Land- und Renntechnik im Citroën 2CV (vierter Teil)

Eigene Wege IV

Fahrwerk, Antrieb, Bremsen [--] war da nicht noch etwas? Doch, auch die Karosserie des Citroën 2CV ist ein Kapitel wert. Nach den techniklastigen Worten zur Hardware nun noch die Beschreibung des minimalistischen Aufbaus

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Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

München, 18. August 2015 – In drei Kapiteln haben wir bereits Fahrwerk, Antrieb, Bremsen und einiges mehr beschrieben, aber war da nicht noch etwas? Doch, auch die Karosserie des 2CV ist ein Kapitel wert. Nach den techniklastigen Worten zur Hardware nun noch die Beschreibung des minimalistischen Aufbaus.

Warum das Auto von Anfang an nicht mit selbsttragender Karosserie geplant war, liegt auf der Hand, wenn man die Limousinen- und Pritschenwagen-Prototypen aus den 30er-Jahren sieht: verschiedene Aufbau- und Radstandsversionen lassen sich nun mal am einfachsten auf dieser Basis verwirklichen. Tatsächlich wurden außer den bekannten Kasten-Versionen auch Pick-ups gebaut, wenn auch nicht sehr viele.

Der Rahmen folgte keiner bis dahin bekannten Konstruktion. Die Außengurte der beiden Längsträger waren zwischen den Tragrohren der Achsaufnahmen durch horizontale Abdeckbleche oben und unten direkt miteinander verbunden. Dazwischen waren diese Deckel durch vertikale Stehbleche verbunden und dadurch versteift. Zwei horizontal durch die Außengurte geführte und mit diesen verschweißte Rohre nahmen zum Einen der Konstruktion ihre diagonale Verwindungsfreude, zum anderen bildeten ihre Enden die Aufnahmen für die im Fahrwerkskapitel mehrfach angesprochenen Federtöpfe.

Stabiles Zentrum, leichte Peripherie

Durch die nach vorn und hinten ragenden Fahrwerksschwingen musste nur eine kurze Partie des Rahmens, nämlich die zwischen den beiden quer verschraubten Rohren für die Schwingarmlagerung, die Fahrwerkskräfte aufnehmen. In diesem Bereich leitete auch die Sitzbefestigung die Hauptlast des Passagier-Gewichts ein. Vor dem vorderen Rohr lastete nur das Gewicht der Antriebseinheit auf den Rahmenauslegern, die hinteren hatten nur das Gewicht des Gepäcks im Kofferraum zu tragen.

Ganz anders verhält es bei einer Aufhängung mit Blattfedern, bei der sich an den Rahmenenden die vorderen bzw hinteren Enden der Federn abstützen und auch starke Seitenkräfte in die Rahmenausleger einleiten. Ein Geländewagen muss daher eine über die ganze Länge viel stabileren und damit deutlich schwereren Rahmen bekommen. Die räumliche Konstruktion des 2CV-Rahmens als flacher Kasten machte eine typische Geländewagen-Anforderung, wie sie in jedem militärischen Lastenheft steht, einfach umsetzbar: „Keine verletzlichen Aggregate dürfen den Rahmen unterragen“.

Unten dicht

Der Motorraum war zwischen den Rahmenauslegern von einem eingeschweißten Blech nach unten abgeschlossen. Dahinter war der Rahmen zwischen den Achsen ebenfalls von einem völlig glatten Blech verschlossen, erst der Tank hängt serienmäßig frei, aber unten bündig mit dem Rahmen. Der Rahmen bildete so eine einzige Gleitplatte, auf der der Wagen Sand- oder Schlammpassagen meisterte, ohne hängenzubleiben oder gar Teile des Auspuffs oder der Federung zu riskieren. Unter dem Tank konnte man eine Skidplate anbringen, die als Zubehör im Set mit einem vorderen Unterschutz für die Ölwanne erhältlich war.

In einem weiteren Zubehörpaket „Pays d’Outremer“ (eigentlich ein beschönigender Begriff für ehemalige und noch bestehende die Kolonialgebiete) gab es zudem anschweißbare Verstärkungen für die Außengurte des Rahmens, die Schwingarme, die Lenkung sowie einen Kuhfänger und einen besseren Luftfilter. Bei Exportmodellen waren diese bereits ab Werk montiert, ebenso ein größerer Ölkühler bei einigen Motorversionen.

Kastenwagen mit Wellblechdach

Durch die Verlagerung aller Fahrwerkskräfte in den Rahmen konnte man die Karosserie sehr filigran und damit leicht gestalten – was den Rahmen weiter entlastete. Erste Entwürfe orientierten sich noch kompromisslos am Flugzeugbau und sahen Aluminiumblech, Kunststoffenster und Sitze im Feldbett-Stil vor. Am Ende wurde vor allem die Blechstärke reduziert und Material gespart. Das Dach reichte Anfangs noch bis zur hinteren Stoßstange und die Haube war gewellt, um sie zu versteifen. Immerhin dieses Detail aus dem Flugzeugbau (prominentes Beispiel: die Junkers JU52) hatte man beibehalten. Den Kasten-Versionen blieb es (am Kastendach) bis zu ihrem Produktionsende.

Reine Produktionserleichterung waren die planen und dadurch auch platzsparend dünnen Türen ohne Fenstermechanismus. Einzige Öffnungsmöglichkeit bot das Hochklappen des unteren Fensterteils. Die hinteren Türen blieben fest verglast. Ein zusätzlicher Spareffekt ergab sich dadurch, dass man vordere und hintere Tür an der B-Säule anschlagen konnte, ohne Scharniere verwenden zu müssen. Blechfalze über die gesamte Höhe von B-Säule und Tür erlaubten es, die Türen von oben hineinzuschieben – wie auch die Motorhaube und die spätere Heckklappe von der Seite. Später mussten aufgrund neuer Sicherheitsvorschriften die vorderen Türen auch vorn angeschlagen werden, was ihre Stabilität und Dichtigkeit beeinträchtigte.

Hebebühne oder Grube unnötig

Eine große Erleichterung für die Mechaniker auf dem Land und insbesondere in der Dritten Welt war, dass alles ohne Hebebühne oder Grube reparierbar sein musste – und so blieb es auch bis Produktionsende. Den freien Zugang zu Motor, Getriebe, Bremsen, Vorderachse und Auspuff erhielt, wer die Kotflügel abschraubte. Um ihre jeweils vier Muttern zu lösen, konnte der Radmutternschlüssel benutzt werden. Nach dem Entfall der Wellblechmotorhaube mussten noch je zwei Dreiecksbleche abgenommen werden. „Freier Zugang“ bedeutet hier sogar mehr als bei den meisten Flip-Top-Autos, weil bei denen ja immer noch die Radaufhängung und Federung beidseitig des Motors aufragten. Beim 2CV liegt das alles hinter der Achse und unter der Karosserie.