Klassiker: Saab 900 Cabrio

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Saab verstand Cabrios als Autos, die in erster Linie offen zu fahren wären. Seine optischen Stärken spielte das 900 Cabrio vor allem ohne Dach aus. Erschwerend hinzu kam eine Art Gummilippen-Spoiler-Hemdkragen, der eine unfassbar wichtige aerodynamische Aufgabe gehabt haben muss, sonst hätten die Ingenieure eine derartige Verschandelung des Fahrzeugs mit Anlauf nicht zugelassen.

Öffnungs-Ritual

Also lieber offen fahren. Was eine feine Choreografie nötig machte. Zuerst musste die Handbremse angezogen werden. Saab wollte damit sicherstellen, dass niemand während der Fahrt das Dach öffnen und es so auf der Autobahn verteilen konnte. Anschließen mussten zwei Haken gedreht werden, woraufhin das Dach bis zur Hälfte geöffnet werden konnte. Dann mussten die Haken wieder eingeklappt werden, damit sie das in den Kofferraum gefaltete Dach nicht beschädigten.

Dort angekommen hätte das Stoffverdeck noch mit drei Plastikteilen abgedeckt werden können. Das tat aber niemand, weil die Plastikteile so unhübsch, unpraktisch und undurchdacht waren, dass sie noch heute unbenutzt, aber verstaubt in Garagen zu finden sein dürften. Denn niemand wollte die mitführen. Niemand. Warnung: Anekdotische Gegenbeweise zeigen nur, dass der, der sie ins Feld führt, nie wirklich ein ernsthafter Cabrio- oder Saab-Fahrer war.

Fliegen mit Gin aus den Zähnen zu putzen

Erst einmal offen wehte und blies es ziemlich im (ehemaligen) Innenraum. Die Unsitte, dass es in einem offenen Cabrio genauso windstill und perfekt klimatisiert zugehen muss wie in einem geschlossenen Cabrio ist ein neuer, nicht unterstützenswerter Zeitgeist. Früher war bei weitem nicht alles besser, aber sich nach dem Abstellen des Saab 900 Cabrios die Fliegen mit Gin aus den Zähnen zu putzen war ein geliebtes Ritual.

1993 erschien eine zweite Generation des Saab 900. Mittlerweile gehörten 50 Prozent der Anteile an Saab General Motors, weswegen reichlich Teile von Opel verwendet wurden. Doch der Saab 900 war so etwas wie die DNA der Marke. Alt ja, aber nicht veraltet. Weil er kein Trittbrettfahrer kurzlebiger Trends war, stand er immer noch halbwegs selbstständig und skandinavisch in den Verkaufsräumen. Erst als 1998 ein Modellwechsel anstand, sollte der Untergang beginnen und damit soll sich in dieser Festrede nicht beschäftigt werden.

Dem Saab 900 Cabrio blieb nach dem Ende der Marke der große Ruhm verwehrt. Er ist eines der am wenigsten gewürdigten Autos in der Geschichte. Einerseits wegen seines berühmten, geschlossenen Bruders. Andererseits wegen seines unrühmlichen Endes. Wenn wir uns für das Jahr 2018 etwas wünschen dürfen, dann einen Korb Lorbeeren für das Saab 900 Cabriolet. Der Anfang ist hiermit gemacht. (mfz)