Nachruf: Motorradrennfahrer William Dunlop ist tot

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Dabei gab es nicht wenige, die sich um ihn rissen. Er gewann 1977 sein erstes Rennen bei der TT Isle of Man und 1983 war es keine geringere Marke als Weltmarkführer Honda, die dem Ausnahmetalent einen Vertrag als Werksfahrer anbot. Er willigte ein, bat sich jedoch aus, dass er selber an den sündhaft teuren Rennmotorrädern schrauben wollte. Honda war zunächst nicht begeistert, doch Joey machte den japanischen Bossen klar, dass er sein Leben nicht in fremde Hände legen würde und sie willigten schließlich ein. Sie sollten es nicht bereuen, Joey holte fortan sämtliche Siege auf Honda. In Japan genießt die TT Isle of Man sehr hohes Prestige, ein Gewinn bedeutet für das betreffende Motorradmodell einen deutlichen Verkaufsschub.

Tod im Rennen

Road Racing war Joeys Leben, selbst mit 48 dachte er nicht ans Aufhören und gewann im Jahr 2000 noch drei Rennen bei der TT Isle of Man. Doch nur einen Monat später startete er bei einem Road Race in Estland. Bei Regen kam er in einer Kurve von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Er war sofort tot. Ganz Irland und Großbritannien trug Trauer, vor seinem Pub in Ballymoney breitete sich ein Blumenmeer aus, das 50.000 Fans aus aller Welt dort niedergelegt hatten. Joey hatte in seiner langen Karriere viele haarsträubende Stürze gehabt, doch immer überlebt und galt fast schon als unsterblich. Sein Tod nach 23 Jahren Road Racing machte die Menschen fassungslos.

Seine Frau, seine fünf Kinder, seine Mutter und seine Geschwister waren tiefbestürzt und trauerten um ihn. Doch der Gedanke, deshalb das Rennfahren aufzugeben, kam weder seinem Bruder Robert, noch seinem Sohn Sam oder seinen beiden Neffen William und Michael. Als Robert Dunlop acht Jahre später beim Training zu den North West 200 tödlich verunglückte, nahm dessen Sohn Michael am Rennen teil – nicht trotzdem, sondern jetzt erst recht – und gewann. Er widmete seinen Sieg dem kurz zuvor verstorbenen Vater. In den folgenden Jahren reifte Michael zu einem der besten Road Racer heran und holte bis heute zahlreiche Siege. Dass sein Bruder William nun auch der Tod beim Rennen ereilt hat, wird ihn nicht davon abhalten, weiter mit Vollgas über die Landstraßen zu jagen. Doch nicht nur die Road Racer, sondern auch die Fans hegen ein intensives Gemeinschaftsgefühl. Als für die Witwe und Kinder von William Dunlop zu einer Spendenaktion aufgerufen wurde, kamen innerhalb weniger Tage 25.000 Britische Pfund zusammen.

Intensität des Lebens

Wer die Dunlops jetzt als Wahnsinnige bezeichnet, sollte bedenken, dass Road Racing ihre Familientradition ist und mit hohem Prestige und nicht zuletzt auch gutem Einkommen verbunden ist. Es gibt in den Alpen Familiendynastien von Bergsteigern, die schon mehr als einen Verwandten am Berg verloren haben. Auch sie kämen nie auf die Idee, deshalb mit dem Klettern aufzuhören. Basejumper stürzen sich an einem Fallschirm von hohen Gebäuden, Tech-Diver tauchen in hundert Meter Tiefe, Ultramarathonläufer nehmen an Wüstenrennen und Reiter an Querfeldein-Rennen teil. Alles Sportarten mit hohem Risiko. Sind sie deshalb verrückt? Oder sind sie vielmehr auf der Suche nach einer Intensität des Lebens, die ihnen sonst verwehrt bleibt?

William Dunlop starb bei dem, was er am liebsten tat. Sein Tod macht ihn nun unter den Road Racern unsterblich. (fpi)