Nach der Intermot und Eicma: eine Bestandsaufnahme

Zweimal Messen, einmal schneiden

Als eher typischer Deutscher jammere ich früh, ausgiebig und gerne. Doch im Herbst 2014 überwiegen einige positive Entwicklungen am Motorradmarkt, die selbst Deutsche zu sowas wie Freude motivieren

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Klartext, Zweirad 6 Bilder
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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Der lange Motorrad-Herbst neigt sich dem Ende zu. Für die verbliebenen Saisonkennzeichenfahrer hat die Wintersaison längst begonnen. Wir lesen Helmut Wichts Verarsche von Rilkes "Herbsttag". Wir legen das Werkzeug bereit, stellen das Bier kalt. Alles wie jedes Jahr. Doch eines ist anders als in den vielen Jahren zuvor: Es gibt berechtigte Hoffnung auf Stabilität, auch ökonomisch.

Wir wollen gar nicht von "Wachstum" sprechen, die beiden Gipfel des Geschäfts mit motorisierten Zweirädern liegen in Deutschland lange zurück und es ist unwahrscheinlich, dass sie in dieser steilen Form je wiederkommen. Worum es also allen Menschen geht, die mit Motorrädern ihr Geld verdienen, ist einfach nur diese Existenz: Wir möchten das am liebsten weiter tun. Da müssen nicht morgen die Käuferhorden einfallen wie die Orks auf Helms Klamm, aber es wäre schön, wenn es auf einem tragfähigen Niveau für die Übriggebliebenen ein Auskommen gäbe, einen Lebensunterhalt. Genau danach schaut im Moment alles aus. Aber warum?

Frauen und Kinder zuerst!

Traditionell liegt der Frauenanteil unter Motorradfahrern bei 10 bis 15 Prozent. Die typische Motorradfahrerin macht dann den Führerschein, wenn sie wieder Luft hat – meistens also, wenn mit Mitte, Ende Vierzig die Kinder aus dem Haus sind. In den letzten Jahren kamen jedoch aus stichprobenartig genommenen Daten überproportional jüngere Frauen aus den Fahrschulen dazu, 2012 soll der Frauenanteil beim A-Schein in Deutschland bei 19 Prozent gelegen haben. Oft legen sie ihre Führerscheinprüfung schon mit 16 ab, um dann die wunderbare Yamaha YZF-R 125 zu fahren. Aber warum?

Schwer zu sagen. Ein Grund sehe ich tatsächlich in der offener gewordenen Gesellschaft. Früher gab es mehr sozial impliziten Widerstand für eine Frau, wenn sie gerne Egoshooter zocken wollte oder eben Motorrad fahren. Man sagt heute nur noch selten "das geziemt sich nicht", aber in den Köpfen existiert der Sinn des Satzes immer noch. Er wird allerdings schwächer.