Fahrbericht Ducati Panigale V4 S

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Der V4 ist in Zusammenarbeit mit der hauseigenen Rennabteilung Ducati Corse entstanden, die den MotoGP-Motor konstruiert hat. Daher hat Ducati schon jahrelange Erfahrung mit der 90-Grad-V4-Bauweise, die den Vorteil von ausgeglichenen Massenkräften bietet, was die Ausgleichswelle zur Eliminierung von Vibrationen und somit auch Gewicht erspart. Außerdem dreht die Kurbelwelle wie im MotoGP-Bike rückwärts, was schnelle Richtungswechsel erleichtert und die Wheelie-Neigung verringert.

Nahe am MotoGP-Motor

Natürlich weiß Ducati, dass seine Kunden sehr Racing-affin sind und wählte daher wie im MotoGP-Motorrad Desmosedici einen Hubzapfenversatz von 70 Grad und eine Twin-Pulse-Zündfolge, die den sogenannten „Big-Bang-Motor“ ausmachen. Tatsächlich ist der Klang gar nicht soweit vom V2 entfernt. Im Zylinderkopf blieb Ducati bei der Zwangssteuerung der Ventile, entwickelte die Desmodromik für die V4 aber neu, um möglichst schmale und leichte Zylinderköpfe zu bekommen. Ducati wählte Ventile aus Stahl und nicht aus Titan, die Einlassventile mit 34 Millimetern Durchmesser, die Auslassventile 27,5 Millimetern, was bei einer Bohrung von 81 Millimeter durchaus beachtlich ist. Nur 53,3 Millimeter Hub senken die Kolbengeschwindigkeit und erlauben ein ordentliches Drehvermögen. Ducati setzt die Drehzahlgrenze im sechsten Gang erst bei astronomischen 15.000/min, in den fünf Gängen darunter endet die Drehfreude bereits 500 Umdrehungen früher.

Semi-aktiv, aber voll Feingefühl: das Fahrwerk

Die Panigale V4 verabschiedet sich vom Monocoque ihrer zweizylindrigen Vorgängerin und setzt auf einen Aluminium-Frontrahmen, der nur vier Kilogramm wiegt und den V4-Motor als tragendes Element einbezieht. Er bietet den Vorteil, dass Verwindungs- und Längssteifigkeit auseinandergehalten werden. Die Panigale V4 S erhielt eine Öhlins-NIX30-Gabel, ein Öhlins-TTX36-Federbein und einen Öhlins-Lenkungsdämpfer. Die Dämpfung wird durch die jüngste Generation des Öhlins Smart-EC-2.0-Systems geregelt, soll heißen, sie funktioniert semi-aktiv, die Zug- und Druckstufe wird elektronisch angewählt – die dynamische Veränderung übernimmt der Computer.

Erstaunlich handlich und gutmütig

Die Panigale V4 S rollt auf Pirelli-Diablo-Supercorsa-Reifen in SP-Mischung, auf der hinteren Sechs-Zoll-Felge sorgt ein gewaltiger 200er-Reifen für Grip. Das semi-aktive Öhlins-Fahrwerk gehört zur absoluten Referenzklasse und spricht sehr feinfühlig an. Die vollgetankt 201 Kilogramm schwere Panigale V4 S erweist sich als erstaunlich handlich, was bei Ducati lange Zeit keine Selbstverständlichkeit war. Früher galten die Superbikes aus Bologna zwar als absolut kurvenstabil, mussten aber mit Nachdruck in Schräglage gebracht werden. Ganz anders das neue Vierzylinder-Bike, obwohl der Radstand im Vergleich zur letzten V2-Panigale um über 30 Millimeter auf 1469 Millimeter gewachsen ist. Zu verdanken hat sie das vor allem der langen Einarmschwinge. Die Panigale V4 S zeigt sich für ein Superbike nicht nur gutmütig, sondern als geradezu agil. Ihr Lenkkopfwinkel von 65,5 Grad und ein Nachlauf von 100 Millimeter unterstützen schnelle Schräglagenwechsel in Kurvenkombinationen. Dabei lässt sich die Ducati präzise einlenken und bleibt völlig ruhig auf Kurs, Nervosität ist ihr fremd.

Drei Modi, von denen man zwei fast nie braucht

Es gibt drei Fahrmodi, die sich mit Hilfe zweier Schalter am linken Lenkerende und über das fünf Zoll große, farbige TFT-Display ansteuern lassen: Street, Sport und Race. Von letzterer Einstellung sollte man tunlichst die Finger lassen, es sei denn man heißt Alvaro Bautista und fährt in der Superbike-WM. Selbst der Sport-Modus setzt schon sehr hohe Fähigkeiten in der Fahrzeugbeherrschung voraus. In den allermeisten Fällen empfiehlt sich der Street-Modus. Hier erweist sich das Fahrwerk als überraschend kommod, Löcher im Asphalt werden nicht ungefiltert in die Handgelenke weitergegen. Natürlich ist die Abstimmung immer noch straff, was bei der gebotenen Motorleistung auch ratsam ist.