräuchte man die dreifache Kapazität der heutigen Stromerzeugung in Deutschland, um 100 Prozent des Verkehrsbedarfs mit Wasserstoff abzudecken. Eine Kapazität, die zu 50 Prozent auf Kohle beruht, die wir nicht mehr haben wollen, und zu 30 Prozent auf Kernenergie, die wir auch nicht mehr haben wollen“, sagt der Verfahrenstechnik-Ingenieur und Referatsleiter „Neue Energieumwandlungstechniken“ im BMWI.