Nach 44 Jahren: Neues Rennmotorrad von Harley-Davidson

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Nun geschieht etwas für Harley-Davidson-Verhältnisse Ungeheuerliches: Es kommt eine Nachfolgerin der XR750 mit Flüssigkeitskühlung! Fast noch unfassbarer: Sie hat statt des seit 1909 verwendeten 45-Grad-Zylinderwinkels deren 60 Grad. Die XG750R sieht ihrer Vorgängerin immer noch verblüffend ähnlich und unterscheidet sich dennoch grundlegend.

Das „Vance & Hines Harley-Davdison Screamin’ Eagle Factory Team“ präsentierte jetzt das neue Bike beim AMA Pro Flat Track-Rennen in Springfield/Illinois. Harley-Davidson Racing Manager Kris Schoonover sagte dazu: „Nachdem die XR750 über Jahrzehnte Rennen gewonnen hat, war es an der Zeit, eine neue Generation Harley-Davidson zu erschaffen, um in einem der spektakulärsten Rennserien wettbewerbsfähig zu bleiben.“

Der Motor basiert auf dem seit 2014 gebauten, wassergekühlten 60-Grad-V2 mit Vier-Ventil-Zylinderköpfen aus der Street 750, von Harley-Davidson als „Revolution X“ bezeichnet. Die XG750R wurde von der bekannten Tuning-Firma Vance & Hines mit vorbereitet. Sie bauten auch den Rennrahmen und die Schwinge, die nichts mehr mit der Serie zu tun haben. Die Zylinder haben 85 Millimeter Bohrung und einen Hub von 66 Millimeter, was für Harley-Davidson-Verhältnisse ungewöhnlich kurzhubig ist, aber im Rennen für schnelles Hochdrehen von Vorteil ist. Außerdem wurde der Motor drehzahlfester ausgelegt, unter anderem mit Einlassventilen aus Titan. Die obenliegende Nockenwelle steuert die Ventile per Tassenstößel an.

Mehr Drehzahl

Das Problem des alten Motors liegt in der beschränkten Drehwilligkeit. Ein Flat-Track-Motor ist so übersetzt, dass er möglichst schnell aus der Kurve beschleunigen kann. Aber wenn er seine Höchstleistung erreicht, ist das Motorrad noch weit von der nächsten Kurve entfernt. Also muss der Motor überdreht werden, was die luftgekühlte XR750 nicht sonderlich mag. Oft muss nach dem Rennen der Ventiltrieb erneuert werden. Schon in den 1980er-Jahren hatte Harley-Davidson Bedenken, wenn einige Fahrer die Maximaldrehzahl ihrer XR750 auf 9200/min hochschraubten. Heute puschen sie die Drehzahl sogar bis auf knapp 10.000/min, um vorne mithalten zu können. Moderne Motoren wie der Hauptkonkurrent bei den Flat Track-Rennen, die Kawasaki Ninja 650 (bei uns als ER-6 bezeichnet), packt solche Drehzahlen locker und lässt die XR750 immer häufiger hinter sich.

Zunächst machte die Baubreite des Street 750-Motors dem Team Kopfzerbrechen. Matt Hines, Ex-Dragster-Champion und heute Chef des Harley-Davidson Werk-Teams, erinnert sich: „Wir haben den Motor gesehen und gesagt: Da kann man keinen Racer draus machen – er ist zu breit. Aber dann haben wir viele eigene Teile und Anpassungen gemacht und schließlich den Motor wesentlich kompakter hinbekommen.“