Auf Wiedersehen Wasserstoff

Seite 3: Auf Wiedersehen Wasserstoff

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Ein weiteres Problem ist die Speicherung. Denn das Wasserstoffatom ist das kleinste aller Atome und somit auch das leichteste. Das Element mit der chemischen Bezeichnung „H“ ist achtmal leichter als Methan, aus dem Erdgas zum überwiegenden Teil besteht. Zwar enthält Wasserstoff bezogen auf sein Gewicht rund dreimal mehr Energie als Benzin, aber das ist nicht der wichtigste Punkt: „Entscheidend ist die Energiedichte pro Volumen. Und da schneidet Wasserstoff sehr, sehr schlecht ab“, sagt Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe.

Wasserstoff verflüchtigt sich

Um mit Wasserstoff in Autos trotzdem annähernd auf den Energiegehalt von herkömmlichen Treibstoffen zu kommen, wird das Gas an Bord entweder bei sehr hohen Drücken von bis zu 700 bar oder flüssig bei minus 253 Grad gespeichert. Beides sind extreme Werte – „da kann man sich leicht vorstellen, welche technischen Probleme es dabei gibt“, sagt Wieschel. Ein Nachteil der Gasform ist, dass sich der Tankinhalt eines Wasserstoffautos schon nach kurzer Zeit in Luft auflöst. Denn das Wasserstoffatom ist so klein, dass es kaum gelingt, alle Bauteile gegen ein Austreten in Dampfform abzudichten.

Flüssiger Wasserstoff hat ein anderes Problem: Er erwärmt sich mit der Zeit und verdampft dann einfach. Eine Zeit lang ruhte die Hoffnung für bessere Tanks auch auf Metallhydridspeichern, die gasförmigen Wasserstoff absorbieren und bei Erwärmung wieder abgeben. Sie erwiesen sich aber als so teuer und schwer, dass sie nur in U-Booten verwendet werden, wo beide Faktoren kaum eine Rolle spielen.

Speicherung vernichtet Energie

Bleibt einstweilen nur die Speicherung unter hohem Druck oder bei tiefen Temperaturen. Doch beide Verfahren tragen weiter zur schlechten Energiebilanz von Wasserstoff bei. Schon die Komprimierung von gasförmigem Wasserstoff auf 800 bar verschlingt nach den Berechnungen von Konvertit Bossel 13 Prozent der in ihm enthaltenen Energie – und selbst unter diesem hohen Druck hat er nur etwa ein Drittel der Energiedichte von Benzin. Alles in allem landet im Drucktank nur gut die Hälfte der elektrischen Energie, die zur Erzeugung des Wasserstoffs eingesetzt wurde. Noch schlimmer sieht es bei der Verflüssigung aus. Die frisst zwischen 30 und 50 Prozent der Energie im Wasserstoff. Der Transport ist bei diesen Zahlen noch gar nicht mitgerechnet: „Ein 40-Tonner kann gerade mal 350 Kilogramm gasförmigen Wasserstoff transportieren“, sagt Bossel, „und auch flüssiger Wasserstoff ist leicht wie Styropor.“

Einfache Ingenieurrechnungen

Insgesamt kommen bei einem mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen-Auto an den Rädern nicht mehr als 20 bis 25 Prozent der ursprünglich eingesetzten Energie an; beim Wasserstoffverbrennungsmotor ist es wegen seines schlechteren Wirkungsgrades noch wesentlich weniger. All das haben die Wissenschaftler und Ingenieure Ulf Bossel, Baldur Eliasson und Gordon Taylor in ihrem Aufsatz „The Future of the Hydrogen Economy: Bright or Bleak?“ schon Anfang des Jahres 2003 detailliert vorgerechnet. Für sie ist die Wasserstoffwirtschaft nichts anderes als Verschwendung, die obendrein ganz offensichtlich ist. „Das sind doch ganz einfache Ingenieurrechnungen, die wir hier gemacht haben“, sagt Bossel. „Ich werfe es den Wasserstoffleuten vor, dass sie diese Rechnungen nicht mal nachvollziehen.“

Vom Mitstreiter zum Erzfeind

Tatsächlich ist Bossel seit seinem Aufsatz vom geschätzten Kollegen und Mitstreiter zum Erzfeind der Wasserstoff-Fans geworden. Doch seine Berechnungen bestreitet man auch bei der Wiesbadener Linde AG nicht, einem der größten Wasserstoffhersteller der Welt. Joachim Wolf, Geschäftsführer der Hydrogen Solutions von Linde Gas, gibt unumwunden zu: „Bossel hat im Grunde Recht. Ich muss mich auch um Wirkungsgrade kümmern. Aber wir sind zu 98 Prozent vom Öl abhängig, darum wurden schon Kriege geführt. Wenn ich strategisch denke und handle, dann muss ich mir Gedanken machen, was ich tun kann, denn wir haben ein Energieproblem, und wir haben ein CO2-Problem.“

Besser Erdgas direkt tanken

Daran besteht kein Zweifel – aber warum sich alle Welt ausgerechnet auf Wasserstoff als Gegenmittel gestürzt hat, will auch dem Umweltbundesamt-Experten Friedrich nicht einleuchten. In absehbarer Zeit werde es weder Brennstoffzellen-Autos zu kaufen geben noch ausreichend Wasserstoff dafür. Außerdem sei heutiger Wasserstoff aus Erdgas, das man dann lieber direkt tanken sollte. „Bei jeder Umwandlung verliert man Energie, aber das verstehen viele nicht“, wundert sich Friedrich. Diese Verluste könne auch eine effiziente Brennstoffzelle nicht wettmachen.