Citroën GS: Als die Göttin herabstieg

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Das hatte natürlich auch Auswirkungen auf den Alltag. Der GS war flach – gerade einmal 1,35 Meter hoch – aber immerhin 4,12 Meter lang. Eine sportliche Silhouette war also systemimmanent. Hinten endeten die Linien mit einer scharfen Abrisskante. Weil davor aber noch eine sanft abfallende Heckscheibe reindesingt wurde, ging die Heckklappe bis hinunter zur Stoßstange. Öffnen ließ sich die Heckscheibe übrigens nicht. Dieser Mehrwehrt war dem später lancierten Break vorberhalten.

Menschen mit guten Noten in Geometrie ist jetzt klar: da kann sich nur ein kubischer Kofferraum ausgehen. Wer das alles zum ersten Mal sieht, der ist beeindruckt. Ob des Mutes von Citroën. Und darüber, endlich mal etwas anderes zu sehen, als diesen Einheitsbrei. Und überhaupt: diese fantastisch niedrige Ladekante. Wer das alles aber hat, um Einkaufen zu fahren, der merkt schnell, dass man sich die Finger schmutzig macht, wenn man den Kofferraum an der Stoßstange aufmacht und dass ein kubischer Kofferraum nicht ganz so viel schluckt, wie man gerne hätte.

Egal. Große Geister schaffen, kleine kritisieren. Also weiter zum Motor. Der erste echte Coup. Citroën verbaute einen luftgekühlten Vierzylinder-Boxer mit 1015 Kubikzentimetern. Wer das liest, der schüttelt erst einmal den Kopf. Das kann nicht sportlich sein, das muss laut sein.

Steuerklassen-Downsizing

Es handelte sich bei dem Motor um eine völlige Neukonstruktion, die eigentlich in die in Frankreich steuersparende 900er-Klasse hätte hineinentwickelt werden sollen, dann aber noch etwas aufgeblasen wurde. Die Grenze für die nächsthöhere Steuerklasse („5CV“) lag damals bei 1050 Kubikzentimetern. Pro Zylinderkopf gibt es eine obenliegende Nockenwelle. Die Auslegung mit 74 x 59 Millimeter ziemlich kurzhubig, was hohe Drehzahlen ermöglicht, aber auch erfordert. Damit wurden der kleine Hubraum und die eher geringe Leistung von 54 PS kaschiert.

Zumindest kurzfristig. Zwar konnte der Citroën GS durchaus mit Beschleunigung und Elastizität überzeugen – vor allem, wenn man den Motor über 3000 Touren hielt – den grundsätzlichen Mangel an Schmalz konnte er aber langfristig nicht verheimlichen. Als die Variante mit 1220 Kubikzentimetern auf den Markt kam, die auch nur 58 bzw. 63 PS hatte, wurde der Einstiegsmotor zum Ladenhüter. Der Unterschied im Fahrgefühl war frappant.

Die prinzipielle Drehfreude brachte es mit sich, dass der Verbrauch stark schwankte. Wer es gemütlich angehen ließ, der bewegte den Citroën GS mit 9 Litern. 12,5 Liter waren aber keine Seltenheit. Egal was man wollte, man durfte nicht schaltfaul sein. Die größte Überraschung des Motors war die Geräuschkulisse. Oder besser, deren Abwesenheit. Für einen luftgekühlten, hochdrehenden Boxer war der Wagen angenehm leise.

Vor allem spendierte Citroën dem GS aber ein Fahrwerk, das es in sich hatte. Es war, als wäre die Göttin hinabgestiegen, um sich der breiten Masse zu offenbaren. Unerhört komplex wurden die Hintern der Passagiere gefedert. Der Motor trieb eine Hochdruckpumpe an, die wiederum die hydropneumatischen Federzylinder an den Achselementen der vier unabhängig voneinander aufgehängten Räder versorgte. Die Niveauregulierung arbeitete vollautomatisch, der Bremsdruck war beladungsabhängig. In der Mittelkonsole gab es zudem einen Höhenverstellhebel, etwa für schlechte Wege, zum Beladen oder für den Radwechsel. Es war das System der DS, nur ohne Servolenkung.