Amerikanische Sporthilfe

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Cruisertypisch wird das Hinterrad über einen Zahnriemen angetrieben, eher moderat ist die Reifendimension von 160/70-17. Vorne rollt sie auf einem 18-Zoll-Gussrad mit nur einer einzelnen Bremsscheibe. Warum die Hersteller bei vielen Cruisern auf eine zweite Bremsscheibe verzichten, die einem kürzeren Bremsweg zu gute käme, bleibt ein Geheimnis. Geführt wird das Vorderrad von einer konventionellen Telegabel mit 41 Millimeter Durchmesser. Ihre Tauchrohre sind so ziemlich das einzig verchromte Teil an der Octane. Hinter der kleinen Cockpitverkleidung versteckt sich ein klassischer, analoger Tacho, darin ein winziges digitales Display für diverse Zusatzinformationen.

Victory streicht besonders die Handlichkeit des neuen Modells heraus, wie man es „bei noch keinem amerikanischen V-Twin erlebt hat.“ Vermutlich ist der Verfasser des Pressetextes noch nie eine Buell gefahren. 1565 Millimeter Radstand, 129,5 Millimeter Nachlauf und 61 Grad Lenkkopfwinkel stehen für die Octane zu Buche. Eine Harley-Davidson Sportster 1200 Custom unterbietet diese Werte jedoch mit 1500 Millimeter Radstand und 107 Millimeter Nachlauf, der Lenkkopfwinkel ist mit 60 Grad fast identisch. Von der Papierform her dürfte die Harley damit zumindest nicht weniger handlich sein, aber natürlich spielen hier noch eine Reihe anderer Faktoren eine Rolle wie zum Beispiel 25 Kilogramm mehr Gewicht, so dass für eine endgültige Klärung ein direkter Vergleich nötig wäre. Fakt ist jedoch, dass schon die Indian Scout für einen Cruiser eine recht passable Handlichkeit an den Tag legte, was für die Octane hoffen lässt.

Schräge Nummer

Wie wichtig Victory das sportliche Image ihrer jüngsten Kreation ist, zeigt die Tatsache, dass sie sogar den maximalen Schräglagen-Winkel von 32 Grad angeben. Für einen Cruiser ist das ein ganz ordentlicher Wert, allerdings schafft sogar eine popelige 125er Schräglagen von über 45 Grad, ohne dass irgendein Bauteil aufsetzt. Man sollte also nicht auf die verwegene Idee kommen, die Octane auf kurvigen europäischen Landstraßen sportlich fahren zu wollen. Immerhin verspricht Victory, dass die Octane den Spurt über die klassische Viertelmeile – die ist den Amis ganz wichtig – in unter zwölf Sekunden schafft. Das wiederum wäre für einen Cruiser sehr flott, auch wenn jedes moderne Sportmotorrad mit einem Liter Hubraum die Übung in weniger als zehn Sekunden absolviert.

Halten wir also fest, dass die neue Octane die PS-stärkste Victory bis dato ist und sie mit ihrer Handlichkeit überzeugen möchte. Außerdem soll es noch etliches Zubehör für das neue Modell geben, unter anderem einen Drag-Lenker, andere Fußrasten, einen Satz in der Druckstufe einstellbare Federbeine, Sport-Endschalldämpfer (was in den USA vor allem „laut“ bedeutet), ein kleiner Drehzahlmesser und – hurra – einen Soziussitz. Ab Ende März wird die Octane bei den dreißig deutschen Victory-Händlern stehen und sie wird 12.950 Euro auf dem Preisschild ausweisen. Das wäre 700 Euro unter der Indian Scout und 800 Euro über der Harley-Davidson Sportster 1200 Custom. Beide Konkurrenzmodelle punkten mit dem angesagten Retro-Design und vor allem mit einem berühmten Namen. Unter den Voraussetzungen wird die Octane es schwer haben, hierzulande viele Liebhaber zu finden. (fpi)