Fiat 130: Image essen Auto auf

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Was man in Turin freilich anders sah. Doch die Agnellis schätzten die Situation durchaus realistisch ein. So wurde der 2300 als Basis verworfen, weil dessen Technik veraltet war. Die Lancia Flaminia kam nicht in Frage, weil deren Produktionskosten zu hoch waren (von der mangelnden Zuverlässigkeit mal abgesehen). Und so musste eine vollständige Neuentwicklung her.

Denn Fiat hatte zu diesem Zeitpunkt (und genau genommen bis heute nicht) keinerlei Historie in der Oberklasse. Hier und da rutschte mal ein besonderes Machwerk auf die Straße – der 8V (1952) zum Beispiel, diverse sportliche Sondermodelle oder ein paar Vorkriegsautos wie der 50/60 (1907) oder der 520 Superfiat (1921) – Tradition oder Erfahrung hatte die Marke aber nicht.

Fiat 130: Alles neu

So sollte der Fiat 130 eine eigenständige Neuentwicklung sein. Und was für eine. Fiat kleckerte nicht, Fiat klotzte. Der Motor stammte von Aurelio Lampredi. Also von dem Mann, der Ferrari nach dem Krieg einen Zwölfzylinder schenkte, mit dem die Mitbewerber nachgerade gedemütigt wurden.

Das erste Ergebnis hatte 2,9 Liter Hubraum und 142 PS. Es folgten verbesserte Vergaser, womit die Leistung auf 160 PS gesteigert werden konnte. Der größte Pluspunkt des V6 war sein ruhiger Lauf. Das Fahrzeug defilierte über die Straße. Der wichtigste Kritikpunkt war die mangelnde Leistung. Erst die 3,2-Liter-Variante mit 165 PS und 260 Nm, die 1971 erschien, stellte die Kritiker zufrieden.

Doch damit hatte der Fiat 130 ein erstes Imageproblem. Das Auto war 4,75 Meter lang und wog 1,5 Tonnen. Für damalige Verhältnisse war das Modell ein großes Auto. Die anfänglichen 142 PS in Kombination mit einer (serienmäßigen) Dreigangautomatik machten das Fahrzeug zu träge, um mit der Konkurrenz, die kräftig im Saft stand, mitzuhalten.

Für das Design war Felice Mario Boano verantwortlich. Der hatte bereits für Lancia, Alfa Romeo, Chrysler und Volkswagen Autos entworfen. Sein bekanntester Entwurf ist bis heute der Karmann-Ghia. Er hielt sich strikt an die Formensprache, die bei Fiat das Design bestimmte. Gestreckte Erscheinung, niedrige Gürtellinie, schlanke Säulen, große Fenster. Boano ließ dem Fiat 130 die notwendige Nüchternheit und Eleganz angedeihen, die in den späten 1960ern im Automobilbau nötig war. Barocke Formen und rubeneske Karosserien waren out. Wer das Auto heute sieht, kommt nicht umhin zu bemerken, dass es auf den Punkt designt wurde. Als würde jemand der damaligen Oberklasse den Spiegel vorhalten.

Von wegen „zeitlos“

Vielleicht kam die Optik gerade deswegen nicht gut an. Zu amerikanisch, sagte die Presse. Zu überladen, sagte sie auch. Mit bald einem halben Jahrhundert Abstand ist diese Kritik nicht mehr nachvollziehbar.